Kleine Plastikpflanzen vermehren sich in Windeseile in den Haaren modebewusster Chinesen. Neben den günstigen Accessoires gibt es Eis am Stil in Politikergestalt.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

China - Chinesen haben das Papier erfunden, den Kompass und das Schwarzpulver. Daran wird sich die Menschheit vermutlich auch noch in ein paar hundert Jahren erinnern. Ob dann auch in den Geschichtsbüchern steht, dass zu Beginn des zweiten Jahrtausends massenhaft Bohnensprossen und anderes Grünzeug auf den chinesischen Köpfen wuchs, das ist doch eher unwahrscheinlich. Im Augenblick aber sind die kleinen Plastikpflanzen ein gewaltiger Trend im Reich der Mitte. Und täglich wachsen mehr.

 

Noch ist völlig unklar, ob der pseudobiologische Kopfschmuck auch den Weg nach Europa finden wird, über die Seidenstraße, die Balkanroute, oder ganz profan in Schiffscontainern. Mag sein, dass wir von den völlig sinnfreien Teilen verschont bleiben. Weitgehend sinnfrei ist aber auch das elektronische Haustier gewesen, das in der zweiten Hälfte der Neunziger aus Japan zu uns gekommen ist und Tamagotchi hieß. Oder der Bubble Tea, der seinen Ursprung in Taiwan hat und mit seiner schrecklichen Süße in den vergangenen Jahren die deutschen Innenstädte heimsuchte. Im Gegensatz zu dem ungesunden Getränk und der batteriebetriebenen Quäkmaschine haben die Harrpflanzen trotz ihrer Popularität in China noch keinen richtigen Namen. „Wir sind sehr süß“ heißt in etwa die chinesische Bezeichnung für die Teile. Das ist kaum wörtlich übersetzbar, muss dem internationalen Erfolg aber nicht im Wege stehen.

Straßenhändler bieten die Ware für 50 Cent an

Wissenschaftler werden sich dereinst vielleicht einmal mit der Frage beschäftigen, wo der Trend seinen Ursprung nahm. Nicht einmal das ist im Augenblick hinreichend geklärt. Die einen glauben, dass die ersten Pflanzen in Peking aus den Haaren sprossen, andere halten Chengdu für den Ursprung des Trends. Die südwestchinesische Metropole war bisher in erster Linie für ihre Pandazucht bekannt.

Straßenhändler bieten die Ware für umgerechnet 50 Eurocent an, im Internet geht es deutlich billiger. Jung und alt greifen zu, Männer wie Frauen. Zumindest da, wo der chinesische Winter nicht das Tragen einer Mütze voraussetzt, wird der Trend wohl in den nächsten Wochen anhalten – während ein anderer höchstwahrscheinlich in die Winterpause geht. Der Eishersteller Iceason hatte in dieser Saison einen gewissen Erfolg damit, das Konterfei berühmter Persönlichkeiten am Stil anzubieten. Jüngst gab es sogar den japanischen Premierminister zu Zeiten des Krieges. Dem durfte dann jeder Chinese den Kopf abbeißen.