In China gibt es die größte Kinokette der Welt und bald auch die größten Filmstudios. Der Markt für Filme im Reich der Mitte ist gewaltig. Nun werden chinesische Blockbuster auch in Deutschland gezeigt - im Original.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Juan Zaft ist so etwas wie ein Mittler zwischen den Welten. Vier Jahre lang hat sie für das Goethe-Institut in Peking gearbeitet und den Chinesen deutsche Kultur beigebracht. Nun versucht sie es andersherum, will den Deutschen näher bringen, was in Chinas Kulturszene Furore macht. Dabei geht es nicht um Jahrtausende alte Terrakotta Krieger oder Weisheiten des Konfuzius. Es geht um das, was Millionen von Chinesen in diesen Tagen bewegt – und was hierzulande praktisch unbekannt ist. Es geht um den chinesischen Film.

 

Auf der Berlinale und anderen Festivals haben Werke aus China zwar immer wieder Auszeichnungen erhalten. Doch das sind nicht die Filme, zu denen die Menschen millionenfach in die Kinosäle strömen. Angesagt sind Werke wie „The Mermaid“, die in diesem Jahr binnen weniger Tage 500 Millionen Dollar in die chinesischen Kinokassen gespült haben. Das ist vergleichbar mit dem Einspielergebnis von 50 Shades of Grey – wobei die Erotiksage in der halben Welt zu sehen war, die Romantik-Komödie der Meerjungfrau aber nur im Reich der Mitte. Es ist eine Mission für Juan Zaft, dies zu ändern – und ein erster Test hat Appetit auf mehr gemacht.

Premiere zum chinesischen Neujahrsfest

Im Februar betrat der moderne chinesische Film mit „The Monkey King 2“ den deutschen Boden. Knapp ein halbes Dutzend Kinos hat das Werk zu Beginn des chinesischen Neujahrsfestes gezeigt – in der Originalsprache. „Wir hatten keine großen Erwartungen – und waren völlig überrascht von diesem Erfolg“ sagt Ina von Salzen von der Kinokette Cinemaxx. Zahlen will der Kinobetreiber zwar nicht nennen, aber die Auslastung war so gut, dass es Anfang Juni nun zur Neuauflage kommt. Noch einmal ist „The Monkey King 2“ im Original zu sehen, dieses mal gleich an 16 Standorten mit bis zu drei Spieltagen, darunter auch im Stuttgarter Bosch-Areal.

Die Geschichte ist zum einen moderne 3-D-Action à la Hollywood, zum anderen so etwas wie der Inbegriff chinesischer Kultur. „Jeder Chinese kennt die Geschichte, egal ob erwachsener oder Kind“ sagt Juan Zaft. Der historische Schelmenroman „Die Reise nach Westen“ in dem der Affenkönig Sun Wukong einen buddhistischen Mönch begleitet ist eine Mischung aus Nibelungensage und Volksmärchen. In China ist sie schon zig mal verfilmt worden, nun aber in einer Art und Weise, die den Blockbustern Herr der Ringe oder Harry Potter nicht viel nachsteht. Von den Produktionskosten abgesehen, die waren mit 60 Millionen Dollar halb so hoch wie bei der ersten Folge mit dem Zauberschüler aus Hogwart.

Das größte Studio der Welt entsteht in China

„Die Ästhetik der chinesischen Filme gleicht sich den Werken aus dem Westen an“, sagt Rolf Giesen. Der renommierte Filmwissenschaftler hat schon vor zehn Jahren Vorlesungen an der Peking-Universität gehalten und den unaufhaltsamen Aufstieg der chinesischen Filmindustrie hautnah miterlebt. Der ist gewaltig. In der ostchinesischen Hafenstadt Quingdao soll im nächsten Jahr das größte Filmstudio der Welt entstehen, die Dalian-Wanda-Gruppe ist inzwischen der größte Kinobetreiber der Welt und eröffnet praktisch täglich einen Multiplex-Palast. Bereits 2012 hat die Gesellschaft die zweitgrößte Kinokette in den USA gekauft. „Für die USA ist China inzwischen der zweitwichtigste Markt“, sagt Giesen. Ob allerdings der chinesische Film auch außerhalb Chinas durchstarten könne sei unklar: „Der Beweis muss erst noch angetreten werden“.

Chen Ping ist sicher, dass dies der Fall sein wird. Allerdings: „Aller Anfang ist schwer“ sagt der für Kultur zuständige Botschaftsrat in Deutschland. Moderne Filme seien hilfreich ein Land besser kennen zu lernen, Probleme und Schwierigkeiten zu verstehen, sagt Chen. Deswegen werde das Projekt vom Staat unterstützt. Letztlich sollen nicht nur die rund 150 000 in Deutschland lebenden Chinesen ins Kino gehen, sondern die Deutschen. Im Februar hatte das schon ganz gut geklappt. „Ich war selbst erstaunt wie viele Deutsche sich den Film angesehen haben“ sagt Juan Zaft.

Die Sprache ist der große Knackpunkt

Für einen dauerhaften Erfolg brauche es eine Mischung aus Kontinuität und Abwechslung, sagt Rolf Giesen. „Ein Film alleine reicht nicht“. Damit stimmt der Wissenschaftler mit Jiang Yanming überein, auch der hält die Auswahl der Titel für entscheidend. Jiang ist Präsident der China Lion Film, die Rechteinhaber im Reich der Mitte. „Nicht alle Filme sind für den deutschen Markt geeignet“ sagt Jiang der zugibt, Deutschland erst durch das Projekt im Februar kennen gelernt zu haben. Inzwischen denkt er schon vorsichtig über deutsch-chinesische Co-Produktionen nach: „Vorstellbar!“, sagt Jiang.

Der große Knackpunkt – das wissen alle Beteiligten – ist die Sprache. Der deutsche Markt ist zu klein, als dass es sich lohnte, die chinesischen Werke zu synchronisieren. Aber: „Deutsche sind wie Chinesen und ganz anders als Skandinavier“, weiß Juan Zaft. „Egal ob Peking oder Berlin, die Mehrzahl der Menschen will voll synchronisierte Filme“. Für die Vorstellungen im Juni hat man sich nun erst einmal auf deutsche Untertitel geeinigt.