Vor vier Jahren hat der Horber Roland Bernhard sein Amt als Böblinger Landrat angetreten. Der 55-Jährige setzt sich weiterhin für eine Schienenverbindung von Weil der Stadt nach Calw ein und sieht für das Leonberger Krankenhaus gute Perspektiven.

Leonberg – Vor vier Jahren hat der Horber Roland Bernhard sein Amt als Böblinger Landrat angetreten. Der 55-Jährige setzt sich weiterhin für eine Schienenverbindung von Weil der Stadt nach Calw ein und sieht für das Leonberger Krankenhaus gute Perspektiven. Bernhard sieht sich als Manager, Verwaltungschef und Moderator im Kreistag. Ins Regionalparlament zieht es ihn hingegen nicht.
Herr Bernhard, wie sehen Sie sich als Landrat: Sind Sie mehr ein Manager der Verwaltung? Jemand, der Visionen entwickelt, oder einer, der nach außen wirkt?
Ein Landrat hat eigentlich drei Aufgaben: Zum einen muss er den Landkreis nach außen hin repräsentieren. Zum zweiten ist er der Vorsitzende des Kreistags und muss in gutem Einvernehmen mit den Kreisräten Entscheidungen auf den Weg bringen. Das funktioniert bei uns quer über alle Parteigrenzen hinweg sehr gut. Der dritte Bereich ist der des Managers einer Behörde, die sich als Dienstleister versteht.

In Stuttgart wird nach wie vor ihr Vorgänger Bernhard Maier, der ja im Regionalparlament sitzt, als Botschafter des Kreises Böblingen wahrgenommen. Wie gehen Sie damit um, dass Ihnen ein so gut vernetzter Vorgänger manches Mal den Rang abläuft?
Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinem Vorgänger. Er hat eine sehr gute Arbeit geleistet in seiner Zeit als Landrat, und auch jetzt als Mitglied des Regionalparlaments. Das ist mit mir abgestimmt. Alles, was dem Landkreis dient und ihn voranbringt, darüber freue ich mich sehr. Herr Maier ist ja im Verkehrsbereich sehr aktiv. Das ist gut so. Aber Sie dürfen mir glauben, dass es darüber hinaus noch ein Bündel an Aufgaben für mich als Landrat gibt. Im Übrigen habe ich einen guten Draht zur Region.

Aber Sie hegen keine Ambitionen, für die Regionalversammlung zu kandidieren?
Nun, im Moment gibt es ein gewähltes Regionalparlament.

Aber in zwei Jahren wird neu gewählt.
Man sollte nicht so weit in die Zukunft greifen, sondern schauen, dass jeder an seinem Platz eine gute Arbeit leistet.

Das Thema Gesundheit ist einer Ihrer Schwerpunkte. Nun haben Sie das große Projekt Flugfeldklinik vor sich. Diese soll laut einem Gutachten die wirtschaftlichste Lösung sein. Dies wird mit Rentabilitätsberechnungen bis ins Jahr 2060 belegt, bei denen jedem Leser schwindelig wird. Wie realistisch sind solche Berechnungen?
Ich gehöre zu den Menschen, die Vertrauen in die Teamplan-Gutachter haben, weil sie fachlich qualifiziert und anerkannt sind. Das Gutachten scheint mir realistisch, weil wir ja auch Vergleichszahlen aus anderen Landkreisen haben, die neue Kliniken bauen. Aber jetzt muss die Politik entscheiden, ob wir die Einhäusigkeit haben wollen. Das Gutachten ist meiner Ansicht nach dafür eine gute Grundlage.

Und doch bleibt die Frage der Finanzierung. 334 Millionen soll der Neubau kosten.
Zunächst muss das Land sich entscheiden, ob es den Krankenhausbau fördert. Dazu sind die Signale nicht schlecht.

Wenn das Land nicht zahlt, kommt der Neubau nicht?
Nein, ganz klar, ohne Landesförderung ist die Chose gestorben.

Wie soll der Rest finanziert werden?
Da sind die beiden Gesellschafter gefordert, also der Kreis Böblingen mit seinen 49 Prozent Anteilen und die Stadt Sindelfingen mit seinen 51 Prozent.

Nun verkündet der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer aber stets, dass die Stadt sich ja über die Kreisumlage beteilige. Mehr komme nicht in Frage.
Das Argument „Wir zahlen schon über die Kreisumlage“ ist für mich nicht stichhaltig. Die kommunale Abgabe zahlen alle anderen 25 Gemeinden auch. Ich gehe davon aus, dass das, die kommunale Mitfinanzierung entsprechend der Gesellschafteranteile erfolgt. Das wird im Kontext der Grundsatzentscheidung geschehen. Das ist schließlich auch der Wunsch aus den Fraktionen.

Und wenn Sindelfingen sich weigert zu zahlen, ist dann die Flugfeld-Klinik vom Tisch?
Darauf kann ich keine Antwort geben. Das wäre eine neue Situation. Im Moment gehe ich davon aus, dass die Finanzierung analog der gesellschafterrechtlichen Verantwortung erfolgen wird.

In anderen Landkreisen, in denen eine neue Klinik gebaut wird, werden kleinere Häuser geschlossen. Sie aber wollen alle Standorte erhalten. Geht das?
Auch wir würden zwei Kliniken schließen – die jetzigen Häuser in Böblingen und Sindelfingen. Ich bin der Überzeugung, dass durch die demografische Entwicklung ein Bettenbedarf auch für die Häuser in Leonberg und Herrenberg besteht. Wir haben da ein Finanzierungsproblem, aber mit Sicherheit kein Bedarfsproblem.

Wie werden die kleinen Kliniken dann aussehen? Besteht nicht die Gefahr, dass angesichts eines Großklinikums auf dem Flugfeld die beiden anderen Häuser nur noch als Geriatrie mit angeschlossener Notfallversorgung gebraucht werden?
Ich warne vor Schwarzmalerei. Wir werden weiter auf leistungsfähige Häuser in Leonberg und Herrenberg mit einer Grundversorgung setzen. Natürlich müssen wir ein Zukunftskonzept auch für die kleinen Häuser entwickeln. Das muss aber ohnehin unabhängig von der zentralen Flugfeld-Klinik geschehen. zu tun.

Aber hat der Klinikverbund das Geld für den Neubau einer Flugfeld-Klinik und für weitere 64 Millionen zur Sanierung der beiden kleinen Häuser?
Hier sind auch der Bund und das Land gefordert. Da müssen wir den politischen Druck erhöhen. Wir arbeiten gemeinsam mit dem Landkreistag und den Krankenhäusern daran, mehr Geld in die kommunalen Krankenhäuser zu lenken.

Wenden wir uns einem anderen Thema zu: dem Müll. Der Kreis Böblingen hat ein relativ einmaliges Müllsystem mit den Wertstoffhöfen. Ist das noch zeitgemäß?
Es ist für den Kreis das richtige System. Es zeichnet uns aus, dass man von Anfang an sehr großen Wert auf die Mülltrennung gelegt hat. Das ist in der Kommunalpolitik und in den Menschen tief verwurzelt. Wir haben eine Kundenbefragung gemacht, diese hat ergeben: Die Menschen wollen die Wertstoffhöfe. Und für diejenigen, die sie nicht wollen, haben wir ja die orangene Wertstofftonne eingeführt.

Weiteres Thema: Nahverkehr. Probleme haben Sie momentan mit dem Ausbau der Schönbuchbahn. Der Kreis Tübingen als Mitgesellschafter will nicht wie vereinbart zahlen. Hinzu kommen 40 Millionen Euro für Züge, deren Finanzierung noch in keiner Weise geklärt ist.
Es gibt angesichts der steigenden Fahrgastzahlen keine Alternative zum Ausbau und der Elektrifizierung. Das soll 2015/16 kommen. Wir sprechen mit dem Kreis Tübingen über die Kostenverteilung und sind zuversichtlich, dass wir uns einigen. Die Finanzierung der Züge ist noch nicht geklärt, das ist richtig. Wir hoffen weiter auf eine Förderung durch das Land. Da ist die neue Landesregierung auf Grund ihrer schienenfreundlichen Haltung in der Pflicht.

Und wie stehen Sie zur Bahn von Weil der Stadt nach Calw?
Priorität hat für uns der Ausbau der S 60 nach Renningen. Aber ich stehe nach wie vor für die Reaktivierung der Schienenverbindung nach Calw. Aber ob das eine S-Bahn, eine Stadtbahn oder ein Dieselbetrieb wird, das liegt in der Verantwortung des Kreises Calw. Wir sind nur Juniorpartner.

Wenn Sie in vier Jahren wieder gewählt werden, haben Sie bis zum Ruhestand von heute aus gerechnet noch zehn, zwölf Jahre. Wie sieht der Kreis Böblingen dann aus?
Der Kreis besteht noch so in seinen jetzigen Grenzen. Ich hoffe, dass die Landesregierung von ihren Plänen, Kreise Regionalkreisen zusammenzuschließen, absieht.

Und wird es eine Doppelstadt Böblingen-Sindelfingen geben. oder ist diese dann aus dem Kreis ausgetreten?
Ob es eine Doppelstadt gibt, weiß ich nicht. Ich gehe aber in jedem Fall davon aus, dass auch eine Stadt Böblingen-Sindelfingen zum Kreis Böblingen gehört. Eine Stadtkreislösung ist für mich nicht vorstellbar.