Die Suche wird auf 22 Standorte ausgedehnt. Zehn davon liegen im oder an der Grenze zum Altkreis.

Kreis Böblingen - Die einen wollen entspannt abwarten, bei den anderen kocht der Ärger gerade erst hoch – die Reaktionen in den Altkreis-Kommunen auf die Entscheidung, bei der Standortsuche für eine neue Erddeponie einen Schritt zurückzugehen, fallen geteilt aus. Der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistages hatte in seiner jüngsten Sitzung dafür gestimmt, sich nicht nur auf die „Top 5“ der infrage kommenden Flächen zu konzentrieren, sondern auf den Stand von vor zwei Jahren zurückzugehen. Damit sollen jetzt 22 statt fünf Flächen gutachterlich untersucht werden (wir berichteten).

 

Kreistag diskutiert am Montag

Zudem solle nochmals geprüft werden, wie viel Bauschutt und Erdaushub allein im Kreis Böblingen tatsächlich anfallen und ob auch ein kleinerer oder mehrere kleinere Standorte möglich sind. Der Beschluss, der insgesamt acht Punkte umfasst, muss heute noch vom Böblinger Kreistag bestätigt werden (15 Uhr). Eine weitere Diskussion in der in den vergangenen Wochen bereits hitzig geführten Debatte ist zu erwarten. Zwar sehen alle Kommunen und Kommunalpolitiker die dringende Notwendigkeit für eine Deponie. Auf seinem Gebiet will sie aber keiner haben.

Ein Ingenieurbüro sowie die Fachbehörden im Landratsamt und beim Abfallwirtschaftsbetrieb haben auf einen Kreistagsbeschluss hin zwei Jahre lang mögliche Flächen gesucht und bewertet. Aus am Ende fünf Arealen bei Gebersheim, Weissach, Ehningen sowie zwei in Sindelfingen werden nun 22 potenzielle Flächen, davon zehn im oder an der Grenze zum Altkreis.

Kritik aus Renningen und Weil der Stadt

Erstmals mit der Thematik konfrontiert sind Weil der Stadt und Renningen. „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass – so geht das nicht“, kritisiert der Renninger Schultes Wolfgang Faißt die bisherige Debatte und verweist auf die kommunale Solidargemeinschaft. „Wir hatten in Renningen jahrzehntelang Deponien. Der ganze Dreck des Daimler-Ausbaus in Sindelfingen ist bei uns gelandet“, sagt Faißt. Außerdem gebe es an der Grenze zu Magstadt noch einen Steinbruch, der bald verfüllt werden müsse.

Dass das Thema Deponie jetzt nochmals von vorne aufgerollt wird, kritisiert der Weil der Städter Bürgermeister Thilo Schreiber. „Es bleibt bei mir die Frage, ob eine politische Lösung überhaupt möglich ist, wenn Politiker zu viel mitreden“, sagt er. Dennoch werde sich sein Gemeinderat der Diskussion stellen.

Rutesheim bleibt gelassen

Der Rutesheimer Bürgermeister hatte das Thema Deponie bereits zu den Akten gelegt, so unwahrscheinlich schien es ihm, dass der Gebersheimer Standort realisiert würde. Dieser müsste über Rutesheimer Gemarkung angeliefert werden. Doch nun ist ein Rutesheimer Gebiet entlang der Autobahn im Rennen. „Der Standort soll ruhig untersucht werden. Es ist gut, dass der Kreis wieder weiter gezogen wird“, meint Dieter Hofmann. Erst wenn das Gutachten vorliege, wolle man sich mit dem Thema befassen. „Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, sagt Hofmann.

Schuler will neue Bewertung

Auch der Leonberger Oberbürgermeister Bernhard Schuler bewertet die Entwicklung positiv. „Es eröffnet die Chance, die Kriterien neu zu justieren und die Frage der Wegebeziehungen, der Entlastung des Straßennetzes von unnötigem Lkw-Verkehr und den damit ausgelösten Umweltbelastungen stärker zu gewichten“, sagt Bernhard Schuler, der weiterhin mehr Punkte sieht, die gegen den am Kreisrand gelegenen Standort Gebersheim sprechen.

Generell befürworten die Bürgermeister eine zentral im Kreis gelegene Deponie. Aus diesem Grund findet Daniel Töpfer die beiden Weissacher Standorte auch „völlig deplatziert“. Der Weissacher Schultes wünscht sich, bei der Suche den Fokus mehr auf vorhandene (Alt-)Deponien und Steinbrüche zu legen. In letzteren darf aber nur unbelastete Erde aufgeschüttet werden. Bei zwei kleineren Deponien befürchtet Töpfer, dass diese nicht wirtschaftlich sind. „Auch glaube ich nicht, dass zwei Standorte zu einer höheren Akzeptanz führen, da es keinen Standort gibt, der keine Belange tangiert“, meint der Bürgermeister.

Das sind die Standorte im Altkreis

Leonberg
Neben dem bisher bekannten Gelände bei Gebersheim, an der Grenze zu Rutesheim, sind nun drei weitere Flächen wieder „im Rennen“. Eines südlich von Warmbronn und nördlich von Magstadt sowie zwei zwischen Autobahn und Mahdental. Eines davon grenzt direkt an die frühere Erddeponie an, auf der heute die Vergärungsanlage steht, das andere befindet sich oberhalb der Mahdentalsiedlung. Auch die frühere Kreismülldeponie ist offiziell wieder im Rennen, wobei diese in den kommenden Jahren abgedichtet werden soll. Außerdem befinden sich teilweise auf dem Gebiet und teilweise angrenzend Biotope für seltene Tiere und Pflanzen.

Weissach
Neben dem bereits bekannten Gelände nordwestlich von Weissach, an der Grenze zu Mönsheim, ist das kombinierte Areal mit dem Abfallwirtschaftsbetrieb im Kreis Ludwigsburg bei Hemmingen wieder dabei.

Weil der Stadt
In der Liste der 22 zu untersuchenden Standorte befinden sich drei Flächen östlich oder südöstlich von Weil der Stadt, nördlich von Grafenau.

Rutesheim
Zur Stadt gehört eine kleine Enklave im Enzkreis. Die infrage kommende Fläche liegt direkt südlich des Autobahnparkplatzes Heimsheim.

Renningen
Das infrage kommende Areal liegt nordöstlich von Malmsheim, an der Grenze zu Heimsheim.

Standorte
Gibt der Kreistag heute grünes Licht, werden alle 22 möglichen Flächen gutachterlich untersucht. Ermittelt wurden zunächst 78 Standorte in einem Ausschlussverfahren. Diese wurden anhand von Kriterien wie Verkehrsanbindung, Nachbarschaft, Form und Größe der Fläche bewertet. Übrig blieben 20 Areale. Die Deponie Leonberg und das Gebiet mit dem AVL wurden auf Wunsch des Kreistagsausschusses dazugenommen. Anschließend bewerteten die Fachämter Fragen des Natur- und Artenschutzes, der Wald- und Bodenqualität.

Alle Dokumente gibt es im Kreistagsinformationssystem auf www.lrabb.de