Grün-Schwarz fordert mehr Neutralität im Gerichtssaal – aber nicht für alle. Ein sich nun abzeichnender Kompromiss überzeugt nicht. Von der Regierungskoalition hätte man eine klare Haltung erwarten können, kommentiert Arnold Rieger.

Stuttgart - Kopftuch im Gerichtssaal? Jein. Baden-Württembergs grün-schwarze Koalition will sichtbare religiöse oder weltanschauliche Symbole zwar aus Prozessen heraushalten – aber nur bei hauptamtlichen Richtern und Staatsanwälten, nicht bei Schöffen. Dieser sich nun abzeichnende Kompromiss überzeugt nicht. Er mag zwar dem Binnenklima der Regierung dienen, die über dieses Thema seit Monaten streitet. Doch dem Vertrauen der Bürger in eine neutrale Justiz ist er abträglich.

 

Weder Kopftuch noch Kippa

Ehrenamtliche Richter sind den hauptamtlichen gleichgestellt und sollten wie diese jeden Anschein von Befangenheit vermeiden. Zwar tragen sie keine Robe, sondern normale Kleidung, doch umso mehr müssen sie auf Neutralität achten – auch auf äußerliche. Das ist eher eine Frage der Psychologie als der Jurisprudenz, denn wer als Angeklagter oder Zeuge in einem Gerichtssaal sitzt, wird kaum unterscheiden zwischen Berufs- und Schöffenrichtern. Es gibt auch so etwas wie ein Gefühl für die Objektivität staatlicher Autoritäten, und dazu passen generell weder Kopftuch, Kreuz noch Kippa. Zumindest nicht so auffällig, dass dies böse Vermutungen wecken könnte.

Mag sein, dass sich diese Frage in der Praxis gar nicht häufig stellt. Vielleicht schlägt auch das Bundesverfassungsgericht noch Pflöcke ein. Trotzdem hätte man sich von der Regierungskoalition eine klare Haltung gewünscht. Was nun heraus kam, ist allen wohl und niemand weh.