Fast jeder zweite Maschinenbauer im Land ist mit seiner Auftragssituation zufrieden. Sorgen bereiten den Firmen der Brexit und die Entwicklungen in der Türkei.

Chefredaktion: Anne Guhlich (agu)

Stuttgart - Der Maschinenbau bleibt der Jobmotor für Baden-Württemberg. Obwohl das konjunkturelle Umfeld anspruchsvoll sei, wollten die Maschinenbauer im Land weiter Personaleinstellen und peilen eine neue Rekordmarke an.

 

2015 habe der Maschinen- und Anlagenbau in Baden-Württemberg über 306 000 Menschen beschäftigt, sagte Mathias Kammüller bei der Vorstellung der Konjunkturumfrage am Donnerstag. Der Geschäftsführer des Ditzinger Werkzeugmaschinenbauers Trumpf ist neuer Vorsitzende des VDMA in Baden-Württemberg. Damit ist die Branche der mit Abstand größte industrielle Arbeitgeber in Baden-Württemberg.

„Das Beschäftigungswachstum im Maschinenbau hat sich zwar verlangsamt“, sagte Kammüller, dennoch seien allein seit Jahresanfang noch einmal 900 Mitarbeiter hinzugekommen. Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2015 haben die Maschinenbauer im Land insgesamt 2000 Menschen neu eingestellt.

Auch im zweiten Halbjahr 2016 sollen Jobs geschaffen werden. 39 Prozent der vom VDMA befragten Unternehmen gaben an, dass sie die Belegschaft aufstocken wollen. Lediglich 14 Prozent werden Personal abbauen. Dabei bleibt es nach Angaben des VDMA schwierig, die richtigen Leute zu finden: 59 Prozent der Firmen berichten von offenen Stellen. Insgesamt gibt es in der Branche derzeit 1121 offene Stellen. Vor allem Ingenieure (43 Prozent der offenen Stellen) und Facharbeiter (33 Prozent) sind gefragt.

Die Sorgen aufgrund politischer Unsicherheiten steigen

Insgesamt sind die Maschinenbauer mit ihrer Auftragssituation zufrieden. Auch wenn die Sorge aufgrund von politischer Unsicherheiten zunimmt. So gab jedes zweite Unternehmen der Branche an, mit seiner Auftragssituation zufrieden zu sein. Für den weiteren Jahresverlauf rechnen 23 Prozent mit einer Verbesserung. 65 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Geschäftsentwicklung aus und 12 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung. Vor allem der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, schwächer werdende Märkte wie China und die jüngsten Entwicklungen in der Türkei beunruhigen die Branche, weil sie sich negativ auf die Exporte auswirken könnten.

Großbritannien etwa ist für die baden-württembergischen Maschinenbauer mit einem Exportvolumen von über 1,9 Milliarden Euro der viertwichtigste Markt. Noch ist unklar, wie das Vereinigte Königreich seine Handelsbeziehungen mit Deutschland künftig organisieren will.

Die Unternehmen hätten jedoch aus auch vergangenen Krisen gelernt, sagte Dietrich Birk, Geschäftsführer des VDMA in Baden-Württemberg. So zeige die gute Kapitalausstattung der Unternehmen etwa, dass sie sich weniger auf die Banken verlassen wollen. Die Eigenkapitalquote der Unternehmen betrage derzeit im Durchschnitt 40 Prozent, so Birk.

Die Maschinenbauer wollen aber auch Geld in die Hand nehmen. Insgesamt planen 35 Prozent der Unternehmen ihre Investitionen in neue Produkte und Prozesse im Vergleich zum Vorjahr zu steigern.

Der Maschinenbau im Land entwickelt sich besser als der Bundestrend

Insgesamt entwickelt sich der baden-württembergische Maschinenbau damit deutlicher besser als der Bundestrend. Beim Umsatz rechnet der Verband mit einem nominalen Anstieg von zwei Prozent auf 75,5 Milliarden Euro. Preisbereinigt entspricht dies einem moderaten Plus von rund 1,4 Prozent. Dabei profitiert die Branche vor allem von einer starken Nachfrage aus dem Inland.

Als einen seiner Schwerpunkte als neuer VDMA-Vorsitzender nannte Kammüller die Weiterentwicklung der Digitalisierung und der Industrie 4.0. Dafür fehlten teilweise jedoch noch die Voraussetzungen.

Birk und Kammüller appellierten an die Politik, die Versorgung mit schnellem Internet in der Fläche schnell voran zu treiben. Das Land will dafür sorgen, dass innerhalb der kommenden fünf Jahren auch die Menschen im ländlichen Raum mit einem Tempo von mindestens 50 Megabit pro Sekunde (MBit/s) im Internet surfen können. Das ist laut Kammüller und Birk zwar der richtige Ansatz, greift aber zu kurz: „Im Sinne einer vorausschauenden Strukturpolitik muss jeder industrielle Gewerbestandort mit einem Breitbandanschluss von mindestens 100 Mbit/s Übertragungsrate ausgebaut werden“, so Kammüller. Nur mit der entsprechenden Infrastruktur könne der baden-württembergische Maschinenbau zukunftsfähig bleiben.