Olaf Scholz verglich die Ausrichtung des G20-Gipfels mit der des Hafengeburtstags. Nach zwei Krawallnächten fliegt ihm das nun um die Ohren. Die Zweifel wachsen, ob die Großstadt ein geeigneter Ort für den Gipfel ist.

Hamburg - Nach der zweiten Nacht mit schweren Krawallen am Rande G20-Gipfels gerät Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) unter Druck. Hamburgs CDU-Oppositionschef André Trepoll warf Scholz am Samstag vor, bei der Einschätzung der Sicherheitslage rund um das Treffen versagt zu haben. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verteidigte die Entscheidung der Bundesregierung, den G20-Gipfel im Zentrum der Millionenstadt abzuhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Gewalt bereits am Freitag scharf kritisiert.

 

Scholz zeigte sich besorgt über die Ausschreitungen. „Ich appelliere an die Gewalttäter, mit ihrem Tun aufzuhören und sich zurückzuziehen und die Gewalttaten nicht mehr zu verüben, sondern ein friedliches Miteinander in dieser Stadt weiterhin möglich zu machen“, sagte er. „Ich bin sehr besorgt über die Zerstörungen, die stattgefunden haben. Ich bin bedrückt über das, was viele zu ertragen haben.“

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Oppositionschef Trepoll kritisierte, die Lagebewertung des rot-grünen Senats habe sich als völlig falsch erwiesen. „Wie kam es zu der Einschätzung, man könne den Gipfel mit dem Hafengeburtstag gleichsetzen?“ Scholz müsse sich dazu kommende Woche erklären. Scholz hatte im Juni gesagt: „Wir richten ja auch jährlich den Hafengeburtstag aus. Es wird Leute geben, die sich am 9. Juli wundern werden, dass der Gipfel schon vorbei ist.“

Der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl kritisierte die Entscheidung der Bundesregierung, das Spitzentreffen in die Hansestadt zu vergeben. „Man hätte den G20-Gipfel nie in einer Millionenstadt wie Hamburg veranstalten dürfen. Die Sicherheitslage ist dort viel zu schwer zu kontrollieren“, sagte er der „Bild“-Zeitung.

Forderungen nach Konsequenzen werden laut

Schäuble sagte dagegen am Freitagabend in den ARD-„Tagesthemen“, eine Großveranstaltung wie der G20-Gipfel könne nur in einer Großstadt stattfinden. Wenn man Teilnehmer und Medienvertreter zusammenrechne, sei man bei 10 000 Menschen, sagte der CDU-Politiker. „Die müssen untergebracht werden. Und das geht ja nur in einer großen Stadt, die die entsprechenden Kapazitäten hat.“

Nach den Gewaltexzessen wurden Forderungen nach Konsequenzen laut. Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster verlangte die Schließung bekannter Zentren der linken Szene. „Linke Zentren wie die „Rote Flora“ in Hamburg oder die Rigaer Straße in Berlin müssen konsequent dichtgemacht werden“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Samstag).

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Schuster kritisierte das Vorgehen der Justiz. „Die Justiz muss sich fragen lassen, ob angesichts der schon im Vorfeld klar erkennbaren Gewaltneigung nicht stärker von Versammlungsauflagen und -verboten hätte Gebrauch gemacht werden müssen“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Er verlangte ein konsequentes Vorgehen gegen die Randalierer: „Ich hoffe auf sehr harte Strafen und Haftung der Festgenommenen, ohne dass die morgen wieder auf freiem Fuß sind.“

Schuster wies „angesichts dieser fast schon terroristischen Gewaltorgien“ Kritik an der Polizei zurück. „Politische Verharmlosung des Linksextremismus durch SPD, Grüne und Linke hat Autonome, schwarze Blöcke und das Schanzenviertel in Hamburg erst kultiviert.“ Das Versagen liege nicht in der Auswahl von Hamburg als G20-Standort oder bei der Polizei, deren Einsatzhaltung der frühere langjährige Bundespolizist als folgerichtig verteidigte.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sprach im Zusammenhang mit den Ausschreitungen in Hamburg von „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“. „Verantwortlich sind jene, die viel zu oft verharmlosend „Aktivisten“ genannt werden und die unter dem Vorwand eines politischen Engagements ihrer kriminellen Energie freien Lauf lassen“, sagte der Bundestagsabgeordnete am Samstag der Deutschen Presse-Agentur.

Polizei rechnet aus am Samstag mit gewaltsamen Protesten

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn nannte die militanten Demonstranten „Linksfaschisten“. Das CDU-Präsidiumsmitglied übte auf seiner Facebook-Seite zugleich Kritik an der aus seiner Sicht zu unkritischen Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über die Gewalttäter.

Die Organisatoren der Demonstration „Grenzenlose Solidarität statt G20“ lehnten eine Distanzierung von den Gewaltexzessen im Hamburger Schanzenviertel in der Nacht zu Samstag ab. Nach der zweiten heftigen Krawallnacht in Hamburg rechnete die Polizei auch zum Abschluss des G20-Gipfels am Samstag mit gewaltsamen Protesten.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz nahm die Polizei beim G20-Gipfel gegen Kritik in Schutz. Es sei „unerhört und populistisch, wenn einige Politiker der Polizei vorwerfen, sie wäre für die Ausschreitungen von Linksautonomen mitverantwortlich“, sagte Sachsens Ressortchef Markus Ulbig (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. Er verurteilte die „sinnlose Gewalt und Zerstörungswut, diese menschenverachtenden Angriffe auf Polizisten“ aufs Schärfste.