Die Rockband Risk begeistert in der Pauluskirche in Stuttgart-Zuffenhausen mit taufrischen Klassikern und durchschlagender Stimmgewalt. Es war nicht das erste Mal, dass sie in dem Gotteshaus einen rockigen Auftritt hingelegt haben.

Zuffenhausen - Wenn es zum Rockklassiker in die Kirche geht, dann läuten dafür sogar die Kirchenglocken. Dass es dann allzu fromm wird, muss man aber nicht fürchten. Schließlich gilt es hier, musikalischen Rebellen zu huldigen, die einmal das Lebensgefühl einer ganzen Generation von aufbegehrender Jugend geprägt haben. Und bei Risk kann man sicher sein, dass sie die Rockklassiker raushauen, als seien sie eben geschrieben worden.

 

Und doch fangen sie ganz leise an – unplugged. Und wenn David Hanselmann „Don’t know much about history“ anstimmt, diesen scheinbar naiven, zeitlosen „Wonderful World“-Song von Sam Cooke, dann ist es mucksmäuschenstill im Kirchenraum. So fragil wie in sich hineinlauschend, auf das Kostbare besinnend, wirkt da der Sänger – und unwillkürlich muss man daran denken, wie er vor Jahresfrist krankheitsbedingt noch eher Richtung Hölle als Richtung Blues & Soul-Himmel geschwebt war.

Und als die Band Schulter an Schulter, a cappella das soulige „It’s alright“ anfügt, wirkt das wie die Demonstration von Zusammenhalt. Die anrührende Demo einer „Boy Group“, die die Musik zusammengeschweißt hat. Durch Dick und Dünn.

Ein gewohnt dichter, druckvoller Sound

Dann aber geht es ab mit Uriah Heep und „Easy Living“: mit dem sofort groovenden, dunklen Bassground von Michael „Michi“ Ott und den perfekt dazu hämmernden Volldampf-Drums von Thomas Schaufler, mit den ersten, unwiderstehlichen Riffs von Leadgitarrist Dieter Klein – zu einem gewohnt dichten, druckvollen Sound, abgerundet von Frieder Ege an der Gitarre und Christophe Schwarz am Keybord, der seine Elektro-Orgel absolut sensibel in die Einheit einfügt, die Risk hier wieder in überzeugender Manier demonstriert.

Und dann kommt der Moment, der Uralt-Fans der Band glänzende Augen beschert: Cherry Gehring is back! Lange hatte er Risk als Leadsänger geprägt, bevor es ihn in die „Pur“-Welt verschlug. Und Cherry traut sich was, wenn er dieses Revival mit „Love Of My Life“ startet, der alten Queen- und Freddy-Mercury-Ballade mit den absturzbedrohten Höhenflügen, denen das Publikum gebannt und begeistert lauscht.

Gehring ist noch immer das alte Rampentier mit Rockröhre, das „Don’t touch me now“ wie Donnerschläge in den Raum bellt. Durchschlagend auch immer noch „Straded“, dieser alte, originale Risk-Titel mit den sagenhaften Gitarrenriffs. Wie stilistisch vielfältig die Band ist, zeigt sie mit dem Toto-Abstecher nach Afrika und dem softig-melancholisch angehauchten „Miricale“ von Mike & The Mechanics.

Nach der Pause geht es Schlag auf Schlag

Hatte das erste Set gelegentlich Hänger im Spannungsbogen, geht es nach der Pause Schlag auf Schlag. Schon mit den eröffnenden Hammerschlägen der Drums und wie Moskitos stechendem Diskantwirbel des Keyboarders. Und beim programmatischen Motto „Voices“ wird noch eine Schippe draufgelegt, als Jimmi Love im Stile eines Streetfighters den Sakralbau rockt. Der Mann mit der Stimme aus den Tiefen des Ozeans ist ein Naturereignis, ein Vulkan mit überströmender Lava! Energie pur selbst die Bluesharp, mit der er „Easy Lover“ finalisiert.

Jetzt scheint die Hütte zu brennen. Erst recht, als mit „Purple Rain“ eine Hommage an Prince folgt oder „Love Is Like Oxygen“, das mit purer Ekstase über die Rampe geht. Und wenn Ott in dem Deep Purple-Hit „Might Just Take Your Life“ den Frontsänger gibt, dann hat er endgültig den Beinamen „The Voice“ verdient!

Power, Intensität, Farbrausch. Wie mit einem Bohrer geht’s bei „Child In Time“ in die Höhen – und die Band in einem Expresstempo ab, das jetzt die „Heroes“ die Zugaben einläuten dürfen. Und nach mehr als zwei Stunden ist dann Schluss mit dieser Risk-Messe, die anfangs berührt und dann mehr und mehr begeistert und mitgerissen hat.