Immer wieder haben gewaltige Einschläge die Erde erschüttert. Besonders beeindruckend ist der Krater im südafrikanischen Vredefort. Dort suchen Forscher nach den Spuren des Himmelskörpers.

Stuttgart - Wieder einmal hat sich ein Asteroid der Erde genähert – und ist glücklicherweise vorbeigeflogen. In kosmischen Maßstäben sind die rund 1,2 Millionen Kilometer Abstand, die der Himmelskörper „2004 BL86“ am Montag zur Erde eingehalten hat, ziemlich wenig. Und mit einem Durchmesser von 450 bis 900 Meter ist der Asteroid schon recht groß. Groß genug jedenfalls, um am Ort des Einschlags eine gewaltige Katastrophe auszulösen – wobei Astronomen damit rechnen, dass der Einschlag eines Objekts mit einem Durchmesser ab einem Kilometer globale Auswirkungen nach sich zieht. Allerdings hat unser Planet schon weit heftigere Kollisionen erlebt. Der Durchmesser des Asteroiden, der vor 65 Millionen Jahren auf der heute zu Mexiko gehörenden Halbinsel Yucatan eingeschlagen hat und für das Ende der Dinosaurier verantwortlich gewesen sein soll, wird auf rund zehn Kilometer geschätzt.

 

Der Yucatan-Asteroid ist allerdings nur ein – wenn auch ziemlich schlagkräftiges – Beispiel für die kosmischen Gefahren, denen die Erde seit ihrer Entstehung ausgesetzt ist. Dabei wurden viele Einschläge von Asteroiden erst in den vergangenen Jahrzehnten als kosmische Ereignisse enttarnt. Ein besonders augenfälliges Beispiel ist der Vredefort Dom in der Nähe von Johannesburg. Bis in jüngste Zeit nahmen insbesondere die örtlichen Geologen an, dass die dort vorkommenden eigenartig gebogenen Strukturen und die seltsamen Gesteine vulkanischen Ursprungs sind. Schließlich gibt es bekanntlich kreisrunde Kraterseen und domförmige Vulkankegel.

Bereits 1936 kam allerdings die Idee auf, dass die domförmige Erhebung in der Nähe des Städtchens Vredeburg etwa 120 Kilometer südlich von Johannesburg durch ein kosmisches Ereignis entstanden sein könnten. Nicht zuletzt dank moderner Forschungsmethoden mehrten sich dann in den vergangenen Jahrzehnten die Indizien für diese Theorie, die heute als gesichert angesehen werden kann. 2005 wurden wichtige Teile der durch den Einschlag entstandenen geologischen Formationen zum Weltkulturerbe erklärt.

Der Krater hat einen Durchmesser von 300 Kilometer

Mit einem Durchmesser von etwa 300 Kilometer gilt er derzeit als der größte, sicher identifizierte Einschlagskrater der Welt – er ist doppelt so groß wie der „Dinosaurier-Todeskrater“ in Mexiko. Entstanden ist der Vredefort-Krater vor gut zwei Milliarden Jahren – womit er zugleich der älteste, derzeit bekannte Krater ist.

Um solch ein gewaltiges Loch zu erzeugen, muss der Asteroid wohl zehn Kilometer groß gewesen sein und die Erde mit mehr als 36 000 Kilometer pro Stunde getroffen haben. Der Feuerball, der beim Aufschlag entstand, muss rund 20 000 Grad heiß gewesen sein. Er schlug zunächst ein tiefes Loch in die Erde und presste das Gestein darin nach unten zusammen. Als dieses dann nach ein paar Minuten förmlich zurückfederte, entstand die heute als Vredefort Dom bekannte Formation.

Wie schwierig es allerdings ist, handfeste und allgemein akzeptierte Beweise für den Einschlag eines großen Himmelskörpers auf der Erde zu finden, weiß Roger Gibson aus eigener Erfahrung. Der Geologe von der Johannesburger Witwatersrand-Universität erforscht seit Jahren das Gelände um Vredefort, wobei ihn besonders die mikroskopisch kleinen Deformationen interessieren, die durch die gewaltigen Kräfte des Einschlags in den betroffenen Gesteinen entstanden. Er hat auch andere Asteroidenkrater auf der Welt erkundet. Besonders wichtig ist für die „Einschlagsgeologen“ dabei das Nördlinger Ries am Ostrand der Schwäbischen Alb, weltweit eines der bedeutendsten und am längsten untersuchten kosmischen Forschungsobjekte.

Extraterrestrisches Material ist vorhanden

Die Einschlagsforschung, so berichtet Gibson, habe vor allem durch den Kalten Krieg zwischen USA und Russland wichtige Impulse erhalten. So wurden im Zuge der Atombombentests die dabei entstehenden Schockwellen sowie die Bombenkrater samt ihrer geologischen Strukturen erforscht. Und der Wettlauf zum Mond schloss in den 1960er Jahren auch die Erkundung von Kratern ein. Hinzu kamen ballistische Tests, bei denen die Spuren erforscht wurden, die sehr schnelle Geschosse beim Einschlag hinterlassen.

Im Vergleich zu den kosmischen Einschlägen kommen die bei Tests und Experimenten gewonnenen Erkenntnisse indes bald an ihre Grenzen: „Alles was wir daraus schließen können, ist eine Projektion von klein auf groß“, räumt Gibson ein. Es sei unmöglich, die bei einem Einschlag wirkenden gewaltigen Kräfte, Drücke und Temperaturen und damit die Folgen für die lokalen Formationen bis hin zum Schmelzen und Verdampfen von Gestein experimentell zu simulieren.

Inzwischen sind sich die Forscher sogar sicher, Spuren des vor zwei Milliarden Jahren auf die Erde aufgetroffenen und dabei weitgehend verdampften Asteroiden gefunden zu haben – und zwar in einem schwarzen Gestein namens Vredefort Granophyr. Es entstand, als die Erde durch den Einschlag schmolz und in die unter dem Krater gelegenen Felsspalten floss. Später wurde es teilweise wieder nach oben gedrückt. In diesem Granophyr lässt unter anderem das Verhältnis bestimmter Osmium-Isotope darauf schließen, dass er zu einem wenn auch äußert geringen Prozentsatz extraterrestrisches Material enthält.

Seit Juli 2012 droht dem Vredefort-Krater allerdings ernsthafte Konkurrenz. Damals veröffentlichte ein internationales Forscherteam eine Studie über eine mögliche Einschlagsformation in der Nähe des grönländischen Ortes Maniitsoq. Der dortige Einschlag könnte sich vor rund drei Milliarden Jahren ereignet haben und einen 500 bis 600 Kilometer großen Krater verursacht haben. Noch ist dies aber nicht sicher nachgewiesen.

Bedrohung aus dem Weltall

Gesteinsbrocken
Der jetzt an der Erde vorbeigeflogene Asteroid 2004 BL 86 ist ein Überbleibsel aus der Zeit, in der auch unsere Erde entstanden ist. Bisher wurden mehr als 12 000 dieser erdnahen Himmelskörper entdeckt. Manche von ihnen können der Erde recht nahe kommen.

Einschläge
Immer wieder sind in der Vergangenheit größere Asteroiden auf der Erde aufgeschlagen – mit manchmal katastrophalen Folgen. Viele Krater wurden erst in den vergangenen Jahrzehnten als solche erkannt. Erst kürzlich berichteten Forscher des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven über eine bisher unbekannte, zwei bis drei Kilometer große ringförmige Struktur in der Antarktis. Dabei könnte es sich um einen kosmischen Einschlag handeln. Es könnte aber auch sein, dass sich an dieser Stelle ein Hohlraum unter dem Eis gebildet hatte, der nun eingestürzt ist