Ein nur wenige Tage alter Feldhase überlebte eine Krähenattacke verletzt – und wird seitdem von einem Ehepaar liebevoll aufgezogen.

Korntal-Münchingen - Gierig zieht der Hase an dem Sauger, wohl in Rekordtempo dürfte er das Fläschchen geleert haben. Doch er ist kein gewöhnliches Haustier – und das nicht nur, weil sein rechter Vorderlauf seltsam abgeknickt ist und sein rechtes Auge weißlich schimmert. Sein Schicksal wäre eigentlich irgendwann Mitte März im Alter von nur wenigen Tagen besiegelt gewesen. Eine Krähe stürzte sich auf den jungen Feldhasen, der auf einem Feld wartete, bis seine Mutter wieder zum Säugen vorbeikommen würde. Doch dann ging der Landwirt Herbert Schmalzridt dazwischen, der gesehen hatte, wie der Vogel immer wieder hinabstieß. Das Hasenbaby überlebte – allerdings nur einäugig, denn die Krähe hatte es mit einem Angriff bereits verletzt.

 

In der freien Natur hätte es halbblind keine Chance gehabt, erzählt Schmalzridt. Also nahm er das Junge mit – schließlich sind er und seine Frau Hiltrud erfahren im Aufpäppeln von Wildtieren. Vor 20 Jahren zogen sie ein Rehkitz auf, auch einen Falken, Krähen und Elstern haben sie schon durchgebracht und wieder ausgewildert. Doch nichts sei bislang so schwierig gewesen wie der kleine Feldhase, sagt Herbert Schmalzridt. Auch die Tierärztin, die er um Rat fragte, war sich sicher, dass das Jungtier nicht lange leben würde. Das Ehepaar versuchte es trotzdem.

Als langjähriges Mitglied der Jägerprüfungskommission kennt Herbert Schmalzridt sich aus, erklärt fachmännisch, weshalb im Frühjahr zwar viele junge Hasen geboren werden, aber die meisten das erste Jahr nicht überleben. „Hoppel“, so der Name des Hasen mit (noch) nicht bestimmtem Geschlecht, hat dagegen bessere Chancen. Und dafür musste Hiltrud Schmalzridt einiges tun. Mit einem Fläschchen, in dem sonst für Kinder Liebesperlen verkauft werden, flößte sie ihm mehrmals täglich fettreiche Katzenaufzuchtmilch ein und streichelte sein Bäuchlein, damit er besser verdauen konnte. „Fast so viel Zeit wie für ein Baby“ habe sie aufgewandt. Für den ersten Schoppen stand sie extra früher auf.

Die Flasche bekommt der junge Feldhase zwar immer noch, allerdings nur noch einmal am Tag. Gefüllt ist sie mit Babyfolgemilch, angereichert mit etwas Mehl und Öl für einen höheren Nährstoff- und Fettgehalt. Hoppel scheint’s zu schmecken.

Doch das war nicht immer so. Denn als wäre es nicht genug, geschah nur kurz nach seiner Rettung ein weiteres Unglück. Der kleine Hase purzelte vom Arm und brach sich dabei seinen rechten Vorderlauf. Zwei, drei Tage lang habe das Tier kein Fläschchen mehr wollen, berichtet Hiltrud Schmalzridt. Doch dann habe er wieder angefangen zu fressen. Und auch der konsultierte Tierarzt sei sich sicher gewesen, dass Hoppel keine Schmerzen habe.

Und so konnte er jüngst umziehen, von einem auf dem Wohnzimmertisch platzierten Käfig in einen Stall. „Unsere Enkel sind mit großem Elan mit der Oma in den Baumarkt gegangen“, erzählt Herbert Schmalzridt. Denn ganz so einfach war das Unterfangen nicht, schließlich musste die Konstruktion Schutz bieten gegen Füchse und Marder. Das funktioniert bislang, vielleicht kommen einmal ein paar Hühner mit in den Stall. Auch gesundheitlich sehe es gut aus, sagt Herbert Schmalzridt. Auswildern können sie Hoppel wegen seiner Einschränkung nicht, zudem sei er zu sehr an Menschen gewöhnt. „Wir freuen uns eben nun, wenn er drüben herumhoppelt. Das ist auch so eine innere Befriedigung, dass man es geschafft hat“, ergänzt seine Frau.