Sonnige Aussichten für Baden-Württemberg: Das Konjunkturhoch setzt sich nach Prognosen der Landesregierung weiter fort. Vor allem die Nachfrage aus dem Ausland gibt den Unternehmen in Baden-Württemberg Auftrieb.

Stuttgart - Das Wirtschaftswachstum in Baden-Württemberg setzt sich nach Einschätzungen des Finanz- und Wirtschaftsministers Nils Schmid (SPD) weiter fort. Für das Jahr 2015 rechnet die grün-rote Landesregierung damit, dass die Konjunktur im Land bis zu 2,3 Prozent anziehen wird. „Die Einkommen entwickeln sich positiv, und die Lage auf dem Arbeitsmarkt ist bestens“, sagte der Vizeregierungschef am Montag in Stuttgart. Das bringe die Verbraucher in Konsumlaune, was wiederum die Wirtschaft ankurbele.

 

Die aktuelle Dynamik gehe weiter, es gebe „noch keine Wolken am Konjunkturhimmel“, bestätigte auch Carmina Brenner, die Präsidentin des Statistischen Landesamtes. Die Behörde gibt sich traditionell etwas zurückhaltender und rechnet mit einem Wirtschaftswachstum von zwei Prozent. Damit würde der Südwesten besser abschneiden als ganz Deutschland – für das gesamte Bundesgebiet rechnete die Bundesregierung zuletzt mit einem Plus von 1,8 Prozent. Zwar sei die Konjunktur in Baden-Württemberg zu Jahresbeginn noch gemäßigt gewesen, so Brenner, das Wachstum habe sich aber im zweiten Quartal dann doch noch beschleunigt. Das gute Investitionsklima bei den Firmen, aber vor allem die starke Auslandsnachfrage nach Produkten, die in Baden-Württemberg gefertigt wurden, hätten positiv zu der Entwicklung beigetragen, ergänzte Schmid.

Firmen freuen sich auf Milliardengeschäfte mit dem Iran

So konnte die baden-württembergische Industrie laut aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamts ihre Auslandsumsätze im zweiten Quartal um 11,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigern. Hier sei insbesondere die Nachfrage nach Industriegütern mit einem Umsatzplus von 14,4 Prozent für die sehr dynamische Entwicklung verantwortlich, erläutere Brenner. Besonders begehrt waren Fahrzeuge aus baden-württembergischer Produktion: Hier stiegen die Erlöse um 16,6 Prozent.

Die Unternehmen im Land seien vorne mit dabei – vor allem, wenn es um die Erschließung neuer Märkte wie des Iran geht, sagte Schmid. Seit der Wiener Einigung im Nuklearstreit mit dem Iran Mitte Juli ist ein Ende der wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Iran absehbar. Deutsche Unternehmen freuen sich schon auf Milliardengeschäfte mit dem Iran. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes gingen 2014 lediglich 0,13 Prozent der Exporte baden-württembergischer Unternehmen dorthin. Das entspreche einem Volumen von 223 Millionen Euro, berichtete Brenner. „Hier gibt es ein großes Potenzial, an frühere Exporterfolge anzuknüpfen“, fügte Schmid hinzu.

Vertreter aus der Industrie werten die Prognosen positiv

„Die Exportlokomotive von Deutschland sind und bleiben die USA“, sagte Brenner. Wichtige Impulse seien auch aus China, den Niederlanden und der Schweiz gekommen. Dahingegen stagniere die Exportnachfrage aus Großbritannien und Frankreich. Wegen der internationalen Sanktionen verzeichnete die Nachfrage aus Russland sogar ein Minus von 26,4 Prozent. Russland mache jedoch nur 1,6 Prozent der Gesamtexportquote aus und sei damit nicht einer der wichtigsten Märkte für baden-württembergische Unternehmen, ergänzte die Präsidentin des Statistischen Landesamtes.

Wie die Auslands- ist auch die Binnennachfrage nach baden-württembergischen Produkten um 3,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Auch hier habe nach Angaben des Statistischen Landesamtes die Nachfrage nach Industriegüstern maßgeblich zur Dynamik beigetragen. Hier konnten die Umsätze um 5,4 Prozent zulegen. Neben dem Fahrzeugbau (plus 3,6 Prozent) und dem Maschinenbau (4,1 Prozent) habe auch die Bauwirtschaft zum positiven Bild beigetragen. Die geleisteten Arbeitsstunden – die als Indikator für die Bauleistung dienen – stiegen von März bis Mai um 3,4 Prozent.

Die IG Metall wertete die Prognose positiv. „Es läuft weiter gut, das ist auch unsere Wahrnehmung“, sagte der Chef der IG Metall in Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger. Jedoch bedeute das kräftige Gesamtplus keineswegs, dass die Situation überall rosig sei. „Auch in der Hochkonjunktur gibt es Insolvenzen und Betriebsschließungen.“ Der Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstages, Rainer Reichhold, äußerte seine Sorgen über die sinkende Zahl an Meisterbetrieben und Fachkräften.