Das Polizeipräsidium Reutlingen bietet zurzeit Einbruchs-Präventionsstreifen an. Zwei Beamte halten dabei in Wohngebieten nach offenen Fenstern und Türen Ausschau und sprechen Sicherheitsmängel im direkten Gespräch mit den Bewohnern an.

Kreis Esslingen - Hendrik Kaiser und Kevin Herbert schlendern in der Dämmerung durch die Straßen des Esslinger Stadtteils Hegensberg. Ihre Blicke schweifen über die Fassaden von Mehr- und Einfamilienhäusern. Steht irgendwo ein Fenster oder eine Terrassentür offen, wirkt das Haus oder die Wohnung verlassen? Denn dann wäre es ein Leichtes, dort einzudringen und Beute zu machen. Doch darauf sind die beiden Männer beileibe nicht aus. Ganz im Gegenteil, der Polizeihauptkommissar Hendrik Kaiser und der Polizeimeisteranwärter Kevin Herbert wollen Wohnungseinbrüchen vorbeugen. Sie sind eines von vier Duos, die im Auftrag des Polizeipräsidiums Reutlingen zurzeit in Kommunen der Landkreise Esslingen, Reutlingen und Tübingen als Einbruchs-Präventionsstreifen unterwegs sind. Mit dem neuen Angebot wollen sie die Menschen vor Ort darüber aufklären, wie sie sich vor dreisten Einbrechern schützen können.

 

Ein gekipptes Fenster ist ein offenes Fenster

An einer Doppelhaushälfte fällt den beiden Polizeibeamten ein gekipptes Toilettenfenster auf. Nichts deutet darauf hin, dass die Bewohner zu Hause sind: vor der Garage parkt kein Auto, durch die Fenster und die Haustüre dringt kein Licht nach außen. Tatsächlich öffnet auf das Klingeln der Polizei niemand. Dennoch werden die Bewohner erfahren, dass sie Einbrecher mit dem schräg gestellten Fenster regelrecht zur Tat eingeladen haben, weil es Hendrik Kaiser zufolge „innerhalb von fünf Sekunden geknackt“ wäre. Er hinterlässt einen Klebezettel, der auf dieses unbewusst eingegangene Risiko aufmerksam macht und zugleich dazu ermuntert, sich von der Polizei „kompetent, kostenlos und neutral“ über Sicherungsmöglichkeiten für die eigenen vier Wände beraten zu lassen. Erst kürzlich hätten Kollegen an einer verlassenen Erdgeschosswohnung gar ein sperrangelweit offenes Fenster entdeckt, erzählt Hendrik Kaiser. „Da konnten sie die Karte gleich direkt reinwerfen.“

Hendrik Kaiser zufolge sind Türen und Fenster mit einem hohen Sicherheitsstandard der wirksamste Schutz gegen die Langfinger. Doch lasse sich vorbeugend einiges tun, ohne die eigenen vier Wände gleich in ein Fort Knox zu verwandeln. Im Haus Licht brennen zu lassen – möglichst gesteuert über eine Zeitschaltuhr – sei wichtig, erklärt er. Ebenso sollten tagsüber nie die Rollläden herunter gelassen oder im Urlaub überquellende Briefkästen zu sehen sein: „Das signalisiert Abwesenheit.“

Aber auch ganz individuelle Methoden könnten möglicherweise abschreckend auf Täter wirken, erklärt Hendrik Kaiser und erzählt von der amüsanten Begegnung mit einer allein lebenden Frau, die vor ihrer Haustür zwei Paar Schuhe in Größe 46 drapiert habe, um nach außen hin männliche Wehrhaftigkeit zu suggerieren.

Der Täter braucht einen festen Stand

Treffen Hendrik Kaiser und Kevin Herbert die Bewohner an, weisen sie diese auf einbruchsrelevante Schwachstellen an ihrer Behausung oder in deren Verhalten hin. Sie verteilen zudem Informationsmaterial rund um den Einbruchsschutz, geben Tipps und Ratschläge. Etwa auch solche, die dabei helfen, bei der Sicherung der Wohnung Geld zu sparen. Nur mit einer Leiter zugängliche Fenster in oberen Stockwerken beispielsweise bedürften in der Regel keines speziellen Einbruchsschutzes. Denn der Täter benötige zum Hantieren mit Schraubenzieher und Brecheisen erfahrungsgemäß „einen festen Stand“. Anders sehe es bei Fenstern am Balkon aus. Zumal dann, wenn neben diesem das Fallrohr der Dachrinne verlaufe. „Das ist die Treppe des Täters“, sagt Kaiser und weist darauf hin, dass die Ermittler der Polizei in „letzter Zeit viele solcher Aufstiege“ von Tätern registriert hätten.

Mit den Präventionsstreifen „wollen wir den Leuten keine Angst machen“, betont Hendrik Kaiser. Vielmehr gehe es darum, ihnen – auch durch die Präsenz der Polizei vor Ort – ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln und sie für den Eigenschutz vor Einbrechern zu sensibilisieren. Leute, die sich dadurch gegängelt oder bevormundet fühlten, seien sehr selten. Für ihre Arbeit ernteten die Beamten vorwiegend „Dankbarkeit und ein positives Feedback“, sagt Kaiser.

Offenen Fenstern auf der Spur

Personal
Für die Präventionsstreifen in den Landkreisen Esslingen, Reutlingen und Tübingen sind vier spezielle für den Einbruchsschutz geschulte Berater und vier Streifenbeamte im Einsatz. Sie sind jeweils als Duo mit einem Polizisten in Zivil und einem in Uniform unterwegs.

Gebiete
Die Streifen halten in ausgewählten Wohngebieten nach „unausgesprochenen Einladungen“ für potenzielle Täter Ausschau. Im Kreis Esslingen werden die Vor-Ort-Beratungen in den Esslinger Stadtteilen Berkheim und Oberesslingen sowie in Denkendorf und im Scharnhauser Park in Ostfildern angeboten.

Beratung
Wer eine kostenlose Beratung zu Sicherungsmöglichkeiten seiner Wohnräume wünscht, kann diese beim Polizeipräsidium Reutlingen telefonisch unter der Rufnummer 0 71 21/9 42 12 02 vereinbaren.