Seit Jahren wird um die Erneuerung der Sportklinik gerungen. Voriges Jahr hat der Stuttgarter Gemeinderat grünes Licht für einen Neubau am heutigen Standort gegeben. Doch nun ist die Lage wieder offen.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Anfang Januar 2018 ist es zehn Jahre her, dass das Klinikum der Stadt Stuttgart 49 Prozent der renommierten Sportklinik vom Hauptgesellschafter, der Württembergischen Sporthilfe, übernommen hat. Die Aussichten, so schien es, waren glänzend: Die Zahl der behandelten Fälle in der weit über Stuttgart hinaus angesehenen Fachklinik wuchsen kräftig, die Jahresergebnisse lagen stabil im mittleren sechsstelligen Bereich. Mit dem neuen Gesellschafter bot sich die Chance für einen attraktiven Neubau im Neckarpark, dem idealen Ort für eine Einrichtung, deren Ärzte die Sportler im dort gelegenen Olympiastützpunkt medizinisch betreuen.

 

Heute ist die Lage eine völlig andere. Die Baupläne im Neckarpark erwiesen sich bald als nicht finanzierbar, aus erwarteten Kosten von 35 bis 40 Millionen Euro waren mehr als 60 Millionen Euro geworden. So entschloss man sich, den Altbau am heutigen Standort in Bad Cannstatt zu sanieren und durch einen Neubau zu ergänzen. Geschätzte Kosten: 40 bis 50 Millionen Euro. Trotz Vorbehalten im Umfeld und dem Wunsch nach Wohnungsbau an der Stelle gab der Rat dem Projekt voriges Jahr grünes Licht. Doch auch dieser Stand gilt inzwischen nicht mehr als gesichert.

Jahresergebnis deutlich verschlechtert

Nicht nur, dass der Jahresüberschuss der Sportklinik schon 2016 nur noch bei rund 50 000 Euro lag, nach 400 000 Euro in 2015. Seit Beginn des laufenden Jahres schlagen die veränderten Fallpauschalen zu Buche, orthopädische Leistungen werden von den Kassen nun merklich schlechter vergütet. Das trifft die beim Cannstatter Kursaal gelegene Fachklinik für orthopädische Chirurgie, Unfallchirurgie und Sportmedizin. „Die wirtschaftliche Lage hat sich seit Jahresbeginn deutlich verschlechtert“, sagt Volker Munk, der Aufsichtsratsvorsitzende der Sportklinik. Man habe aber „umfangreiche Maßnahmen ergriffen“, vieles „wieder aufgeholt“ und eine „Egalisierung“ der Rückgänge erreicht.

Doch der laufende Betrieb ist das eine, die Zukunftspläne sind das andere. Kann die Sportklinik das vorgesehene Bauprojekt – bei einem Förderanteil des Landes von etwa 50 Prozent und einem Eigenanteil in ähnlicher Höhe – überhaupt noch stemmen? „Bei einem Ergebnis wie in 2016 könnten wir das nicht schultern“, räumt Volker Munk ein. Aus diesem Grund stehen die bisherigen Neubaupläne wieder auf dem Prüfstand. Bis Ende des Jahres, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende, wolle man „eine gute Entscheidungsgrundlage haben“.

Neubaupläne werden neu bewertet

Untersucht wird auch, ob nicht ein Umzug der Sportklinik ans städtische Krankenhaus Bad Cannstatt (KBC) eine Perspektive böte. Dazu muss man wissen: Die Verantwortlichen aufseiten der Württembergischen Sporthilfe haben sich bisher entschieden gegen diesen Weg gewehrt, den das städtische Klinikum auch aus Eigeninteresse schon ins Auge gefasst hatte. Die Haltung des Hauptgesellschafters der Sportklinik war dabei stets von der Sorge geprägt, die Eigenständigkeit der angesehenen Marke könnte verloren gehen. Nun sagt Volker Munk: „Bei dieser Entwicklung muss man bereit sein, alle Alternativen abzuklopfen.“

Munks Stellvertreter im Aufsichtsrat, Stuttgarts Krankenhausbürgermeister Michael Föll (CDU), betont, es handle sich beim möglichen Umzug ans KBC „nur um eine Option unter anderen“. Die Lage der Sportklinik sei „nicht dramatisch“, die aktuelle Entwicklung „durchaus positiv“. Allerdings müsse man die geplanten Baumaßnahmen „im heutigen Kontext neu bewerten“, sagt der im Rathaus auch für die Finanzen zuständige Bürgermeister. Und er hebt hervor: Die jetzigen Überlegungen hätten „nichts mit den damaligen Modellen zutun“. Man prüfe, ob es für die Sportklinik einen Standort am KBC „mit einer eigenen Adresse“ gebe, sagt Föll. Man dürfe die Sportklinik keinesfalls „zu einer orthopädischen Abteilung“ des KBC machen, sonst würde man deren „funktionierendes Geschäftsmodell“ zerstören.

Komfortstation am Standort geplant

In jedem Fall werden noch etliche Jahre vergehen, bis sich die räumliche Situation der Sportklinik grundlegend verbessern wird. Deshalb sind die Gesellschafter sich einig, dass man zügig am alten Standort eine Erneuerung erreichen muss. Die Ausstattung vieler Räume in dem 75-Betten-Haus ist unzureichend, es gibt noch Mehrbettzimmer ohne Dusche. Das zeigen viele Bewertungen von Patienten im Internet, die der medizinischen Leistung in der Sportklinik sehr gute Noten geben, der Unterbringung aber mäßige Zensuren.

„Wir müssen einen Stand wie vergleichbare Häuser in Stuttgart erreichen“, sagt Volker Munk. „Die Patienten haben da ihre Vorstellungen, da müssen wir unbedingt nachziehen.“ Zumal die Sportklinik einen vergleichsweise hohen Anteil an Privatpatienten hat. Deshalb soll bis Ende des Jahres auch geklärt werden, bis wann und zu welchen Kosten eine neue „Komfortstation“ mit 20 Betten gebaut werden kann. Diese wäre, sollte die Sportklinik am jetzigen Standort bleiben, auch ein Vorgriff auf die spätere Sanierung des Altbaus.