90 Beamte aus verschiedenen Bundesländern lernen, wie man Drogenmissbrauch erkennen kann. Bei einer verkehrskontrolle an der B 14 werden zehn Autofahrer ertappt.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Schnapsgläser – der Fund im Fond eines älteren VW-Campers macht die Polizisten neugierig. „Würden Sie mal aussteigen?“, bittet einer der Beamten den Fahrer, einen jungen Mann mit Irokesenhaarschnitt. Seine Freundin mit Dreadlocks und Nasenpiercing darf noch eine Weile im Wagen sitzen bleiben, dann fordert eine Polizistin auch sie auf: „Kommen Sie bitte mit, wir machen kurz eine Durchsuchung Ihrer Person.“

 

Nicht alle Kontrollierten entsprechen dem Kiffer-Klischee

Die beiden jungen Leute sind nicht die einzigen Autofahrer, welche die Polizei am Dienstagnachmittag kontrolliert hat. Auf dem Parkplatz Sörenberg an der B 14 bei Korb, Fahrtrichtung Stuttgart, haben rund 90 Beamte, darunter aus 20 aus anderen Bundesländern, eine Kontrollstelle eingerichtet. Sie nehmen an den „Aalener DiS-Tagen“ teil, einer Fortbildung des Polizeipräsidiums zum Thema Drogen im Straßenverkehr. An diesem Tag sollen sie das Gelernte in die Praxis umsetzen. Ein Vorposten wählt Autos aus, ein Beamter winkt die Fahrzeuge mit einer Stoppkelle aus dem aufgestauten Verkehr. In den Kontrollbuchten auf dem Parkplatz nehmen sich Dreierteams ihrer Insassen an.

Nicht alle kontrollierten Fahrer entsprechen dem Klischee eines Kiffers. Auf dem Parkplatz stehen auch teure Sportwagen, glänzende Limousinen und Lieferwagen. „Das Thema Drogen zieht sich durch die ganze Gesellschaft. Es gibt ja auch Geschäftsleute, die sich für ihre Arbeit mit Kokain aufputschen“, erklärt der Kriminalhauptkommissar Ralf Zeller. Ein wachsendes Problem haben die Beamten mit neuartigen Drogen wie Spice und deren Nachfolgern – denn wenn ein neuer Wirkstoff auf dem Markt ist, dauert es einige Monate, bis er auf der Verbotsliste steht und Tests ihn nachweisen können.

Bei den Kontrollen achten die Polizisten genau auf jede Antwort, die die Fahrer auf scheinbar beiläufige Fragen geben, und auf jeden Handgriff, den sie tun. Überlegt jemand auffällig lange, wenn er nach seinem Fahrziel gefragt wird? Hat er Probleme auszusteigen oder findet den Verbandskasten nicht? Ein Schwerpunkt der Fortbildung ist, Ausfallerscheinungen erkennen zu können – und zwar in standardisierten Tests, welche die US-Polizei entwickelt hat. Wenn den Beamten ein Autofahrer verdächtig vorkommt, muss er zum Beispiel auf einem Bein stehen, mit geschlossenen Augen eine Zeitspanne von 30 Sekunden abschätzen oder einem vorgehaltenen Stift mit den Augen folgen. Diese Tests, so erklärt der Seminarleiter Thorsten Burkhardt, helfen nicht nur den Beamten: „Auch die Bürger können nachprüfen lassen, warum sie kontrolliert worden sind.“

Ein Mann verweigert die Pinkelprobe

Denn sobald ein Fahrer bei den Tests schlecht abschneidet, bitten ihn die Beamten zur Urinprobe. Auch den Fahrer des VW-Campers mit den Schnapsgläsern. Ein paar Meter weiter werden schon die ersten Autos abgestellt, deren Fahrer die Beamten als „nicht fahrtauglich“ eingestuft oder die die Pinkelprobe verweigert haben. Ein junger Mann muss sich per Handy eine Rückfahrt organisieren. Er wollte keinen Urintest abgeben – „weil der grundlos gefordert wurde“, wie er sagt. Viel genutzt hat ihm das nicht: Nach etwa zehn Minuten hatten die Polizisten einen richterlichen Beschluss für eine Blutentnahme.

Am VW-Bus des jungen Pärchens werden die Polizisten derweil fündig. Allerdings entdecken sie keine Drogen: Die schicken Alufelgen sind nicht angemeldet. Ansonsten gibt es nichts zu beanstanden, für die beiden kann die Fahrt weitergehen.

Mehrere Verkehrssünder ertappt

Rahmen
Die Schwerpunktkontrolle auf dem B-14-Parkplatz wurde im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung des Polizeipräsidiums Aalen zum Thema Drogen im Straßenverkehr von 16 bis 21 Uhr durchgeführt. Insgesamt 359 Fahrzeuge und 494 Personen wurden überprüft

Verstöße
Sieben Autofahrer standen unter Drogeneinfluss, drei hatten Alkohol getrunken, zwei waren ohne Führerschein unterwegs. Zudem wurden zwei Verstöße gegen das Ausländergesetz festgestellt. Zwei Autofahrer hatten Gegenstände dabei, die gegen das Waffengesetz verstoßen. Ein Mann, der in Weinstadt einer mobilen Kontrolle aufgefallen war, setzte sich gegen eine richterlich angeordnete Blutprobe zur Wehr und muss mit einer Anzeige rechnen. Die Polizei nahm einen Mann fest, der mit Haftbefehl gesucht wurde. Er kam gegen die Zahlung von 600 Euro wieder frei.