Topmanagern der Bahn sollte nach Forderungen des Bundesrechnungshofs das Gehalt gekürzt werden, wenn Projekte des Konzerns teurer und später fertig werden.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Mit Vertragsstrafen für die Deutsche Bahn bei Terminüberschreitungen will Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Modernisierung des Schienennetzes beschleunigen. Das neue Regelwerk für den Neu- und Ausbau staatlicher Bahnstrecken, Bedarfsplanumsetzungsvereinbarung (BUV), sieht Vertragsstrafen für den Konzern vor, wenn Vorhaben nicht zum vereinbarten Zeitpunkt in Betrieb gehen. Damit setze man „einen zusätzlichen Anreiz zur Termintreue“, betont das Ministerium.

 

Kosten- und Termintreue das Ziel

Der Rechnungshof bezweifelt das in einem 28-seitigen Prüfbericht, der das neue Regelwerk Dobrindts für die DB in vielen Punkten kritisiert. Die Strafzahlungen von höchstens zehn Millionen Euro selbst bei milliardenschweren Projekten hält die Kontrollbehörde für wirkungslos. Nur beim Verpassen des letzten von vier Projekt-Meilensteinen würden Strafen fällig. Zudem träfen die Strafen letztlich den Bund selbst, da die Bahn und ihre Netztöchter dem Staat gehörten. Deshalb sei es sinnvoller, die Kosten- und Termintreue bei Schienenprojekten über Bonus- und Malus-Regeln direkt mit der variablen Bezahlung des obersten DB-Managements zu verknüpfen, heißt es im Prüfbericht. Topmanager wie Bahn-Chef Richard Lutz oder sein Vize Ronald Pofalla, die Ende Juli das neue Regelwerk unterzeichnet haben, bekämen dann keine Boni oder Gehaltsabzüge, wenn sich Vorhaben verzögern.

Rechnungshof erwartet, dass Ministerium tätig wird

Der Rechnungshof erwartet, dass das Ministerium entsprechende Schritte einleitet und zudem sämtliche vier Abschnitte des Projektfortschritts bei Nichteinhaltung sanktioniert. Dem Bericht zufolge hat die Regierung zugestanden, dass solche Zielvereinbarungen mit der DB-Spitze möglich seien. Sie müssten aber vom DB-Aufsichtsrat verabschiedet werden und seien nicht vom Bund allein durchsetzbar.

Der Rechnungshof bestätigt auf Anfrage, dass der Prüfbericht an den Deutschen Bundestag und das Verkehrsministerium geschickt wurde. „Vor der Beratung im Parlament geben wir zum Inhalt keine Stellungnahme ab“, erklärt Sprecher Martin Winter. Nach Informationen dieser Zeitung erhielten der Haushalts- sowie der Rechnungsprüfungsausschuss des Parlaments sowie das Ministerium den Prüfbericht Mitte Juli vor Unterzeichnung des neuen Regelwerks. Der Rechnungshof hatte bereits vor einem Jahr die Pläne Dobrindts in einem Prüfbericht kritisiert. Das Ministerium sei den Hinweisen schon damals „nur in einigen Punkten“ gefolgt, heißt es im Schreiben an den Bundestag.

Künftig soll sich der Konzern an allen Projektkosten beteiligen

Verkehrs- und Haushaltsausschuss des Parlaments tagen in dieser Woche zum letzten Mal vor der Bundestagswahl. Auch dort ist der Unmut groß. Der Bundestag sei erst unmittelbar vor Unterzeichnung des neuen Vertrags mit der Bahn informiert und die Kritik des Rechnungshofs „völlig ignoriert“ worden, kritisiert der Bahnexperte der Grünen im Verkehrsausschuss, Matthias Gastel. Zwar sei begrüßenswert, dass die Koalition die Missstände bei den Bedarfsplanprojekten der Bahn registriere und abstellen wolle. Dabei mache die Regierung aber „gleich die nächsten folgenschweren Fehler“.

Enak Ferlemann (CDU), Staatssekretär im Verkehrsministerium, beklagt zudem „Fehlanreize“ im bisher praktizierten System, wie die Plankostenpauschale von 18 Prozent der Bausumme für den Konzern. Das führe dazu, dass die Bahn als Bauherr die Planungskosten zunächst „auf Kosten der Planungsqualität“ reduziere und später über Baukostensteigerungen refinanziere. Künftig soll sich der Konzern deshalb an allen Projektkosten beteiligen. „Damit ist erstmals ein Systemanreiz gegeben, Baukostensteigerungen zu vermeiden“, so der Staatssekretär.

Ein nicht näher definierter „Aufwand“

Der Rechnungshof ist davon nicht überzeugt und kritisiert, dass der Konzern künftig neben den Investitionen auch einen nicht näher definierten „Aufwand“ ersetzt bekommen soll. Die BUV stehe insoweit „nicht in Einklang mit dem Gesetz“, warnen die Prüfer vor möglichen Klagen. Zudem könne die Bahn konzernintern Aufträge ohne Ausschreibung für bis zu 25 Prozent über marktüblichen Preisen vergeben. Und nur bei schwerwiegenden Verstößen gegen Vergaberegeln könne der Bund höchstens zehn Prozent des Auftragsvolumens zurückfordern.

Als Konsequenz aus den bisherigen schlechten Erfahrungen fordert Gastel die klare Trennung von Netz und Betrieb: „Ansonsten wird die gewinnorientierte Deutsche Bahn auch weiterhin mit der Infrastruktur Gewinne machen – anstatt das Netz auszubauen und in einem guten Zustand zu halten.“