Auf der Straße haben Kritiker immer wieder gegen den neuen Bildungsplan demonstriert. Beim Kongress des Kultusministeriums begrüßten 800 Lehrer und Schulleiter das Grundlagenwerk mit großem Applaus.

Fellbach - Das „Megaprojekt Bildungsplan“ hat der scheidende Kultusminister Andreas Stoch (SPD) bei einem Kongress in Fellbach präsentiert und dafür stehenden Schlussapplaus von rund 800 Lehrern und Schulleitern geerntet. Eigentlich handelt es sich um drei Bildungspläne, jeweils einen für die Grundschulen, für das Gymnasium und -erstmals- einen gemeinsamen Plan für die Sekundarstufe eins, also für die Klassen fünf bis zehn an allen Schularten. Die Pläne werden vom neuen Schuljahr an in den ersten beiden Klassen der Grundschulen und in den Klassen fünf und sechs der weiterführenden Schulen eingeführt. Danach kommt jedes Jahr eine neue Klassenstufe hinzu. Die Einführung ist im Jahr 2023 abgeschlossen. Dann arbeiten auch die Abschlussklassen der neunjährigen Gymnasien nach dem neuen Plan.

 

Die Lehrer scheinen auf das Grundlagenwerk für den Unterricht nur gewartet zu haben. Ein „Werkzeugkoffer“ für die Lehrer seien die Pläne für die Pädagogen, sagte beim Kongress Matthias Wagner Uhl, der Chef der Gemeinschaftsschule Neuenstein. Die Pläne werden bereits seit zwei Jahren erprobt. Leiter diverser Erprobungsschulen bewerteten die Vorlagen äußerst positiv. Viel war die Rede von einem „einmaligen Plan“, oder dem „besten Bildungsplan den es je gab“. Die Pläne sollen Lehrern beim Umgang mit heterogenen Schülerschaften helfen und dazu beitragen, den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln. Die Formulierung von Kompetenzen und Niveaustufen sollen die Durchlässigkeit zwischen den Schularten erhöhen.

Die neuen Leitperspektiven machten Schlagzeilen

Die Vorgaben für die Unterrichtsfächer waren abgesehen von Detailfragen weitgehend unstrittig. Als erstes Bundesland wird Baden-Württemberg ein Schulfach Wirtschaft einführen. Zu den Kritikern des neuen Fachs gehört auch der Landeselternbeirat. Den Skeptikern hielt Stoch in Fellbach erneut entgegen: „Wir wollen keine willenlosen Kapitalisten heranzüchten“ Vielmehr sollten Schüler ökonomisch gebildet werden, um sich ein kritisches Urteil bilden zu können. Die Erprobungsschulen vermelden bereits positive Erfahrungen. Die Berufsorientierung könne durch das Schulfach intensiviert werden. Weitere Wünsche sind Verbesserungen in der Medienbildung und die Einführung eines Schulfachs Ethik.

Deutlich mehr Schlagzeilen als die Fächer haben die neu eingeführten sechs Leitperspektiven gemacht. Die Experten wollen diese Perspektiven aber nicht missen. „Die Welt besteht aus mehr als Unterrichtsfächern“, sagt der Lehrer Wagner-Uhl. An den Leitperspektiven könnten die Schüler die komplexe Welt „erspüren“. Der Berliner Bildungsforscher Hans Anand Pant sieht den Zweck der Leitperspektiven darin, „übergreifend sinnstiftende Zusammenhänge deutlich zu machen“. Mit Blick auf die Turbulenzen um die Leitperspektive Akzeptanz und Toleranz von Vielfalt merkte der Berliner schmunzelnd an, „man hätte in der Verkaufe manches besser machen können“. Dennoch seien übergreifende Perspektiven unverzichtbar. Stoch wünschte sich, „den Bildungsplan als Instrument zum wertschätzenden Umgang zu nutzen und den Eltern endlich die Angst zu nehmen“. Er bekräftigte erneut, die Perspektive zur Akzeptanz habe mit dem Sexualkundeunterricht „aber rein gar nichts zu tun“.