Egal ob Nachwuchs, Betriebskonzentration oder der gestiegene Qualitätsanspruch des Kunden: Der Weinanbau steckt mitten im Umbruch. Die Weingenossenschaften im Landkreis haben unterschiedliche Rezepte dafür.

Kreis Ludwigsburg - Die Weinwirtschaft ist im Umbruch, egal ob beim Anbau, bei der Vermarktung oder beim Konsum. Der Landkreis Ludwigsburg als eine der größten Weinanbauregionen im Land ist davon auch betroffen. Die Genossenschaften im Kreis haben unterschiedliche Konzepte, dem Strukturwandel zu begegnen. Manche will Steillagenwein besser vermarkten, andere wollen den Kontakt zwischen Winzer und Verbraucher stärken. Alle hoffen jedoch auf eine bessere Lese als die enttäuschende im vergangenen Jahr.

 

„Die Menschen trinken immer weniger Wein. Damit müssen wir uns abfinden“, sagt Dieter Weidmann, der Vorstandschef der Württembergischen Weingärtner-Zentralgenossenschaft (WZG). Zum achten Mal in Folge sei das Gesamtmarktvolumen von Wein in Deutschland zurückgegangen. Weidmann stellt eine „grundsätzliche Änderung des Konsumverhaltens“ bei den Kunden fest: „Bio und fair produziert darf es sein“, insgesamt setze der Weintrinker von heute mehr auf Qualität. Die WZG versucht nun, eine besonders auf Nachhaltigkeit bedachte Bevölkerungsgruppe mit einem neuen Angebot zu locken: veganem Wein. Bei der Klärung des Weins werde statt Gelatine ein Erbsenpüree verwendet. Mit rund 40 000 Flaschen, darunter ein Kerner, ein Spätburgunder Rosé vom Ensinger Stromberg sowie ein Lemberger vom Heuchelberg startet die WZG in dieses neue Marktsegment. „Wir wollen uns an das Thema herantasten“, sagt Weidmann.

Vermarktung ist ein großes Thema

Ein großes Thema bei den Genossenschaften und Winzern ist die Vermarktung ihrer Produkte. Die Bottwartaler Winzer, die Ende 2013 aus der WZG ausgetreten waren, um ihrem Wein selbst zu vermarkten, sind im vorigen September wieder beigetreten. „Wir warfen den Notanker“, sagte der Vorstandsvorsitzende Bastian Remkes auf der Generalversammlung – ein Zeichen dafür, dass es ohne WZG nicht geht.

Aber auch der Weinfachhandel sei gefragt, wenn es um Impulse bei der Vermarktung geht, findet Weidmann von der WZG. Für Hermann Hohl, den Präsidenten des Weinbauverbands Württemberg, ist klar: „Junge Wengerter müssen raus aus den Weinbergen und rein in die Vermarktung.“ Einfach nur die Trauben bei der Genossenschaft abzugeben reiche heute nicht mehr. Die Genossenschaftskellerei Rosswag-Mühlhausen hat das erkannt und will „Wein zum Erlebnis machen“, wie der Geschäftsführer Christian Kaiser erklärt. So biete die Genossenschaft seit einem Jahr Weinproben im Heißluftballon, Live-Konzerte im Weinberg oder Weintouren per Segway und Kanu. „Die Leute wollen begeistert werden“, sagt Kaiser.

Ein Markenkern des Weinanbaus im Landkreis Ludwigsburg sind die terassierten Steillagen. Mit 365 Hektar verfügt der Kreis über knapp die Hälfte aller dieser Lagen in Baden-Württemberg. Das Problem: „Zur Bewirtschaftung braucht es den vierfachen Arbeitsaufwand im Vergleich zu normalen Lagen“, sagt der Weinbauverbandspräsident Hohl. Gerade für Winzer im Zu- oder Nebenerwerb sei die Bewirtschaftung hier immer schwieriger geworden, was zu Nachwuchsproblemen führen kann. Hinzu kommt, dass sich der Aufwand bei der Produktion von Steillagenweinen, überwiegend Trollinger, kaum im Verkaufspreis niederschlägt. Steillagenweine seien attraktiv, „trotzdem haben sie Probleme, am Markt durchzudringen“, sagt Bernhard Idler, der Önologie-Chef der WZG.

Der Trend geht zum Haupterwerbswinzer

Generell geht der Trend hin zum Haupterwerbswinzer mit größeren Anbauflächen. Hans-Georg Schiller, der Geschäftsführer der Felsengartenkellerei Besigheim, vergleicht es mit der Entwicklung in der Landwirtschaft: „Die Betriebe müssen wachsen, um profitabler zu werden.“ Hinzu komme, dass es im wirtschaftlichen starken Kreis Ludwigsburg nicht an gut bezahlten anderen Jobs mangele. So würde bei den Genossenschaften zwar die Zahl der Mitglieder sinken, deren jeweilige Flächen jedoch zunehmen.

Um die Steillagen rentabler zu machen, will eine Kooperation aus drei Genossenschaften – Roßwag-Mühlhausen, die Felsengartenkellerei Besigheim und die Lauffener Weingärtner – nun ihre Spitzenprodukte aus den Steillagen unter dem neuen Namen „Weinbergwerk“ vermarkten. „Die Idee war, die besten terassierten Steillagen Württembergs in einer Marke zu vereinen“, sagt der Rosswag-Mühlhausen-Chef Christian Kaiser. Im September sollen die ersten knapp 10 000 Flaschen mit Cuvées aus Lemberger, Cabernet und Syrah auf den Markt kommen, zu Preisen zwischen zehn und 36 Euro.