Der Ortsteil Münchingen soll umgestaltet werden. Die Bürger sollen mitdiskutieren. Um sie für das Projekt zu gewinnen, lud die Stadtverwaltung zu einer Veranstaltung ein, die informierte – und provozierte.

Korntal-Münchingen - Hinter vorgehaltener Hand ist am Mittwochabend deutliche Kritik an der Stadtverwaltung laut geworden. Es müsse endlich auch in Münchingen mal was passieren – nicht immer nur in Korntal gebaut und modernisiert werden. Bei der Diskussion zum Entwicklungskonzept für den Ortskern meinte allerdings auch der Bürgermeister Joachim Wolf: Es werde „allerhöchste Zeit“.

 

In der Tat drängt die Zeit. Nach wie vor fehlt seit der Schlecker-Schließung ein Vollsortimenter im Ort, außerdem eine Drogerie. Doch wo ist der geeignete Standort für einen Laden, wenn sich mittelfristig der Ortskern verändert? Die Planerin Dita Leyh von dem Stuttgarter Büro „Internationales Stadtbauatelier“ hat in ihrer Präsentation einen möglichen Standort im so genannten Strohgäu-Dreieck zwischen der Haupt- und Marktstraße sowie der Stuttgarter Straße dargestellt. Sie hat zu Beginn der Diskussion Stärken und Schwächen von Münchingen dargestellt. In mehreren Szenarien untermauerte sie dabei ihre Aussagen mit teils provozierenden Darstellungen. Am Ortseingang Süd etwa waren die kleineren Häuser, wie sie heute dort stehen, durch zwei hohe moderne Gebäude – je rechts und links der Straße – ersetzt. Das löste im Saal zwar großes Gelächter aus. Doch als nach der Präsentation die Bürger ihre Anregungen aufschrieben, lautete eine Botschaft an die Verwaltung eben auch „Mut zum Modernen und Ungewöhnlichen. Es wird diskutiert werden darüber.“

Neben dem Ortseingang Süd hatte Leyh drei weitere Entwicklungspotenziale angesprochen. Das Strohgäudreieck und die Stuttgarter Straße zählten dazu, ebenso die vielen Scheunen des ehemaligen Bauerndorfes Münchingen. In ihnen ließe sich unterschiedlicher Wohnraum schaffen – ob Einfamilienhaus, Mehrgenerationenhaus oder auch Anwaltskanzlei. Doch „wenn man so etwas machen will, braucht man eine besondere Marketingstrategie.“ Möglichkeiten wären ein Tag der offenen Scheune oder eine Messe um eine Plattform für Angebot und Nachfrage zu schaffen.

Die Scheunen machen laut Leyh eine Stärke Münchingens aus. Die Planerin nannte außerdem den dörflich intakten Charakter, die gut erhaltene Bausubstanz der alten Gebäude, die Innenhöfe, den Dorfgraben und das Schloss. Als Schwächen nannte sie die fehlenden Einkaufsmöglichkeiten und Grünflächen, das geringe gastronomische Angebot und den unzugänglichen Dorfgraben. Es müsste außerdem „mehr Impulse“ geben, so Leyh. Es sei „zu dörflich“. Daraus ergab sich für die Planer auch die Überlegung, die Aktivitätszonen etwa an Wette- und Stiegelplatz zu einer neuen Mitte zu verknüpfen.

Unter den 100 Veranstaltungsbesuchern waren auch Mitglieder der Lokalen Agendagruppe Lebenswertes Münchingen in den Widdumhof gekommen. Sie hatten sich mit Anregungen an den Plänen des Stuttgarter Büros beteiligt, schließlich befassen auch sie sich seit langem mit der Aufwertung ihres Ortes. Vieles sei seit 1997 passiert, als erstmals über die Stadtentwicklung nachgedacht worden sei, meinte zu Beginn der Veranstaltung auch der Bürgermeister Joachim Wolf. Durch das Engagement von Privatbürgern als auch der Kommune sei viel entstanden. „Doch wir können uns nicht zufrieden geben. Es gibt noch so viel zu tun.“

Auch um die Einzelaktionen in ein Gesamtkonzept zusammen zu führen, wird nun mit Bürgern das Entwicklungskonzept erarbeitet. Es mündet in einen Rahmenplan, den der Gemeinderat laut dem Technischen Beigeordneten Ralf Johann Mitte nächsten Jahres verabschieden soll.