Mehr Geld für weniger Standorte: Die Landesregierung setzt auf große zentrale Kliniken und nimmt dafür Mittel in Rekordhöhe in die Hand. 2017 fließen 525 Millionen Euro für die stationäre Versorgung. Kleinere Standorte werden das Nachsehen haben.

Stuttgart - Laut dem am Dienstag vom Kabinett beschlossenen Krankenhausbauprogramm investiert das Land Baden-Württemberg im laufenden Jahr 525,5 Millionen Euro in die Kliniklandschaft. 461,7 Millionen bringt es selbst auf, der Bund gibt 63,8 Millionen Euro aus dem auch als Abwrackprämie bekannten Krankenhausstrukturfonds dazu.

 

Das Geld wird auf 17 Standorte im ganzen Land verteilt und ermöglicht Neu- sowie Umbauten. Größte Nutznießer sind das Städtische Klinikum Karlsruhe, die SLS Kliniken Heilbronn Gesundbrunnen und die Sana Kliniken Landkreis Biberach.

Nicht jedes Krankenhaus soll erhalten werden

Mit der Rekordinvestition stütze das Land den „notwendigen Strukturwandel“ für eine „bestmögliche Versorgung“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in Stuttgart. In der Logik dieses Konzepts liege es, dass man „nicht jedes Krankenhaus erhalten“ könne. Nur moderne Standorte mit hohen Patientenzahlen hätten eine Zukunft, so Kretschmann. Er machte damit klar, dass nicht alle der heute rund 250 Standorte im Südwesten überleben werden.

Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) betonte, die Menschen müssten sich keine Sorgen machen. Die ambulante medizinische Erstversorgung bleibe gesichert, auch wenn Krankenhäuser schließen müssen. An ihrer Stelle würden vor Ort beispielsweise Tageskliniken oder Medizinische Versorgungszentren in der Regie niedergelassener Ärzte treten. Sie könnten sektorenübergreifend mit weiteren Gesundheitsdienstleistern zusammenarbeiten.

Konzentration auf zentrale Klinikstandorte

„Kirchturmdenken“ habe zu lange die Kliniklandschaft auch im Südwesten geprägt, kritisierte Lucha. Damit müsse es nun ein Ende haben. Ein Konzentrationsprozess hin zu größeren und leistungsfähigeren Kliniken sei unabdingbar. Diesen Prozess wolle das Land auch in den kommenden Jahren mit vergleichbar hohen Summen wie 2017 unterstützen.

Lucha kündigte in diesem Zusammenhang an, die Förderkriterien für die Landeskrankenhausplanung weiter zu schärfen. Vorhandene Mittel sollten künftig „so effizient und zielgerichtet wie möglich“ eingesetzt werden. „Wir müssen weg vom Gießkannenprinzip“, mahnte der Grünen-Politiker.

Die Medizin werde immer ausgefeilter und komplexer, Ärzte arbeiteten immer spezialisierter. Entsprechende Angebote seien heute nur noch an zentralen Klinikstandorten möglich, sagte Lucha. Er versprach: Durch die Konzentration von medizinischem Wissen werde „die Versorgungsqualität der Menschen erheblich verbessert“.

Druck auf „Feld-, Wald- und Wiesen-Krankenhäuser“

Neben den Vorhaben in Karlsruhe, Heilbonn und im Landkreis Biberach sieht das Landeskrankenhausbauprogramm 2017 die Förderung von dringenden Bauprojekten auch in Bad Mergentheim, Baden-Baden, Freiburg, Öhringen, Rastatt, Ravensburg, Reutlingen, Schwäbisch Hall und Weinheim vor. Auch die Landeshauptstadt hat Lucha auf dem Zettel, das Marienhospital erhält 4,5 Millionen Euro für den Umbau der Palliativstation. Dieses Projekt liege ihm besonders am Herzen, sagte der Minister mit Blick auch auf die demografische Entwicklung und das Älterwerden der Bevölkerung im Südwesten.

Von der SPD-Fraktion kam Kritik an Luchas Plänen. Der Minister bleibe hinter früheren Ankündigungen zurück, sagte Gesundheitsexperte Rainer Hinderer. Zwar würden insgesamt mehr Mittel für die Krankenhäuser zur Verfügung gestellt, doch bleibe das Jahreskrankenhausbauprogramm des Landes um über 50 Millionen Euro hinter dem Haushaltsansatz des letzten Jahres zurück.

Bereits am Vortag hatte der Chef der AOK Baden-Württemberg, Christopher Hermann, dem Land vorgeworfen, es drücke beim Umbau der Kliniklandschaft nicht genug aufs Tempo. Grün-Schwarz nehme immer noch zu viel Rücksicht auf „Feld-, Wald- und Wiesen-Krankenhäuser“, so der Chef der größten Krankenkasse im Land. Lucha wollte dies am Dienstag nicht weiter kommentieren. In wesentlichen Punkte stimmer er mit den Positionen Hermanns überein, sagte er.