Im Kreis leben im Moment 244 junge Asylsuchende ohne Eltern. Die Zahl der Neuankömmlinge aber geht zurück. Es kommen kaum neue nach.

Böblingen - Seit sieben Wochen hatten wir keine Zuweisungen mehr“, sagt Hans Artschwager, der Geschäftsführer der Jugendhilfeeinrichtung Waldhaus in Hildrizhausen. Er spricht von den sogenannten unbegleiteten minderjährigen Ausländern, im Fachjargon kurz UMAs genannt, also von Kindern und Jugendlichen, die ohne ihre Eltern nach Deutschland geflüchtet sind. 244 minderjährige Flüchtlinge leben momentan in Jugendhilfeeinrichtungen im Kreis Böblingen.

 

Innerhalb weniger Monate haben die Träger Wohngruppen aus dem Boden gestampft. Neben dem Waldhaus, das mit 72 Minderjährigen die meisten betreut, handelt es sich um den Verein für Jugendhilfe, das Leonberger Seehaus, das Kulturzentrum der deutsch-türkischen Integration und Islambildung Herrenberg sowie Mutpol. Anfang November 2015 waren 83 Jugendliche im Kreis untergebracht, zwei Monate später bereits 207.

Doch nun – nach der Schließung der Balkanroute – kommen so gut wie keine Minderjährigen mehr in den Kreis. Etwa zehn Prozent der Asylbewerber seine unbegleitete Minderjährige, sagen Experten. Diese werden Wohngruppen aus dem Boden gestampft auf die Bundesländer und dort auf die Landkreise verteilt. „Sowohl Baden-Württemberg als auch der Kreis Böblingen haben ihre Quote gut erfüllt“, sagt Hans Artschwager. Deshalb rechnet er fürs Erste nicht mit weiteren Zuweisungen.

Mehrere aktuelle Bauprojekte

Nicht stoppen kann Artschwager jedoch die aktuellen Bauprojekte. Mehrere Wohnheime für Flüchtlingskinder entstehen in Leonberg, Holzgerlingen, Ehningen und Böblingen. Der Jugendhilfe-Ausschuss des Kreistags wird sich am Montag damit beschäftigen, was mit diesen Projekten geschehen soll. Hans Artschwager sieht da keine Probleme. „Bereits bevor die vielen minderjährigen Flüchtlinge kamen, fehlte es im Kreis an stationären Plätzen für Jugendliche.“ Daher würden die neuen Immobilien in jedem Fall gebraucht.

Unbegleitete minderjährige Ausländer aus 20 Ländern leben zurzeit im Kreis. 104, das entspricht 42 Prozent, kommen aus Afghanistan, gefolgt von 82 Syrern (33 Prozent). Auch Jugendliche aus Gambia, Eritrea, Äthiopien und Somalia sind stark vertreten. 94 Prozent sind junge Männer. Die meisten sind 16 bis 17 Jahre alt, aber auch 16 Kinder unter 14 Jahren werden betreut.

43 junge Menschen sind in Gastfamilien im Kreis untergebracht. Die Jugendlichen besuchen fast alle die Vorbereitungsklassen an den Berufsschulen. Weil deren Kapazität nicht ausreicht, haben die Jugendhilfeträger unter der Leitung des Waldhauses, eine eigne kleine Schule in Sindelfingen gegründet.