Die Stadt Stuttgart stellt mit einem Kredit von 475.000 Euro sicher, dass das neue Varieté am Pragsattel wie geplant zum 4. Dezember seinen Betrieb aufnehmen kann.

Stuttgart - Ende gut, alles gut? Zumindest die Varieté-Macher im Zuschauerraum des kleinen Sitzungssaals im Stuttgarter Rathaus dürften am Mittwoch aufgeatmet haben. Durch den einstimmigen Beschluss des Verwaltungsausschusses, nochmals einen einmaligen Sonderzuschuss von 145 000 Euro „zum Ausgleich besonderer Belastungen“ im Jahr 2014 sowie ein Darlehen von weiteren 475 000 Euro zu gewähren, ist die Premiere des Varietés am neuen Standort am Pragsattel gesichert.

 

Wer freilich genauer hingehört hat, dem sind auch kritische Untertöne und Anflüge schlechten Gewissens nicht entgangen. „Wir sind alle auf den Erfolg des Varietés angewiesen“, sagte der CDU-Stadtrat Jürgen Sauer, einer der größten Unterstützer des Unterhaltungstheaters im Stuttgarter Rathaus. Er verwies auf die „Leidensgeschichte“ des Privattheaters, das 2013 vom bisherigen Hauptsponsor, der landeseigenen L-Bank, aus der bisherigen Spielstätte im Friedrichsbau herausgekündigt worden war. Gleichzeitig wünschte er dem Team um die Geschäftsführer Gabriele Frenzel und Timo Steinhauer „alles Gute“.

Hilfe soll keine Blaupause für andere Einrichtungen sein

Ebenfalls alles Gute hieß es von Seiten der Grünen. Deren kulturpolitischer Sprecher Andreas Winter nannte das Varieté eine „wichtige Facette der Stuttgarter Kulturlandschaft“. Die Kostensteigerungen, die nun zu dem städtischen Darlehen geführt haben, seien zwar ärgerlich. Er befürchte aber nicht, dass mit der Unterstützung zur Rettung des Spielbetriebs ein „Präzedenzfall“ für andere Kultureinrichtungen geschaffen werde, die ebenfalls Finanzbedarf haben.

Auch der SPD-Stadtrat Hans Pfeifer erklärte, man habe bereits in den Etatberatungen ein Rettungspaket geschnürt: „Wer damals A gesagt hat, muss heute auch B sagen“, so Pfeifer. Er warnte aber auch davor, „dass uns die Finanzhilfe fürs Varieté von anderen Einrichtungen aus der Kulturszene vorgehalten wird.“ Rose von Stein (Freie Wähler) betonte die Einmaligkeit des Hilfspakets, und Bernd Klingler (FDP) erinnerte daran, dass die Finanzplanung für die neue Spielstätte beim Theaterhaus schon immer „sehr ambitioniert“ gewesen sei. Der AfD-Stadtrat Lothar Maier sagte, die Rettung des Varietés mit städtischem Geld dürfe nicht zur Blaupause für ähnliche Fälle werden.

Kämmerer Föll: Ende der Fahnenstange ist erreicht

Der Kredit aus der Stadtkasse wird für zwei Jahre von Zins und Tilgung befreit, 2016 will sich der Finanzbürgermeister Michael Föll mit den Machern über die Rückzahlungsmodalitäten unterhalten. Föll machte freilich auch deutlich, dass er nicht bereit ist, weitere finanzielle Nöte des Varietés auszugleichen: „Das Ende der Fahnenstange ist erreicht.“ Mit ihm als Stadtkämmerer sei auch keine dauerhafte finanzielle Hilfe oder gar ein kommunales Varieté zu machen. Zugleich zeigte sich Föll zuversichtlich, dass das Varieté in der neuen Spielstätte – einem Fertigbau aus Holz und Betonteilen – rentabel wirtschaften könne und durch Eintrittserlöse und Drittvermietung in die Lage versetzt werde, den Kredit in zwei Jahren sukzessive zurückzuzahlen – „so unerfreulich das Ganze auch ist“.

Sollten sich diese Erwartungen nicht erfüllen, muss die Stadt ihren Kredit abschreiben. Damit wären mit dem bereits im Doppelhaushalt bewilligten Baukostenzuschuss von 450 000 Euro über eine Million Euro an städtischem Geld in die Rettung des Unterhaltungstheaters geflossen. Hinzu kommt eine Ausfallbürgschaft der Stadt von einer Million Euro für einen Bankkredit sowie die pachtfreie Überlassung des Baugrundstücks für fünf Jahre – Summen und Vergünstigungen, die bei anderen, finanziell darbenden Kultureinrichtungen Begehrlichkeiten wecken könnten. Doch weil das traditionsreiche Friedrichsbau-Varieté andernfalls insolvent gewesen wäre, haben die Stadträte am Mittwoch allesamt beide Augen zugedrückt. Der Eröffnung am 4. Dezember steht nun nichts mehr im Weg.