Noch sechs Wochen bis zur Entscheidung. Sie haben im wahrsten Sinne des Wortes die Qual der Wahl, die rund 250  000 Stimmbürger im Wahlkreis Böblingen. „So lang waren die Stimmzettel wohl noch nie“, sagt Hans-Jürgen Pöss, der Kreiswahlleiter

Kreis Böblingen - Noch sechs Wochen bis zur Entscheidung. Sie haben im wahrsten Sinne des Wortes die Qual der Wahl, die rund 250  000 Stimmbürger im Wahlkreis Böblingen. „So lang waren die Stimmzettel wohl noch nie“, sagt Hans-Jürgen Pöss, der Kreiswahlleiter der Bundestagswahl vom Amt für Öffentliche Ordnung im Landratsamt. Die neue Dimension des Wahlzettels von 50 Zentimetern Länge wird von 20 Parteien bestimmt, die mit Landeslisten ins Rennen gehen. Bei den Direktkandidaten im Kreis ist die Lage etwas überschaubarer: Neun Kontrahenten wetteifern um die Erststimme. Darunter befinden sich auch drei amtierende Bundestagsabgeordnete, die erneut in das Berliner Parlament einziehen wollen.

 

Einer davon ist Clemens Binninger (CDU), den viele für den Favoriten für das Direktmandat halten. Die vierte Amtsperiode wäre das dann für den 51 Jahre alten Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion im Bundestags-Innenausschuss für Terrorbekämpfung, organisierte Kriminalität, Luft- und IT-Sicherheit. Er ist auf der Landesliste genau so wenig abgesichert wie sein Herausforderer der SPD, Joachim Rücker, ehemals Oberbürgermeister von Sindelfingen und ehemaliger Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen im Kosovo. Binninger hatte bereits im Jahr 2009 auf einen Platz auf der Landesliste verzichtet und war mit 45,1 Prozent der Erststimmen gewählt worden. Während Rücker (62) aus einem anderen Grund abwinkte: Die Genossen hatten ihm keine Position unter den ersten 20 Kandidaten einräumen wollen. So dass er nun eine reine Erststimmenkampagne begonnen hat.

Die SPD kämpft vergeblich ums Direktmandat

Dabei haben die Sozialdemokraten schon etliche Versuche unternommen, einen Direktkandidaten zu stellen. Gegen Binninger waren es in den vergangenen Jahren Rafael Binkowski (2002: 35,7 Prozent), Helmut Roth (2005: 32,9 Prozent) und bei der letzten Bundestagswahl Franziska Engehausen. Sie hatte nur 20 Prozent der Erststimmen gegenüber dem CDU-Platzhirsch Binninger, der zuletzt auf 45,1 Prozent gekommen war, am deutlichsten das Nachsehen. Der einzige Sozialdemokrat, der aus dem Kreis jemals direkt in das Bundesparlament gewählt worden war, ist der 1986 in Leonberg gestorbene Hans Geiger. Es saß von 1972 an vier Jahre lang für den damaligen Wahlkreis Leonberg-Vaihingen im Bundestag, der einen Teil des Kreises Böblingen abdeckte.

Seit dem Jahr 2005 hat auch Florian Toncar (FDP) ein Bundestagsmandat, und Richard Pitterle (Die Linke) ist vor vier Jahren in das Berliner Parlament eingezogen. Toncar ist inzwischen zum stellvertretenden FDP-Fraktionschef aufgestiegen hat auf der Landesliste den dritten Platz ergattert, Pitterle den vierten – wenn ihre Parteien genügend Stimmen erhalten, haben sie einen Abgeordnetensitz sicher. Sven Reisch (Grüne) dagegen hat es mit dem 24. Platz schwer, den Einzug zu schaffen. Weitere Erststimmenkandidaten sind Hagen Stanek (Piraten), Bernd Geider (NPD), Peter Bäuerle (MLPD) und Hasso Kraus (Freie Wähler).

Die Stimmzettel kosten 8000 Euro

Gegenwärtig prüft der Kreiswahlleiter noch den Stimmzettel auf seine Richtigkeit. „Alle Kreiswahlvorschläge wurden fristgerecht eingereicht. Jeder Wahlvorschlag wurde vom Bundeswahlausschuss angenommen“, so das erste Fazit von Hans-Jürgen Pöss. Wie viele Wahlzettel letztlich in Druck gehen, hänge von den 24 Gemeinden ab, die ihre Wahlberechtigten noch exakt ermitteln müssten. Die Böblinger Kreiskommunen Steinenbronn und Waldenbuch wiederum sind dem Wahlkreis Nürtingen zugeordnet. Der Druck der Stimmzettel koste 7000 bis 8000 Euro, erklärt Pöss. Insgesamt rechnet der Kreis für die Wahl mit Ausgaben von 20 000 Euro. Das meiste Geld wird in Anzeigen für Wahlbekanntmachungen gesteckt, die in vier Lokalzeitungen veröffentlicht werden.

Festlegen müssen die Kommunen auch noch die genaue Zahl der Wahllokale. Bei der letzten Bundestagswahl wurden 298 Wahlbezirke gebildet. Die Wahllokale haben am 22. September von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Die Wahlbeteiligung im Landkreis lag bei der Bundestagswahl im Jahr 2009 bei 75,6 Prozent.