Die kommende Mercedes B-Klasse Electric Drive wird in Rastatt an einem Band mit den Otto- und Dieselmodellen gebaut. Den Antriebsstrang liefert Tesla.

Das klingt richtig gut: 200 Kilometer Reichweite kündigt Daimler für seine kommende rein elektrische B-Klasse an - was aber ein rein theoretischer Wert ist, der bei sommerlichen Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad Celsius und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 34 km/h ermittelt wird. Beim Start zu einer ersten Runde eines Ganzjahrestests gesteht die Batterie dem Fahrer gerade mal 128 Kilometer zu - das ausstehende Drittel geht auf Kosten des Thermometers, das an diesem Testtag allerdings nur knapp über null Grad zeigt.

 

Aber selbst diese Strecke lässt sich nur erreichen, wenn der Mensch am Strompedal das Auto ständig wie in einer Tempo-30-Zone bewegt. Im normalen Verkehrsfluss, bei dem die Tachonadel auch mal um die 100 pendelte, waren am Ende zwölf Kilometer von der ursprünglichen Vorhersage verloren gegangen - trotz aller Energierückgewinnung beim Bremsen und Bergabfahren. Wer Zugang zu einem 400-Volt-Starkstromanschluss hat, kann die Batterie in drei Stunden füllen.

An einer normalen Haushaltssteckdose mit einem zwischengeschalteten Umspanngerät dauert es mindestens fünf Stunden. Daimler-Benz gilt von alters her als ein Hersteller, der auf Erprobtes setzt und seine Kunden nicht mit allzu riskanten Neuerungen schockt. Auch beim Elektroantrieb gehen die Stuttgarter einen Weg, der gewohnt auf Sicherheit setzt - gleichwohl in wirtschaftlicher Hinsicht: Während der Wettbewerber BMW mit hohem technischen Einsatz in seinem Leipziger Werk die Produktion des Elektroautos i3 eingerichtet hat, läuft der kleine Smart ED (für Electric Drive) ganz unauffällig vom selben Band im lothringischen Hambach, an dem auch die Zweisitzer mit Benzin- und Dieselmotor sowie gleicher Karosserie montiert werden.

Antriebsstränge werden aus den USA bezogen

Nach demselben Muster versteckt man bei Daimler die elektrifizierte B-Klasse im Werk Rastatt: Bleibt die Nachfrage nach dem Elektro-Kompaktvan gering, fällt das angesichts des gleichen Basisfahrzeugs gar nicht auf. Steigt sie an, lassen sich ohne großen produktionstechnischen Aufwand mehr elektrische Antriebsstränge einbauen. Die bezieht Daimler von Tesla aus den USA, wo man sich auf die Herstellung von Elektroautos spezialisiert hat und wo die Schwaben reichlich vier Prozent halten. Ein E-Motor, der 130 kW (177 PS) leistet und durchgehend ein Drehmoment von 340 Newtonmetern abgibt, befindet sich unter der Motorhaube, die Lithium-Ionen-Batterie unter dem Kabinenboden.

In der B-Klasse ED sind gegenüber dem Großserienmodell keine erleichternden Teile aus Aluminium oder gar Karbon an Bord, so dass am Ende - hauptsächlich durch die schwere Batterie - ein Mehrgewicht von rund 300 Kilogramm bewegt werden muss. Wer's darauf anlegt, ist in 7,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100; bei 160 km/h wird wegen des wirtschaftlichen Umgangs mit der Energie abgeriegelt, um die Reichweite nicht noch weiter einzuschränken. Die Vorteile geräuscharmer und abgasfreier Fortbewegung sind zu günstigen Betriebskosten zu haben - etwa fünf Euro für 100 Kilometer. Dazu muss man das Auto aber erst einmal besitzen.

Noch halten sie sich bei Daimler mit Preisen zurück, wenn die rein elektrische B-Klasse im Herbst eingeführt wird. 'Konkurrenzfähig', lautet die kurze Antwort, und auf Nachfrage nach der Konkurrenz weisen die Blicke stumm nach Osten: Dort ist der Sitz von BMW. Die Preise für den i3 beginnen bei knapp 35 000 Euro. Eingeweihte tippen bei der B-Klasse ED auf 5000 Euro mehr.