Der Polizeipräsident Alexander Pick beklagt anlässlich der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik 2016 eine stetig schwindende Akzeptanz staatlicher Autorität. Gleichwohl leben die Menschen im Kreis in einem sicheren Umfeld.

Kreis Esslingen - Rein statistisch ist jeder dritte Beamte im Bereich des für die Kreise Esslingen, Reutlingen und Tübingen zuständigen Polizeipräsidiums Reutlingen in den vergangenen fünf Jahren bei Einsätzen durch gewalttätige Übergriffe verletzt worden. Auch in der Kriminalitätsstatistik für das vergangene Jahr ist diese Zahl weiter gestiegen. Allein im Landkreis Esslingen sind demnach 174 Polizisten angegriffen worden, das sind 31 mehr als im Vorjahr. Im Jahr 2012 waren es noch 94 gewesen. Für den Polizeipräsidenten Alexander Pick sind diese Zahlen „besorgniserregend“.

 

Er belegt dies durch einen willkürlichen Auszug von Einsätzen, protokolliert zwischen dem 19. und 24. März dieses Jahres. Da wird ein Beamter in Plochingen von einem betrunkenen Schläger mit einem Kopfstoß traktiert, eine 29-jährige randalierende Frau beißt in einer Bar in Nürtingen einen Polizisten in den Oberschenkel und in den Finger, und ein Kollege wird in Kirchheim bei dem Versuch getreten, einen mit weit über drei Promille alkoholisierten 36-Jährigen in den Dienstwagen zu verfrachten. Ganz zu schweigen von den übelsten, an dieser Stelle nicht zitierfähigen Ausdrücken, mit denen die Ordnungshüter von oftmals stark betrunkenen Zeitgenossen regelmäßig beleidigt werden.

Rückläufige Einbruchszahlen

Das werfe ein bezeichnendes Licht darauf, „wie es um die Akzeptanz staatlicher Autorität bestellt ist“, klagt Pick. Zumal auch Feuerwehrleute und Rettungssanitäter immer häufiger im Einsatz angegriffen, beleidigt oder in ihrer Arbeit behindert würden. An Anweisungen hielten sich die renitenten Personen nicht. Im Gegenteil, „man meint, man müsse mit dem Smartphone direkt bis zum blutigen Geschehen vordringen“. Für Alexander Pick ist das ein „gesellschaftliches Phänomen“, und er fragt sich: „Welcher Grad von Dekadenz ist da inzwischen erreicht?“

Weit erfreulicher sei im vergangenen Jahr die Entwicklung bei den Wohnungseinbrüchen gewesen. Im Landkreis Esslingen sei hier die Zahl der Fälle von 567 im Jahr 2015 auf 449 zurückgegangen, wobei davon 236 im Versuch steckengeblieben seien. Aufgrund einer besseren Beratung der Menschen und einem damit einhergehenden höheren Sicherheitsstandard bei Fenstern und Türen sowie einem wachsenden Sicherheitsbewusstsein etwa bei Nachbarn „scheitern die Täter immer öfter“, erklärt Pick. Gleichwohl seien 884 Einbrüche im gesamten Bereich des Präsidiums „nach wie vor zu viel“. Darüber täusche auch eine von zehn auf 27 Prozent gestiegene Aufklärungsquote nicht hinweg. Von den 117 ermittelten mutmaßlichen Einbrechern seien 70 Prozent Ausländer, überwiegend aus ost- und südosteuropäischen Staaten stammend. Allerdings sei das angesichts des Wohlstandsgefälles in Europa „keine Sensation“, sagt Pick und erinnert an die Lebensumstände dieser Menschen, beispielsweise in Bukarest. Er begrüße es, dass seitens der Politik das gesetzliche Strafmaß für Wohnungseinbrüche verschärft werde. Denn diese Delikte seien letztlich auch „ein Verbrechen an der Seele des Menschen“.

Gestiegene Zahl tatverdächtiger Flüchtlinge

Hervorstechend ist laut der Statistik die Zunahme bei den tatverdächtigen Asylbewerbern. Die Zahl ist von 1358 im Jahr 2015 auf 2325 im gesamten Zuständigkeitsbereich des Präsidiums gestiegen. „Flüchtlinge sind in der Kriminalität angekommen“, konstatiert Alexander Pick. Aber verwunderlich sei die Quote nicht. Es handle sich zu einem Großteil um junge Männer, die „per se höher kriminalitätsbelastet“ seien als andere Gruppen. Zudem litten sie unter ihren schwierigen Lebenssituationen und prekären Unterkünften, stammten aus einem anderen Kulturkreis und teils armen Verhältnissen, weshalb hier auch die recht hohen Deliktzahlen bei Ladendiebstählen und Körperverletzungen „nicht überraschend“ seien, so Alexander Pick. Doch entgegen weit verbreiteter Gerüchte, begingen Flüchtlinge nicht überproportional oft sexuell motivierte Straftaten. Der Anteil tatverdächtiger Asylbewerber liege in diesem Bereich unter einem Prozent.

Hundertprozentige Aufklärungsquote bei Mord und Totschlag

Sicherheit
„Die Menschen leben bei uns sicher“, sagt der Polizeipräsident Alexander Pick. Tatsächlich wurden im Kreis Esslingen im Jahr 2016 laut der Statistik 4948 Straftaten (4623 im Vorjahr) pro 100 000 Einwohner verübt. Der Wert liegt damit unter dem Landesdurchschnitt von 5599, der bundesweit als der niedrigste gilt.

Aufklärungsquote
Die Polizei hat 2016 im Landkreis Esslingen wegen 25 936 Straftaten (23 893 im Jahr 2015) ermittelt. Davon wurden 62 Prozent – 2,2 Prozent mehr als im Vorjahr – aufgeklärt. Damit ist die Aufklärungsquote im Vergleich zu den beiden Landkreisen Reutlingen (61,7 Prozent) und Tübingen (55,8 Prozent) am höchsten. Landesweit liegt diese Quote bei 60,2 Prozent.

Mord und Totschlag
Im Landkreis Esslingen wurden zwölf versuchte oder vollendete Tötungsdelikte registriert, acht weniger als im Vorjahr. In diesem Bereich liegt die Aufklärungsquote bei 100 Prozent. Im Gesamtbereich des Präsidiums waren es 25 Fälle.

Sexualstraftaten
Die Zahl der Straftaten mit sexuellem Hintergrund ist im Kreis Esslingen von 177 im Jahr 2015 auf 209 gestiegen. Diesen Anstieg begründet die Polizei in erster Linie mit einer Zunahme von Delikten des Besitzes, Verschaffens oder Verbreitens von Kinder- und Jugendpornografie im Internet.