Rund 3350 Tonnen unbelastete Abfälle aus dem Rückbau des Atomkraftwerks Neckarwestheim kommen auch in den Kreis – was nicht jedem gefällt.

Kreis Ludwigsburg - Mit dem Atomausstieg stellt sich die Frage, was mit dem Bauschutt der Kraftwerke passiert, wenn sie abgerissen sind. Für den Reaktorblock I des Atomkraftwerks Neckarwestheim ist diese Frage nun geklärt. Ein Teil des Bauschutts landet im Landkreis Ludwigsburg. Genauer: auf den Mülldeponien Am Froschgraben in Schwieberdingen und auf der Deponie Burghof in Vaihingen/Enz. Das ist das Ergebnis der Verhandlungen zwischen der EnBW als Kraftwerksbetreiber, dem Umweltministerium des Landes und den betroffenen Kreisen unter der Federführung des Landkreistags. Weitgehende Sicherheitsmaßnahmen sind zwar versprochen, aber: „Die Begeisterung über die Nachricht hält sich bei mir in sehr engen Grenzen“, sagt der Schwieberdinger Bürgermeister Nico Lauxmann.

 

Konkret geht es um sogenannte freigemessene Abfälle. Das ist Bauschutt, der nicht radioaktiv im Sinne der Strahlenschutzverordnung ist, sprich: den Grenzwert von zehn Mikrosievert pro Jahr unterschreitet. Damit wird der Schutt zu normalem Abfall deklariert, für dessen Entsorgung die jeweiligen Landkreise durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz in der Pflicht sind. Insgesamt handelt es sich um 4400 Tonnen freigemessenen Bauschutt, der beim Abriss des Reaktorblocks I anfällt. Weil mitten durch ihn die Gemarkungsgrenze verläuft, geht ein Teil davon, 1050 Tonnen, an den Landkreis Heilbronn, während rund 3350 Tonnen im Kreis Ludwigsburg gelagert werden müssen. Bei dem Bauschutt handelt es sich vor allem um Reste des Verwaltungsgebäudes und um die Außenhülle des Reaktors. „Wir erwarten einen relativ reinen und sauberen Betonabtrag“, sagt Albrecht Tschackert, der Leiter des Bereichs Technik bei der Abfallverwertungsgesellschaft des Landkreises (AVL). Der größte Teil des Bauschutts – etwa 325 000 Tonnen – ist Altmetall oder wird für Straßenbau wiederverwendet. „Bei weniger als einem Prozent handelt es sich um radioaktiven Abfall“, sagt Friederike Eggstein, eine EnBW-Sprecherin. Der müsse in einem noch zu findenden Endlager untergebracht werden.

Diesmal soll das Verfahren transparenter sein

Der freigemessene Bauschutt soll in einem Zeitraum von zehn Jahren in den Deponien Am Froschgraben und Burghof eingelagert werden und zwar vom Jahr 2017 an. Weil es in der Vergangenheit Proteste von Umweltschützern gegen Abfälle aus dem stillgelegten AKW Obrigheim gegeben hat, wollten die Beteiligten dieses Mal mehr Transparenz in das Verfahren bringen. Eine Handlungsanleitung von Landkreistag und Städtetag sieht mehrfache Kontrollinstanzen vor. So soll ein Sachverständiger der beim Umweltministerium angesiedelten Atomaufsichtsbehörde die Freimessung der EnBW vollständig statt wie bisher nur stichprobenartig kontrollieren. Außerdem hat der Deponiebetreiber AVL das Recht, einen eigenen unabhängigen Sachverständigen zu bestellen, der die Messungen stichprobenartig kontrolliert. „Die Ausweitung der Kontrolldichte begrüßen wir, wenn es hilft, vor Ort das Sicherheitsgefühl zu erhöhen“, sagt der Umweltminister Franz Untersteller (Grüne). Auch die Verpackung und Anlieferung wird in dem Dokument genau geregelt. „Wir wollen der Bevölkerung zeigen, dass nur freigemessene Stoffe hier eingelagert werden“, sagt Tschackert. Die AVL will das Thema im Herbst im Aufsichtsrat besprechen und dann den Sachverständigen suchen.

Der Deponie-Teil am Glemstalhang wird nicht befüllt

Die Gemeinde Schwieberdingen ist gleichwohl irritiert. Sie hat erst im vergangenen Monat einen Bürgerworkshop veranstaltet, der sich mit einer Nachnutzung der Mülldeponie befasste. 15 Hektar der Deponie sollen nach ihrer Schließung voraussichtlich im Jahr 2025 von Bürgern genutzt werden können, eine Idee war beispielsweise eine Motocross-Strecke.

Daran müsse sich nichts ändern, Albrecht Tschackert von der AVL gibt Entwarnung: Der AKW-Schutt werde in einem anderen Teil der Deponie eingelagert, erklärt er. Und zwar nicht wegen einer vermeintlichen Strahlengefahr, denn die sei ohnehin nicht gegeben. Sondern weil der östliche Teil der Deponie am Glemstalhang bis 2017 bereits aufgefüllt sei.