Weil sie für das Neubaugebiet Korntal-West einen ökologischen Ausgleich nachweisen muss, kauft sich die Stadt in einem Ökoprojekt auf der Baar ein. Dort soll Platz geschaffen werden für fünf Paare des seltenen geschützten Vogels.

Korntal-Münchingen - D er Kiebitz soll’s richten, wenigstens zum Teil – und das für eine ordentliche sechsstellige Summe. Die Stadt Korntal-Münchingen plant zur Zeit das große Neubaugebiet Korntal-West, und diese Versiegelung der Landschaft muss laut Gesetz ausgeglichen werden. Dies ist aber auf der eigenen Markung nicht komplett möglich. Die Stadt beteiligt sich deshalb an einem Öko-Projekt im Schwarzwald-Baar-Kreis. Dort wird eine größere Ackerfläche so hergerichtet, dass der seltene Kiebitz ideale Bedingungen als Lebensraum und Brutrevier vorfindet.

 

„Ausgleichsmaßnahme“ nennt sich das im Verwaltungsdeutsch: Neubau oder Versiegelung von Landschaft muss kompensiert werden – vorrangig innerhalb des Baugebietes oder auf der Markung der Kommune. Wenn das nicht geht, sind auch Projekte andernorts möglich. Darauf greift die Verwaltung jetzt zurück. Das Land hat eine so genannte Flächenagentur eingerichtet, um Städten und Gemeinden entsprechende Projekte zu vermitteln. Diese habe angeboten, dass sich die Kommune an einem Vorhaben auf der Baar beteiligen könne. Kostenpunkt: rund 226 000 Euro. Den Vertrag müsse man rasch abschließen, hieß es im Gemeinderat, um die weitere Planung für Korntal-West nicht zu verzögern.

Das Projekt „Lebensraum und Brutrevier für den Kiebitz“ liegt auf der Baar, zwischen Schwarzwald und Alb; Donaueschingen zählt dazu, Villingen-Schwenningen ist die Kreisstadt. Eine bestehende Ackerfläche soll so umgestaltet werden, dass sie künftig ausreichend Brutfläche für fünf Kiebitzpaare bietet. Der auf dem Boden brütende Vogel steht seit 2015 auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.

Gegenstimmen von SPD und Grünen

Die Ausgleichsflächen seien sinnvoll, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Martin Hönes. Edeltraud Siegle (Freie Wähler) erinnerte daran, dass durch das Neubaugebiet in Korntal Ackerfläche verloren gehe. Man müsse den Druck auf die Landwirtschaft vermindern. Gegen das Vorhaben sprachen sich SPD und Grüne aus.

Die gesamte Thematik sei komplex, so Egon Beck (SPD): „Wir brauchen einen Plan, ein Konzept und Lösungsansätze.“ Die Baar liege nicht in der Nähe. Mit der Entscheidung für Korntal-West habe man sich von vielen Vorstellungen verabschiedet: So sei aus der angestrebten behutsamen Entwicklung ein Bauabschnitt geworden: „Und den bezahlbaren Wohnraum kann man vergessen.“ Der Weg in den Schwarzwald-Baar-Kreis sei „nicht der richtige Ansatz“. Auch die Grünen waren gegen das Ausgleichsprojekt in der Ferne. „Wenn schon Ausgleich, dann sollten wir nicht bis in den Schwarzwald-Baar-Kreis runtergehen“, meinte Wolf Ohl, „wenn schon extern, dann im Landkreis.“

Der Bürgermeister Joachim Wolf betonte, es sei viel geschehen, die Verwaltung habe „nicht nichts getan“. Nach den Sommerferien werde der Gemeinderat über den Freiflächenplan diskutieren. Es gelinge kaum einer Gemeinde, im verdichteten Raum Ausgleich zu schaffen. „Das Kiebitz-Projekt kommt den Bürgern in Korntal-Münchingen nicht zugute“, räumte Wolf ein, „aber dem Umweltschutz im Land.“

Pflege nicht von Korntal aus

Für die Folgen des Vorhabens interessierte sich der Stadtrat Emmerich Jelli (CDU), die Brutflächen müssten auch gepflegt werden. Mit seiner Frage „Muss der Bauhof da runter fahren?“ verursachte er Heiterkeit. Der Bürgermeister tröstete ihn: „Wir kaufen dort nichts. Wir beteiligen uns nur an einer Maßnahme mit Euros und erhalten Ökopunkte als Gegenleistung.“ Die weitere Pflege werde vor Ort erledigt. Wie angekündigt, stimmten die SPD und die Grünen gegen den Vorschlag. 14 Stimmen, und damit die Mehrheit, gab es dafür.

Die Möglichkeit, für das Ökokonto notwendige Punkte auswärts einzukaufen, hat im Landkreis Ludwigsburg bisher nur Korntal-Münchingen genutzt. Laut einer Sprecherin des Landratsamtes gab es bisher keine Anfrage von anderen Städten oder Gemeinden. Im Strohgäu schufen andere Kommunen in der Vergangenheit Umweltprojekte auf der eigenen Markung, wie unsere Aufstellung zeigt.