Der August kann sich nicht entscheiden: Konzerte drinnen oder Konzerte draußen? Unsere Konzertvorschau versammelt natürlich beides. Also: Rein, raus, losgelesen!

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Noch ist Sommer, genauer: August. Das ist Sommerfestivalzeit, zumindest im Merlin. Weshalb wir die Berichterstattung übers Klinke hier versammeln und die Fragebögen aller Headliner-Bands hier. Und uns hier auf das übrige Konzertprogramm für August beschränken.

 

Im Residenzschloss Lubu war zum Auftakt der dortigen Popmusiksaison fast schon ein Mini-Festivalprogramm gebogen. Am 5.8. spielt da ausnahmsweise nur eine einzige Band (La Brass Banda, kennt man doch), in den Wagenhallen tritt Naked Hazelbeard auf. Den Sänger haben wir mal von Studenten interviewen lassen (klick!). An Early Cascade bieten im Juha West Post Hardcore aus einer Scheune unweit der Landeshauptstadt. Falls auch das nicht zusagt - ab in den Keller, wo "brachialer" bis "technischer" Death Metal mit Cryptopsy geboten ist (O-Ton Setzer vom Keller Klub): "Eine furiose Abfahrt ohne Kompromisse, Zugeständnisse und, äh, Balladen mit 'Gänsehautgarantie'".
 


So schön würden wir auch gern mal formulieren. Wir können aber nur prosaisch, und am 6.8. gibt's die Böblinger Songtage (u.a. mit Niels Frevert) oder eben The Booze Bombs im Café Le Théatre. Nochmal Residenzschloss Ludwigsburg mit Sunrise Avenue. Oder Glowing Eyes (Support: Tanzburg aus Stuttgart / Ruhrpott) im Zwölfzehn: Wiener Band, "hipper Jazz" laut Pressetext, gemischt mit Drum'n'Bass und Saxofon und Rap. Ein echter Tipp, klingt nach einer ausgewachsenen Session: "Heutige Stars sind geistig verwirrt"

Ja und dann ist auch schon wieder U&D, am Freitag (7.8.) mit Sensi Simon & His Brother, Antiheld (Fragebogen hier) und Roboter Blanko. Am Samstag wäre unsere Empfehlung dann Andy Frasco, toll sind aber natürlich auch die anderen Bands, etwa Swim Bird Fly oder We Are Rinah. Am Sonntag, 9.8. dann die Band mit dem wunderbaren Namen Staatspunkrott. Ähnlich gut: der Katze und die Hund. Eh geil: 
 


Aber selbst dazu gibt es Alternativen: am 7.8. etwa den Westquartier-Veteranen und Singer/Songwriter Markus Söll ebendort und nochmal die Böblinger Songtage (u.a. mit Honig) oder die Stuttgart-Ost-Punks Hell & Back im Goldmark's. Am 8.8. die Böblinger Songtage (mit Die Höchste Eisenbahn, Toni Hoffmann) oder Bagasch im Manufaktur-Garten. Und am 9.8. Good Men Gone Bad im Wagenhallen-Biergarten oder - Tipp - zum Sonntagsausflug nach Großhöchberg, da spielen um 17 Uhr Los Santos auf der Lümmelwiese vom Kabirinett. Ist auch am 16. und 23.8.

Besonders hinweisen wollen wir noch auf das Containerkiez bei Contain't am 8.8. Das Popbüro und die Container-Künstler haben das Benefiz-Open-Air gemeinsam auf die Beine gestellt. Musikalisch sind The Andean Wolf (eine von vier Play-Live-Finalbands, werden gerade ausgiebigst gecoacht) und The Hunting Elephants am Start. Das Geld geht an das Flüchtlingsprojekt "The Unity".

Mit diesem Song drängen sich The Andean Wolf als Support von Odesza geradezu auf:

10. bis 16. August

Am 12.8. ist ausnahmsweise mal nicht Manufaktur Garten, sondern Manufaktur drinnen. Auf der Bühne steht Steve Gunn, New Yorker Songwriter, angenehmer Sound mit Hang zum Jammig-Psychedelischen. Deshalb und weil sie eh auch aus Schorndorf kommen, supporten Tristan Rêverb.

Straighter in Richtung Pop geht's tags darauf am 13.8. am Killesberg, da spielen Revolverheld. Für den 14.8. empfehlen wir El Palito. So nennt sich ein Garten auf dem Haigst, der regelmäßig Singer/Songwriter-Acts einlädt, an besagtem Freitagabend eben Roman Wreden und Mal Zwischendurch. Schöne Musik, schönes Ausblick, schöne Menschen! Und wer auch am 15.8. Gartenmusik will, geht zu Max François in die Manufaktur. Max' aktuelles Album haben wir hier besprochen, und jetzt eine Hörprobe:


Für 16.8. ist dann das ausgefallene Konzert von Me & My Drummer im Merlin geplant. Achtung, das ist nicht Teil des Klinke-Festivals. Die 14 Euro sind natürlich trotzdem angekündigt, und vielleicht erzählt Charlotte Brandi wieder was von isländischen Second-Hand-Pullis.

Fast noch knalliger ist das im Zwölfzehn angekündigte Konzert: Dort spielen am 16.8. The Avengers (Punk-Truppe, die Ende der Siebziger u.a. mit den Sex Pistols unterwegs war) und als Vorband die Sumpfpäpste - auch die schamlos als Reutlinger Punklegende bezeichnet. Was aber irgendwie gerechtfertigt ist, weil da zum einen Micha Schmidt mal mitgespielt hat, weil die Gruppe zum anderen höchst patriotisch das Kreuzeiche Stadion besingt ("Null Fünf, Null Fünf / SSV Null Fünf") und trotzdem auch so etwas macht:

Noch mehr Infos dazu stehen hier.

17. bis 23. August

Am 18.8. pilgert Stuttgart-West wieder zum Hölderlinplatz ins Eumel, wo diesmal La Bohème auftreten. Schlager, Gypsy, Swing - hört sich doch gut an. Für andere ist der letzte Besuch von Northcote (Dezember) schon wieder zu lange her, weshalb sie wieder zur Northcote ins Zwölfzehn gehen. Wieder andere begeistern sich am Tourposter von Mark Lanegan und gehen deshalb ins Uni (Stichwort Screaming Trees / Queens of the Stone Age). Oder wegen der Musik, die angenehm zwischen klassischen Songstrukturen und Soundspielereien den richtigen Rock-Ton trifft:


Gainesville, Florida ist vor allem bekannt für Less Than Jake. Und das schon seit mehr als zwanzig Jahren. Jetzt frage sich jeder selbst, wann er zum letzten Mal auf einem Ami-Ska-Punk-Konzert war. Eben. 19.8. im Universum.

Am 20.8. spielen Thy Art Is Murder im Keller Metal, Death- und sonstigen Core, und am 21.8. hören wir uns mal an, was Alan Parsons heutzutage so macht. Auf der Freilichtbühne Killesberg. Alternativ ginge am 20.8. I Am Super Ape im Danziger Stüble: noisiger Stoner- und Indie-Rock aus Schweden, waren im Vorprogramm von Mark Lanegan (siehe oben) und besuchen jetzt die "Elendsviertel Stuttgarts" (O-Ton Mike vom Danziger). Klingt so:

Vom 20. bis 24.8. könnte man dann mal in Aichwald vorbeischauen, wo das Goldgelb Festival stattfindet. Der Eintritt ist frei, man tanzt im Sonnenblumenfeld und dazu spielen Coverbands, aber es gibt auch Reggae aus Berlin (Riders Connection), ungarischen Folkpunk (Firkin), schottischen Soul (Graeme Lockhart), Aschaffenburger Rockabilly (Boppin' B) und Polka / Folklore / Weltmusik mit Nobody Knows. Zum Abschluss spielt die Band Tonbandgerät: von den Veranstaltern noch für wenig Geld verpflichtet und jetzt der Hit wegen ihres Gigs beim Bundesvision Song Contest. Irgendwann wird diese Kolumne auch mal das Thema deutsche Bandnamen besprechen.


Ansonsten gibt's am 21./22.8. die volle Dröhnung Roman Wreden: am 21. in der Manufaktur, am 22. in Ludwigsburg im Brückenhaus. Wer schon am 21. geht, kann am 22. dafür dann zu Katchafire in den Keller Klub: so nennt sich ein Dancehall-Export aus Neuseeland, dazu mehrstimmiger Gesang. Glaubt man dem Setzer sofort, dass die schon mit UB40 auf der Bühne standen. Nur - warum spielen die nicht Open Air?


Für den 21.8. empfehlen wir einen Ausflug nach Tübingen. Dort stellt das Duo Sea + Air sein neues Album vor - nämlich auf der Waldbühne des Sudhauses.

Am 23.8. ist dann Nathan Gray im Keller auf der Bühne. Das ist der von Boysetfire, jetzt solo unterwegs mit Akustikgitarre. Aber eben auch viel mehr, wie das hier vermuten lässt. Alternativ: Gasthaus Anker, Bernhausen, mit Ain't No Grave (alter Blues) und Hawelka (neuer Blues). Oder, noch lauter: Juha West unter anderem mit Mahlstrom (hör hin).

24. bis 31. August

Am 24.8. schwenken wir unsere Arme und schreien "Keep Rollin' Rollin' Rollin' Rollin'" - Limp Bizkit is in da Porsche Arena, schlimmste Jugenderinnerungen werden wach. Allein die Schreibweise: "Nu Metal" - das ist so 1999! Aber was kam danach? Kurze Recherche: 2005 Greatest-Hitz-Album, danach Bandquerelen, Album "Gold Cobra", neue Bandquerelen wieder wegen Drogen, dann das Album "Stampede of the Disco Elephants". Die Singles dazu wurden seit 2012 veröffentlicht. Der Sound: Fred Durst plus krachende Gitarren halt, dazu ein bisschen DJing und Soundeffekte, vielleicht bisschen mehr Rock als Nu.


Kingston in Kanada ist der Ort, aus dem angeblich Bryan Adams stammt. Eine engagierte Vor-Ort-Recherche des Autors brachte vergangenes Jahr zutage, dass das schon so sein könnte - dass sich die Kingstoner aber genausowenig um Bryan Adams scheren wie Bryan Adams um Kingston. Womit wir jetzt endlich zu The Mahones kommen, die am 25.8. im Keller Klub aufspielen. Stil: alles außer Bryan Adams. Folk-Punk, gegründet 1990, mehr als zehn Studioalben.

Am 26.8. ist dann Biergarten-Zeit an den Wagenhallen. Das Feierabendkollektiv präsentiert dort seinen ersten Sampler - aber nur bei gutem Wetter. Jedenfalls gibt es den Sampler mit Beiträgen der Kollektivisten, und die meisten von ihnen werden auch live auf der Bühne stehen. Für ein Archiv der Stuttgarter Popmusik sollte man sich den Sampler zulegen, das Feierabendkollektiv ist derzeit extrem aktiv. Schön so!

Auch bei schlechtem Wetter findet das Konzert von Interpol im Theaterhaus statt. Die Band steigt direkt aus der Festival- in die Indoor-Saison ein. Eine wiederum maximal kritische Vor-Ort-Recherche beim Primavera-Festival in Porto Anfang Juni ergab: Unterschiede zwischen Interpol-Hits sind fast nicht herauszuhören. Typischer Sound nennt man das, man weiß was man kriegt und das ist in dem Fall trotzdem nicht schlecht. Und mit neuem Album arbeiten Interpol (jetzt ohne ursprünglichen Bassisten) an ihrer U2-isierung:

Dder August ist natürlich noch nicht vorbei ohne Lab-Festival. Unsere Tipps: am 28.8. zu Budzillus (wegen des Bandnamens und dem spaßigen Pop-Rock), am 29.8. zu The Tremolettes (weil's die Tremolettes sind) und am 30.8. zu Mal Zwischendurch (weil aus Esslingen, aber so schön spröde als kämen sie von der Waterkant).

Vergessen sollte man außerdem nicht das Ratzer-Records-Sommerfest kurz vor dem Umzug (mit Sea + Air am 28.8. und Charmin' Carmen am 29.8.).


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