Die Ergebnisse der Untersuchung lassen seit einem Jahr auf sich warten.

Kreis Böblingen - Von den drei Ampeln steht jetzt eine auf Grün und die anderen beiden auf Gelb“, zeigt sich Landrat Roland Bernhard am Montag im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistages gewohnt jovial. „Bei uns stehen die Ampeln drei Mal auf Rot. Purpurrot!“, widerspricht Thilo Schreiber (Freie Wähler).

 

Wenn der Weil der Städter Bürgermeister, der Mitglied des Ausschusses ist, solche für seine Verhältnisse drastischen Worte wählt, dann kann es nur um ein Thema gehen: die Hermann-Hesse-Bahn. „Ich war die Tage bei einem Seniorennachmittag in Weil der Stadt. Als ich denen erzählt habe, was wir für die Bahn zahlen müssen, da konnte ich froh sein, dass sie mir keine Krücken gegen das Mikrofon geworfen haben“, verdeutlicht der Weiler Schultes die schlechte Stimmung in seiner Stadt.

Lärmgutachten liegt endlich vor

Die drei eingangs benannten Ampeln beziehen sich auf drei ganz konkrete Forderungen des Landkreises Böblingen gegenüber dem Kreis Calw, der die alte Bahnstrecke von Calw bis Weil der Stadt reaktivieren und dort eine Hermann-Hesse-Bahn getaufte Verbindung bis Renningen einrichten möchte.

Das Schallgutachten liegt endlich vor, die Forderung sieht der Kreis Böblingen nun als erfüllt, also „grün“, an. Dazu haben Calw und der Verband Region Stuttgart eine Vereinbarung erarbeitet, wonach die S-Bahn-Linie 6 Vorrang vor der Hesse-Bahn haben soll. Diese müsse nur noch unterschrieben werden. Der Weiler Bürgermeister bleibt kritisch: „Ich befürchte, dass das ist in der Praxis gar nicht so geregelt werden kann.“ Für Ende November ist ein weiterer Stresstest in Aussicht gestellt worden, die sogenannte Fahrplanrobustheitsprüfung. „Darauf warten wir bereits seit einem Jahr“, moniert Schreiber.

Stuttgart21 wird berücksichtigt

Für die Verzögerung werden mehrere Gründe genannt. „Die DB Netz AG ist die einzige Stelle in Deutschland, die das macht. Dort gibt es aber Personalprobleme“, informiert Barbara Dortenmann. Die Leiterin des Bereichs Nahverkehr im Landratsamt zählt weitere Gründe auf: In die Berechnungen sollen auch der nachmittägliche Verkehr sowie die neue Infrastruktur bei Fertigstellung von Stuttgart 21 einbezogen werden. Beim Stresstest geht es vor allem um den eingleisigen Streckenabschnitt zwischen Weil der Stadt und Malmsheim.

Kreis will neue Wirtschaftlichkeitsprüfung

Bei einer Enthaltung beschließt der Ausschuss, dass sich der Landkreis dafür einsetzen soll, dass der Stresstest zeitnah fertig- und die Ergebnisse vorgestellt werden. Auch für die Vorrang-Regel solle sich der Kreis einsetzen. „Da sind wir gar nicht beteiligt“, merkt Landrat Bernhard dazu an. „Wir auch nicht“, sagt Schreiber dazu. Aber genau deswegen müsse man wachsam bleiben. „Wir haben in den vergangenen zwei Jahren einfach zu viel einstecken müssen in Sachen Transparenz und Vertrauen“, sagt der Weiler Bürgermeister.

Kreisräte fordern Transparenz

Die übrigen Fraktionen stehen dabei hinter den betroffenen Kommunen Weil der Stadt und Renningen. „Der Stresstest und die Standardisierte Bewertung gehören auf den Tisch“, sagt Claus Unger (CDU). Er meint aber auch: „Für den Kreis wird die Hesse-Bahn einen Nutzen bringen. Das sollten wir immer im Hinterkopf behalten.“ Für Peter Pfitzenmaier (SPD) aus Leonberg ist der Vorrang der S 6 „Geschäftsgrundlage, alles andere ist indiskutabel“. Klaus Sindlinger (Grüne) weist darauf hin, dass bereits jetzt die Lärmgrenzwerte bei einigen Gebäuden entlang der S-Bahn-Strecke überschritten sind.

Allerdings sei die Hesse-Bahn sinnvoll und wichtig, wenn man den Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern wolle. „Zuerst muss die betriebliche Vereinbarkeit geprüft werden, dann kann man den zweiten Schritt gehen“, meint Sindlinger.

Wirtschaftlichkeit soll erneut geprüft werden

Dazu beschließt der Ausschuss, dass sich der Kreis mit einem Drittel der Kosten an Voruntersuchungen zu einer Standardisierten Bewertung beteiligt. Sollte diese Kosten-Nutzen-Rechnung auf einen Bilanzwert von eins oder größer kommen, ist zusätzliches Geld bereitgestellt, damit sofort mit der eigentlichen Standardisierten Bewertung begonnen werden kann.

An einer ersten Untersuchung, die der Hesse-Bahn eine Wirtschaftlichkeit nur dann bescheinigte, wenn diese bis Renningen fährt, hatte es in der Vergangenheit Kritik gegeben. „Wenn der Wert unter eins liegt, dann führen wir hier eine Scheindebatte“, meint Thilo Schreiber und ist sich am Ende mit dem Landrat in einem Punkt einig: Die bessere Variante sei die Verlängerung der S-Bahn bis Calw.