Das Bündnis „Kreis Göppingen nazifrei“ wählt einen Lenkungskreis. Ein Frühwarnsystem, das über rechte Ereignisse informiert, wird eingerichtet.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Im Freien, vor dem Eingang zum Göppinger Märklinsaal, versuchen mehrere Polizisten einige aufgebrachte Menschen zu beruhigen. Diese wollen sich zur Gründung eines kreisweiten Bündnisses gegen rechts treffen – und dabei will sie ein sechsköpfiges Grüppchen, das sich Autonome Nationalisten Göppingen nennt, fotografieren, was die Polizisten untersagen.

 

Genau um derartige Provokationen geht es den schwarzgekleideten Rechtsextremen aber: Pöbeleien, dumpfe Parolen, latente Drohungen. Im Anschluss drängen sie sich in den Saal, plustern sich auf, reden von „öffentlicher Veranstaltung“ und von „Bürgerrechten“. Die Stimmung ist gereizt. Nach einigen Momenten sind sich die Veranstalter im Klaren, was zu tun ist. Nach einer Rücksprache mit dem Ordnungsamt macht Alex Maier (Grüne Jugend) von seinem Hausrecht Gebrauch und verweist die Neonazis des Saales. Unter dem Beifall der Anwesenden wird der Trupp – fluchend, schimpfend und abermals drohend – von der Polizei nach draußen geleitet.

„Kreis Göppingen nazifrei“

Langsam legt sich die Aufregung im Göppinger Märklinsaal. Umgehend beginnt aber eine Grundsatzdiskussion darüber, „weshalb man die Faschos überhaupt hereingelassen hat“. Als sich die Gemüter beruhigen, erläutert Maier die Ziele des Bündnisses, das den Namen „Kreis Göppingen nazifrei“ tragen wird.

„Wir brauchen ein breites, in der Gesellschaft verankertes Bündnis für einen offenen und antifaschistischen Landkreis“, sagt er. Der 20-Jährige bedauert, wie viele weitere der Teilnehmer, dass die CDU, die Junge Union und auch der Göppinger Jugendgemeinderat erklärt haben, dem Bündnis nicht beitreten zu wollen. „Ich appelliere an alle, die abgesagt haben, ihre Entscheidung zu überdenken“, betont er.

Auch das Verhalten des Göppinger Oberbürgermeisters Guido Till (parteilos) wird kritisiert. Till – der selbst Augenzeuge eines Neonazi-Aufmarsches am Faschingssamstag war, der die Göppinger nun aktiv werden lässt – hat im Ältestenrat sein Unverständnis darüber geäußert, dass die JU erwäge, im Bündnis gegen rechts mitzuwirken. Das Programm der Stadt „Toleranz fördern, Kompetenz stärken“ sei gut, aber kein Ersatz für das Bündnis – weil das eine mit dem anderen nicht vergleichbar sei.

Gesellschaftlich breit aufgestellte Gruppe

So beschließt denn auch eine gesellschaftlich breit aufgestellte Gruppe – vom Kreisjugendring, über den Deutschen Gewerkschaftsbund, die IG Metall bis hin zu den SOS Kinder- und Jugendhilfen, von den Grünen, über die Linke und die Piratenpartei bis hin zu politischen Jugendorganisationen und zahlreichen Privatpersonen – den Zusammenschluss mit Struktur und Leben zu füllen. Ein 13-köpfiger Lenkungskreis wird gewählt. Neben einem Internetauftritt und einem E-Mail-Verteiler wird ein Frühwarnsystem eingerichtet, das über rechte Ereignisse informiert.

Eine Aktion ist bereits in Planung: am Donnerstagmorgen hat eine rechte Gruppe einen Aufmarsch für den morgigen Samstag von 10 bis 12 Uhr auf dem Marktplatz angekündigt. Olaf Hinrichsen, der Pressesprecher der Stadt, bestätigte eine entsprechende Anmeldung eines Veranstalters aus dem „rechten Spektrum“, ohne Namen zu nennen. Angekündigt seien zwischen 30 und 40 Teilnehmer. Die Stadt berät nun mit der Polizei das weitere Vorgehen.