Junge Leute werden von den Unternehmen regelrecht umworben. Am. 1. September beginnt das neue Ausbildungsjahr, doch viele Stellen sind noch unbesetzt.

Kreis Böblingen - Keine zehn Tage mehr, dann beginnt das neue Ausbildungsjahr. „Bei uns trudeln noch täglich neue Ausbildungsverträge ins Haus“, sagt Tilo Ambacher, der Pressesprecher der Böblinger Kammer der Industrie- und Handelskammer (IHK). Der Trend gehe seit einigen Jahren eindeutig zu eher kurzfristigen Abschlüssen. Die IHK reagiert darauf mit ihrem Speed-Dating. Im Juni lud sie erneut Last-minute-Bewerber und Unternehmen, die noch freie Ausbildungsplätze haben, zu einem kurzen gegenseitigen Kennenlernen ein. „Etwa 70 Jugendliche haben dies genutzt und elf Firmen“, berichtet Tilo Ambacher. „Und es gab im Nachgang einige Vertragsabschlüsse.“

 

Doch noch immer suchen viele Firmen händeringend Nachwuchs. „Besonders viele freie Stellen gibt es im Einzelhandel und in der Gastronomie“, sagt Ambacher. „Wir haben vier Plätze für Bäckereifachverkäuferinnen und konnten in diesem Jahr keine davon besetzen“, klagt auch Katharina Fischer, die Chefin der Bäckerei Treiber mit Sitz in Steinenbronn und mehreren Filialen in der Region. In fünf Berufen bildet das Unternehmen aus: Bäcker, Konditoren, Fachkräfte für die System-Gastronomie, Bürokaufleute und Bäckerei-Fachverkäufer. Drei junge Leute beginnen am 1. September ihre Lehre. Sieben Auszubildende hat Treiber dann insgesamt. Doch acht weitere würde Katharina Fischer gerne einstellen. „Wir finden nicht genügend Leute, obwohl wir übertariflich bezahlen.“

Gefragt sind Fachkräfte für Sanitär- und Klimatechnik

Noch viele freie Stellen meldet auch die Handwerkskammer. Besonders gefragt sind in der Region Stuttgart Anlagemechaniker für Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik (107 offene Ausbildungsellen), gefolgt von Elektronikern (66 Stellen) und Fachverkäufern in Bäckereien und Metzgereien (64 Stellen). Am beliebtesten sei bei jungen Leuten der Beruf des Kraftfahrzeug-Mechatronikers, sagt Alexandra Jahnke von der Handwerkskammer. Trotzdem verzeichnet sie auch hier momentan noch 38 freie Plätze.

Vor allem in den Handwerksberufen steigen oft auch junge Flüchtlinge ein. „Unser afghanischer Lehrling Bashir macht sich sehr gut, besser als mancher Deutscher“, schwärmt der Herrenberger Ofenbauer Traugott Binder über seinen Lehrling, der nun ins zweite Ausbildungsjahr kommt. Probleme bereitet dem Chef aber der unsichere Rechtsstaus des 20-Jährigen, dessen Asylantrag abgelehnt wurde. Darüber klagen viele Handwerker. „Wir müssen fürchten, dass unsere Lehrlinge abgeschoben werden“, sagt der Herrenberger Unternehmer Achim Gack .

Daimler zieht noch immer

Anders als kleine Betriebe leidet das Sindelfinger Mercedes-Benz-Werk nicht an einem Bewerbemangel. Eine Ausbildung „beim Daimler“ steht bei jungen Leuten nach wie vor hoch im Kurs. Am 1. September beginnen mehr als 200 Leute neu ihre Ausbildung beim Autobauer – in ganz unterschiedlichen Berufen: vom Polsterer bis zu Studenten der Betriebswirtschaft in dualen Studiengängen. Rund 850 Leute befinden sich pro Jahr im bundesweit größten Daimler-Standort in Ausbildung.

Beliebt sind auch Karrieren im Öffentlichen Dienst. Dort gibt es eine Vielzahl von Ausbildungsgängen. Sie reicht vom Bademeister, korrekt Fachkraft für Bädertechnik, über Fachinformatiker bis hin zu Straßenwärtern. Und natürlich werden viele Verwaltungsfachleute gebraucht. Im Böblinger Landratsamt beginnen 15 neue Mitarbeiter, insgesamt 45 Auszubildende gibt es dann. Bei der Stadt Sindelfingen starten 46 neu, in Böblingen 38 und in Herrenberg 20 junge Menschen ihre Ausbildung.

Immer schwieriger wird es für den Klinikverbund Südwest, geeigneten Nachwuchs zu finden. 335 Schüler erlernen an der verbundseigenen Schule in Böblingen zurzeit den Beruf des Gesundheits- und Krankenpflegers, des Kinderkrankenpflegers oder des Operationstechnischen Assistenten. Zudem absolvieren 15 junge Leute ihren Praxisanteile für ihr Studium der Gesundheitswissenschaften.