Gute Wochen für HipHop-Fans in Stuttgart: Der lokale Konzertkalender ist voll mit Rap-Shows. Warum HipHop? Warum fast nur deutscher HipHop? Und warum gerade jetzt?

Stuttgart - Gute Wochen für HipHop-Fans. Gefühlt kann man von Ende Januar bis Ende März jeden Tag ein Konzert besuchen, dabei werden in kleinen Clubs wie in großen Hallen so gut wie alle Subgernes abgedeckt. Curse, Prinz Porno, Haftbefehl, MC Fitti, Kool Savas, Eko Fresh oder Schwesta Ewa steigen allesamt mit neuem Album im Tal ab, einige Shows sind längst ausverkauft.

 

Natürlich, HipHop ist angesagt. Schwer angesagt. Und gerade in Deutschland, nach einer längeren Talfahrt in den Nullerjahren, seit einigen Jahren noch nie so stark wie jemals zuvor. Sind HipHop-Konzerte deswegen auch automatisch ein Selbstläufer? Jein, meint Matthias Mettmann von der in diesem Bereich umtriebigen Firma Chimperator Live. „Ganz so einfach ist es dann auch wieder nicht. Aber es stimmt, durch die hohe Akzeptanz, die HipHop gerade genießt, haben wir als Veranstalter natürlich das Glück, ein Segment zu bespielen, das aktuell sehr populär ist und entsprechend gut ankommt.“

Man erreiche dank der hohen Aufmerksamkeit das Publikum leichter als vor ein paar Jahren, als die Hip-Hop-Zeiten hierzulande einst grau und #allblackeverything waren wie heutzutage gerne die Mode des Zielpublikums, so Mettmann. Allerdings müsse man aufpassen, dass man nicht zu viel macht, relativiert der Event- und Booking-Manager, „und sich die Konzerte gegenseitig das Publikum nehmen.“

Mehr Konzerte - aber nicht pro Person

Weil Konzerte auf Dauer ins (Taschen-)Geld gehen und nebenher das Festival-Money-Glas ständig gefüttert werden will, sagt Arnulf Woock, der bei Musiccircus und Michael Russ die Promo macht: „Natürlich ist die Auswahl an Konzerten deutlich gestiegen, die Anzahl der besuchten Shows pro Person aber nicht unbedingt.“ Prinzipiell aber hätte auch seiner Meinung nach die Nachfrage und das Interesse zugenommen. Trotz Hype und Trend sei es definitiv kein einfaches Geschäft. Wie in allen anderen Genres, gibt es HipHop-Acts, die große Hallen füllen und solche, die in einem halbleeren Clubs auftreten. „Schon einige haben schmerzhaft festgestellt, dass HipHop-Konzerte nicht gleichbedeutend mit schnellem Geld sind.“

Auffällig ist, dass die Stuttgarter Bühnen momentan fest in deutschsprachiger Hand sind. „Generell hat sich das Interesse an deutschen Acts erhöht und die Szene in den letzten Jahren extrem viel Zuspruch erfahren, was sich natürlich auch im Konzertkalender widerspiegelt,“ so Woock. Und wo sind die Amis, die es einst erfunden haben? Mettmann zieht auf lokaler Ebene als Fazit: „Deutschsprachiger HipHop funktioniert traditionell in Stuttgart immer noch, beziehungsweise wieder. Mit Acts aus Amerika, und vor allem mit R'n'B, tut sich das Stuttgarter Livepublikum schwer.“

US-Künstler: zu teuer

Und selbst wenn der Künstler auf US-Boden längst ein Star ist, sagt das noch lange nichts über seine Zugkraft in Deutschland aus. Selbst eine Beyoncé ist vor einigen Jahren in einer eher luftig besuchten Schleyerhalle aufgetreten. Das Problem dabei: Der erfolgreiche US-Rapper will (meist) den gleichen Batzen Scheine wie in seinem Heimatland, weil er, logo, ja schon berühmt ist. „Nicht jeder hat Europa als Livemarkt im Visier. Teilweise liegen die Gagenvorstellungen tatsächlich weit über dem, was vernünftigerweise realisierbar ist,“ erklärt Woock. Anspruch und Realität eben.

Fazit: US-Künstler sind ein zu hohes Risiko für den Veranstalter. Und auch bei kleineren Acts aus dem eher undergroundigen US-Segment, Stichwort Backpacker-Rap, summieren sich schnell die Kosten. Der Flug und die Ausländersteuer, die Veranstalter abführen müssen, wenn sie ausländische Künstler buchen, sind da nur zwei Kostenpunkte von vielen.

Seite 2: Warum gerade jetzt so viele Künstler auf Tour sind

Dass aktuell der lokale Konzertkalender voll ist mit Hip-Hop-Gigs, liegt zum einen daran, dass etliche Artists kürzlich ein neues Album veröffentlicht haben. Zum anderen sind laut Mettman Januar und Februar Konzertzeit. „Da touren alle noch schnell im Frühjahr um ihr Festivalauftritte nicht zu gefährden.“ Denn gerade während der Festivalzeit herrschen strenge Gebietsschutzregeln.

Arnulf Woock sieht das allgemein auf die Konzertbranche hochgerechnet etwas anders. „Ganz generell hat sich der Konzertplan, der in der Vergangenheit im Januar und Februar extrem dünn belegt war, etwas mehr gefüllt.“

Die einschlägigen Locations - und zwei neue

Die anstehenden HipHop-Konzerte finden überwiegend in der Schräglage, in den Wagenhallen oder im LKA statt. Oft wird bemängelt, dass es in Stuttgart an weiteren Live-Locations fehlt. Gilt das auch für die Kopfnicker-Branche? Woock meint nein. Die meisten Acts bewegen sich auf Clubgrößen-Niveau und für größere Geschichten gäbe es immer eine Option, so der Mann vom Musiccircus. Eher sei das Problem bei bekannteren Acts, gerade aus dem Ausland, dass Stuttgart nicht ganz oben oder eben gar nicht auf ihrer Reiseplanung stehe.

Mettmann sieht das anders: „Vor allem in der Größenordnung der Röhre gehen viele Themen an uns vorbei.“ So hätte er beispielsweise gerne die Kultcombo Jurassic5 gebucht, scheiterte aber an der Suche nach einem passenden Spielort. Deswegen nimmt er mit seinen Partnern selbst die Zügel in der Hand und errichtet im ehemaligen Zapata eine neue Konzertlocation. Das Zweihallenkonstrukt soll Halle07 & Elfer heißen und bietet einen Raum für maximal 1200 Menschen und einen zweiten für 550. Im September soll's mit Konzerten losgehen.

Also noch mehr HipHop für Stuttgart? Auch wenn der Background von Mettmans Betreibergesellschaft HipHop ist, sollen in dem neuen Spot, so sein Wunsch, alle Konzertveranstalter heimisch und eine große musikalische Bandbreite angeboten werden.

Und spätestens dort werden die zwei Konzertexperten wieder vergleichen können, ob HipHopper, die gerne auch mit einem großen Ego ausgestattet sind, sich divenhafter verhalten als andere Musiker. Pauschalisieren, da sind sich Mettmann und Woock einig, könne man das jedenfalls nicht. Es gibt solche und solche. Oder wie Mettmann sagt: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Rapper auf eine sehr angenehme Weise vom eigenen Erfolg überrascht und darüber eher dankbar sind.“

Mehr zum Pop in der Region Stuttgart gibt es bei kopfhoerer.fm - auch auf Facebook.


Hier eine kleine Konzertübersicht für HipHop-Fans bis Mitte März:
Curse, 20.1., Wagenhallen
Olson, 21.1., LKA
Prinz Porno, 22.1., Wagenhallen (ausverkauft)
Nazar, 25.1., Schräglage (ausverkauft)
Eko Fresh, 25.1., LKA
Majoe & Summer Cem, 27.1, LKA
Teesy, 30.1., Wagenhallen (ausverkauft)
Silla, 31.1., clubCann
Afrob, 9.2., franz. K
MC Fitti, 14.2., LKA
Antilopen Gang, 14.2., Zwölfzehn
Haftbefehl, 18.2., LKA
Kool Savas, 20.2., Porsche Arena
Trailerpark, 21.2, LKA
Kayef, 22.2., Wagenhallen (ausverkauft)
Schwesta Ewa, 4.3., Schräglage
Favorite, 8.3., Wagenhallen
Der Plot, 12.3., Schräglage
B-Tight, 13.3. Schräglage