Das Thema Ganztagsgrundschule erregt seit langem die Gemüter in der Stadt. Die Korntaler Teichwiesenschule könnte den Nachmittagsunterricht einführen, viele Eltern wollen das nicht. Vor der Entscheidung im Gemeinderat werden nun die Eltern befragt.

Korntal-Münchingen - Besseres Lernen, mehr Bildungschancen für alle Kinder, bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ – so wirbt das Land für die Ganztagsgrundschule. Bis 2023 sollen 70 Prozent der Grundschulen in Baden-Württemberg zumindest in Wahlform ein Ganztagsangebot einführen. Auch in Korntal-Münchingen wird das Thema schon länger diskutiert. Nun werden die Eltern befragt, ob und unter welchen Bedingungen Ganztagsunterricht für ihre Kinder in Frage kommt.

 

Unterschriften gegen den Ganztag

Konkrete Überlegungen, den Ganztag in Wahlform einzuführen, gibt es derzeit nur an der Teichwiesenschule in Korntal. Viele Eltern sind von der Idee jedoch nicht begeistert und überreichten im Frühjahr mehr als 1100 Unterschriften dagegen – und für den Erhalt der Kernzeit- und Hortbetreuung in der jetzigen Form. Diese steht aus finanziellen Gründen auf dem Prüfstand. Derzeit werden im Hort nur noch Kinder aufgenommen, deren Eltern alleinerziehend sind oder wo beide Elternteile berufstätig sind. Die Ganztagsgrundschule könnte einen Teil des Betreuungsbedarfs abdecken, würde aber früher enden als die Hortbetreuung. Zwar sieht das Konzept eine Randstundenbetreuung über den Schulschluss hinaus vor, für Halbtags-Kinder gäbe es jedoch nur eine Kernzeitbetreuung bis 14 Uhr.

Mit der Umfrage will sich die Stadt nun ein Bild von der Meinung der Eltern machen – zumindest mancher. Befragt werden in dieser Woche nur Eltern von Erstklässlern und Kindern in Tagesstätten. Auf Grundlage des Meinungsbilds soll der Gemeinderat im Januar eine Grundsatzentscheidung treffen. Der Ausgang der Umfrage werde „maßgeblich“ dazu beitragen, sagt Klaus Freitag, der Sachgebietsleiter für Bildung, Sport und Kultur. Die Befragung habe man initiiert, damit die Eltern „die möglichen Alternativen sorgfältig gegeneinander abwägen können“ – und damit man selbst besser planen kann.

Die Kernfrage: Ganztagsschule oder Hort?

Der Befragung liegt neben einer Übersicht der beiden Systeme auch das Konzept der Teichwiesenschule und ein neues Gebührenmodell des Horts bei. Die Kernfrage ist, welche Betreuung die Eltern präferieren würden – im Hort zu höheren Kosten oder in der Ganztagesgrundschule, die bis 15.30 Uhr abgesehen vom Mittagessen kostenlos wäre.

Während sich die Stadt auf die Fahnen schreibt, die Vor- und Nachteile der beiden Systeme Ganztagsgrundschule und Hortbetreuung „wertneutral“ formuliert zu haben, kritisiert Julia Ohl-Schacherer „einseitige Infos“. Ohl-Schacherer, die der Elterninitiative „Zukunft Betreuung“ angehört, findet den Fragebogen „sehr ganztagslastig“. Die Vorteile des Horts würden nicht dargestellt. Zudem würden nur Eltern mit wenig Erfahrung befragt.

Mehrzahl der Eltern skeptisch

Die Elterninitiative wünscht sich bei der Betreuung „größtmögliche Wahlfreiheit“, die „keine Festlegung für ein ganzes Jahr oder alle Wochentage verlangt“. Ohl-Schacherer verweist auch auf Eltern, die nachmittags gar keine Betreuung bräuchten. „Die wären mit im Boot“ – weil auch im Halbtag einmal wöchentlich Nachmittagsunterricht geplant ist. An anderen Schulen seien aus einem zwei oder drei Nachmittage geworden – und „dann kann man nichts mehr dagegen sagen“.

Die Mehrzahl der Eltern stehe dem Ganztag „sehr skeptisch“ gegenüber, sagt Ohl-Schacherer. Bei einer Umfrage an Elternabenden aller Klassen seien nur sechs Prozent für die Ganztagsschule gewesen – und 53 Prozent dagegen. Der Rest sei unentschlossen gewesen. „Es gibt eine hohe Zufriedenheit mit dem jetzigen System.“ Die Betreuung sei bislang günstig gewesen, und viele Eltern seien bereit, dafür mehr zu zahlen. „Es ginge also sehr wohl.“