Kunst, Design, Handwerk: Das kreative Netzwerk Schätze des Westens lädt zum Tag der offenen Tür ein. Dabei geht es auch zu Orten, die der „Westler“ sonst eher nicht kennt.

Stuttgart - Versteckte Hinterhofateliers, kleine Läden in Seitengassen, Werkstätten, deren Türen fürs Publikum sonst verschlossen sind – an diesem Samstag laden die „Schätze des Westens“ wieder zu einer Entdeckungstour durch den Bezirk ein. Was vor 13 Jahren mit einer Handvoll Künstler, Designer und Handwerker begonnen hat, hat sich zu einem großen Tag der offenen Tür entwickelt. In diesem Jahr stehen 40 Teilnehmer auf dem Programm – ein kleiner Handzettel wie in den Anfangszeiten reicht zur Werbung schon lange nicht mehr aus. Kreative präsentieren an diesem Tag ihre Werke und Produkte. Erstmals gibt es mit „Tafelfreuden“ ein Motto, an dem sich viele Teilnehmer orientieren. Heißt: Das Thema ist in diesem Jahr alles, was mit Essen zu tun hat.

 

Ins Leben gerufen haben die Veranstaltung Susanne Klotz und Anne Weiss, damals beide im Vogelsangatelier einquartiert. Karina Payk kam 2006 ins Vogelsangatelier und ist seit 2009 für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. „Wir möchten allen Stuttgartern, aber vor allem den West-Bewohnern zeigen, wie viel Kreativität in unserem Bezirk steckt“, sagt sie. „Viele sind immer auf den üblichen Wegen unterwegs und kennen ihren eigenen Stadtteil gar nicht. Das wollen wir mit dem Tag der offenen Tür ändern.“ Auch im Stuttgarter Süden haben sich Kreative zusammengeschlossen. „Sterne des Südens“ heißt das Pendant im Lehenviertel, das schon seit 15 Jahren existiert.

Kreatives Netzwerk im Stuttgarter Westen

Die „Schätze des Westens“ verstehen sich als kreatives Netzwerk. „Wir sind inzwischen eine etablierte Kraft im Bezirk. Als Künstler- und Handwerkverbund sind schon viele schöne Kooperationen entstanden“, sagt Karina Payk.

Ganz neu dabei ist in diesem Jahr die Textildesignerin Nanna Aspholm-Flik. Ihr Atelier Nanna Textiles ist einer dieser Schätze, der am Samstag Einblick gewährt. Nur wer genau hinschaut, entdeckt ihr Atelier von der Straße aus, mit schmalen Fenstern, die einen Blick in das Souterrain des historischen Hauses an der Claudiusstraße freigeben. Der Eingang befindet sich im Hinterhof versteckt.

Handarbeit ist wieder Trend

Die gebürtige Finnin ist seit knapp einem Jahr mit ihrer Atelierwerkstatt im Westen, hat aus den dunklen Räumen durch viel Renovierungsarbeit einiges herausgeholt. Die 52-Jährige hat in den USA Sinologie studiert, war später unter anderem in China und Japan tätig und hat einige Jahre später schließlich Textildesign an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studiert. Im vergangenen Jahr hat sie ihr Diplom gemacht. Seither macht sie Textilworkshops in ihrem Atelier. Es wird gewebt, gestickt und gedruckt. Wichtig: „Es wird nicht gebastelt!“ Aspholm-Flik nimmt ihr Handwerk ernst, unterfüttert die Kurse mit reichlich kulturhistorischem Wissen. „Bei mir soll beides zusammenkommen – Kunsthandwerk und Wissenschaft“, sagt sie. Techniken vermitteln und diese damit erhalten sei ihr Anspruch.

Ein Trend in diese Richtung ist seit Langem zu spüren. Immer mehr junge Menschen interessieren sich für Handarbeit, in Kneipen wird gestrickt, in Cafés gemeinsam Makramee geknüpft. Gerade kommt Aspholm-Flik von einer zweimonatigen Textilrecherche-Reise aus Japan zurück. Dort hat sie unter anderem mit einer 96 Jahre alten Textildesignerin Bananenfasern zu Garn verarbeitet – von der Ernte bis zum fertigen Produkt. Im Rahmen einer Japan-Ausstellung hat die Designerin Textilfärbekurse angeboten, die allesamt ausgebucht waren. Bei den „Schätzen des Westens“ darf bei ihr geschnuppert werden: „Ich habe keinen Laden, sondern eine Werkstatt. Es gibt sonst nur wenige, die sich außerhalb der Kurse hereintrauen.“

Stuttgarter Labels im Laden

Diese Hürde besteht bei Annas Kaufladencafé nicht. Die Lage allerdings zieht kaum Laufkundschaft an. Versteckt an der Breitscheidstraße in Richtung Bosch-Areal gelegen, verkaufen Caroline Goeser und Nanette Föhr Designartikel, Mode und Schmuck. „Veranstaltungen wie diese sind für uns toll, um noch bekannter zu werden“, sagt Föhr. Die Architektin hat den Laden mit integriertem Café vor sechs Jahren eröffnet. Die Goldschmiedin Goeser ist später eingestiegen. In ihrem Laden verkaufen sie Produkte internationaler Labels, aber auch vieler Stuttgarter.

Viermal im Jahr veranstalten sie außerdem Konzerte. Das Motto der „Schätze des Westens“ interpretieren sie ganz eigen: Sie veranstalten einen kleinen Flohmarkt, bei dem es Requisiten ihres Ladencafés zu kaufen gibt – Stühle, Geschirr oder Lampen.