Der Rutesheimer Förster Ulrich Neumann betreut in seinem Revier Staatswald, der dem Land Baden-Württemberg gehört, zudem den Wald der kleinen Stadt und den Privatwald. Doch verwaltungstechnisch könnte daraus bald ein Flickenteppich werden.

Kreis Böblingen - Der Rutesheimer Förster Ulrich Neumann hat eigentlich einen klar definierten, übersichtlich geordneten Job. Er betreut in seinem Revier Staatswald, der dem Land Baden-Württemberg gehört, zudem den Wald der kleinen Stadt und den Privatwald. Für den Spaziergänger sieht das alles gleich aus – Tannen, Eichen, Buchen, schön in Reih’ und Glied.

 

Doch verwaltungstechnisch könnte daraus bald ein Flickenteppich werden. Und ein zweiter Förster wird womöglich demnächst durch die Wälder laufen, auf den gleichen Wegen. Das klingt absurd, wird aber wohl bald Realität. Denn das Bundeskartellamt führt seit 2003 einen Streit mit der Forstverwaltung. Die großen Sägewerksbesitzer sehen im sogenannten „Einheitsforstamt“ ein Monopol. Die Wettbewerbshüter verlangen eine Entflechtung.

„Das Schlimmste haben wir zwar abgewendet“, sagt Thomas Deines, der Sprecher Agrarministeriums. Das Schlimmste wäre gewesen, dass jede Kommune ein eigenes Forstamt hätte gründen müssen. Aber auch so wird es ziemlich kompliziert. „In jedem Landkreis muss ein zweites Forstamt entstehen“, erklärt Deines. Das betreut dann nur den Staatswald. „Es müssen völlig neue Reviere geschaffen werden“, klagt auch Christian Kirch, der Vizechef des Kreis-Forstamtes in Böblingen.

Insgesamt verliert seine Behörde 20 Prozent der Waldfläche, denn die ist Staatswald. Vorwiegend ist dieser im Schönbuch, auch im Oberen Gäu die sogenannte „Herrenplatte“ und einzelne kleine Waldstücke im nördlichen Kreis. Und ein zweites Problem entsteht: Alle Kommunen können theoretisch einen eigenen Stadtförster anstellen. So, wie es in Leonberg, Renningen und Sindelfingen bereits der Fall ist. „Das hat historische Gründe“, erklärt Undine Binder-Farr, die Sprecherin des Leonberger Rathauses.

Leonberg, Renningen und Sindelfingen machen es selbst

Leonberg ist eine waldreiche Stadt mit 1655 Hektar – Höfingen und Gebersheim sind umgeben von Bäumen, zwischen Eltingen und Warmbronn gibt es nichts anders. Das ist auch eine gute Einnahmequelle – weswegen Leonberg schon immer einen eigenen Forstbetrieb hatte.

Hier ändert sich also nichts – für die anderen Kommunen vieles. „Bis Ende September muss das Kabinett Eckpunkte beschlossen haben“, sagt Thomas Deines vom Agrarministerium. Im Böblinger Forstamt ist man verunsichert. „Wie sollen wir noch eine Planung machen, wenn wir nicht genau wissen, für welchen Wald wir nächstes Jahr zuständig sind?“, klagt etwa Christian Kirch. Im ungünstigsten Fall würden sich einige Städte die lukrativen Wälder herauspicken, und das Forstamt müsse sozusagen den Lückenbüßer spielen.

Kirch sorgt sich, dass durch die Zersplitterung die Qualität und die Standards nicht mehr eingehalten werden. „Wir sind ja auch dafür zuständig, dass nachhaltig gewirtschaftet wird“, sagt Christian Kirch. Auch sei es künftig schwerer, das Holz zu vermarkten. „Bislang konnten wir den Markt gut bedienen, aber wenn jeder seine paar Baumstämme einzeln verkauft, wird es schwierig.“ Klar ist jedenfalls: Es wird Parallelstrukturen geben, Kreis-Forstverwaltung und Staats-Forstverwaltung dürfen nicht einmal im gleichen Gebäude sitzen. Der Rutesheimer Förster Neumann darf auch nicht zwei Mützen tragen – einmal Staatsförster, einmal Kreisförster. „Es muss räumlich und personell getrennt werden“, sagt Thomas Deines vom Agrarministerium. Nicht mal die Baumstämme, die später gefällt werden, dürfen gemeinsam markiert werden – so verlangt es das Bundeskartellamt unmissverständlich.

Kritik der Sägewerksbesitzer

Interessanterweise sind auch die Sägewerke alles andere als begeistert von den Plänen. So etwa Steffen Rathke, Geschäftsführer des Ehninger Sägewerkes Keck, und gleichzeitig Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Säge- und Holzindustrie. „Das Ziel wird nicht erreicht“, erklärt er „Es wird komplizierter, und das Produkt Holz verteuern.“ Dass nun die Reviere zerrissen werden, hält Rathke für unsinnig. „Bisher war es gute Praxis seit 300 Jahren, dass der Förster uns hilft und das Holz markiert.“ Künftig muss ein Staatsförster zig Kilometer mit dem Auto fahren, um nach einem Stück Staatswald zu schauen.

Steffen Rathke kritisiert auch das Zögern der Landespolitik: „Seit 2003 hätte man das regeln können, jetzt kommt ganz schnell der große Hammer.“