Bisweilen geht es gegen Ende des Jahres im Kreisparlament zu wie auf einem orientalischen Basar, auf dem wild gehandelt wird. Klar ist: Bis auf FDP und Linke wollen alle Fraktionen die Kreisumlage deutlich unter die vom Landrat geforderten 39,9 Prozent drücken.

Kreis Böblingen - Bisweilen geht es gegen Ende des Jahres im Kreisparlament zu wie auf einem orientalischen Basar, auf dem wild gehandelt wird. Die Zahlen in diesem Jahr zur Auswahl: 39,9 Prozent Kreisumlage (fordert der Landrat), 39,4 Prozent (wollen die Grünen), 39,0 Prozent (möchten CDU und SPD) und gar 38,8 Prozent die Freien Wähler. Es geht um den Anteil der Steuereinnahmen, den die Kommunen ans Landratsamt abführen müssen – der ungeliebte Zehnt an den Landrat.

 

Mal wieder ganz vorne dabei ist die Bürgermeisterfraktion der Freien Wähler. Im vergangenen Jahr hat ausgerechnet die SPD eine noch niedrigere Abgabe als sie gefordert. „Man ärgert sich fast, dass wir dem Antrag der SPD damals nicht zugestimmt haben“, erklärt der Fraktionschef Wilfried Dölker. In einer mit Bibelzitaten gespickten Rede konstatiert der Holzgerlinger Rathauschef: „Wer von den Gemeinden so gut gefüttert wird, setzt gerne Speck an.“

Seine These, der Kreis habe zu viel Geld und könnte gar Rücklagen bilden, untermauert er mit einem detaillierten Antrag. In dem werden mehr Grunderwerbsteuern und Gebühren eingeplant, eine Buslinie nach Ehningen und die Schulsozialarbeit gestrichen – schon kommen 2,5 Millionen Euro Überschuss heraus, bei einer Kreisumlage von 38,8 Prozent. So ähnlich rechnen auch die anderen Fraktionen – verbunden mit dem leisen Tadel, der Kämmerer Richard Sigel plane zu vorsichtig – oder horte gar Geld.

Nur die Linken und die FDP stehen in einer ungewöhnlichen Allianz zum Antrag des Landrats, die Kreisumlage auf 39,9 Prozent zu setzen. „Wir sehen keinen Spielraum im Kreishaushalt“, erklärt etwa Heiderose Berroth (FDP). Nun beginnt also die Feilscherei bis zur endgültigen Abstimmung am 17. Dezember.

Wie sieht es mit den großen Themen der Kreispolitik aus? Bei den Krankenhäusern bekennen sich alle Fraktionen zum Neubau auf dem Flugfeld, nur die Linke Brigitte Ostmeyer spricht von vielen offenen Fragen und warnt vor einem „Böblingen 21“. Acht Millionen Euro wird voraussichtlich allein das Grundstück kosten – daher fordern nahezu alle Kreisräte, dass der Klinikverbund genau berichtet, was wann wo geplant und organisiert wird. Auch sollen die vielen Aufsichtsrat-Gremien ausgedünnt werden. CDU und SPD stellen dazu Anträge, mehr Geld in der Rücklage zu parken für das Flugfeldklinikum – und die kleinen Häuser Leonberg und Herrenberg zu stärken. Ansonsten wartet man gespannt, ob der große Zuschuss vom Land kommt.

Nichts Neues gibt es bei den beiden Bahnprojekten: Bei der Schönbuchbahn sieht man mit Sorge die Kredite von über 65 Millionen Euro, bei der Hesse-Bahn fordern alle mehr Informationen von Calw. Nur die Linke stellt sich „bedingungslos“ hinter das umstrittene Bahnprojekt zwischen Renningen und Calw.

Eigene Akzente setzen SPD und Grüne bei den Flüchtlingen. Der Sozialdemokrat Tobias Brenner fordert, einen kreisweiten Koordinator einzustellen, der grüne Roland Mundle gar zusätzlich einen kreisweiten Flüchtlingsgipfel. Klar scheint auch, dass die geplante Erweiterung des Böblinger Landratsamtes für sieben Millionen Euro, das mittelfristig geplant ist, ein Opfer der Einsparungen wird – mehrere Fraktionen haben sich hier klar positioniert.

Der CDU-Fraktionschef Helmut Noë setzt beim Busverkehr ein Ausrufezeichen: „Es ist falsch, dass der Werksverkehr in Renningen zu Bosch vom Kreis bezahlt wird, der zu Porsche von der Gemeinde Weissach.“ Hier steckt noch viel Zündstoff in der Debatte über das Sparpaket bei Buslinien, das im Dezember beraten wird.

So verharrt die Kreispolitik in großer Erwartungshaltung auf das, was von der Landesregierung kommt. Daran hängen fast alle Großprojekte des nächsten Jahres. Immer wieder geht auch der Blick in den Kreis Calw. So warnt Heiderose Berroth (FDP) den Landrat Helmut Riegger vor einem „Sonderweg“ mit seiner Reha-Klinik in Calw. Und natürlich schwelt der Konflikt mit den Leonberger Kommunalpolitikern über ihre Klinik. Ob der so schnell ausgetreten werden kann, ist zweifelhaft.