Der Landrat Rainer Haas macht deutlich, dass er die Flüchtlingsunterbringung für eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe hält, und redet denen ins Gewissen, die gegen Unterkünfte protestieren. Gleichzeitig sucht der Kreis weitere Standorte.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Kreis Ludwigsburg - Rainer Haas redet Klartext. Man spürt, dass die Geduld des Landrats allmählich gegen null geht. Die Zeit, um genug Unterkünfte für Asylbewerber zu organisieren, wird immer knapper – und der Widerstand einiger weniger immer lauter. Gerade das ärgert Haas. Denn die Hilfsbreitschaft im Kreis sei riesig. „Die meisten Menschen sind verständnisvoll“, betont er beim Pressegespräch am Freitag. Die Bilder der vergangenen Tage und die Nachrichten aus Österreich mit den mehr als 70 Toten „führen uns doch allen vor Augen, dass die Flüchtlinge diese Wege nicht leichtfertig auf sich nehmen.“

 

Haas verweist auf die deutsche Geschichte und wird noch deutlicher, ja fast kapitalismuskritisch: „Wir profitieren vom billigen Öl“, sagt er mit Hinweis auf das Vorgehen der Konzerne in Afrika und den Wohlstand im eigenen Land, der auch auf Kosten der ärmeren Nationen geschaffen worden sei. Da ärgern ihn Menschen besonders, die aus dieser Wohlstandshaltung heraus kein Verständnis für Menschen haben, „denen es gerade nicht so gut geht“. Ausdrücklich verweist er auch darauf, dass nach Rücksprache mit der Polizei ,,in den Gemeinschaftsunterkünften des Kreises ein privater Sicherheitsdienst nicht erforderlich ist“. Es gebe keine signifikant höhere Kriminalitätsrate im Kreis.

Landrat spricht von scheinheiligen Argumenten

Denn natürlich geht es bei dem eilig einberufenen Pressegespräch auch um Oberstenfeld und die dort zunächst geplante Zeltstadt im Gewerbegebiet Lichtenberger Straße, aus der nun, wenn der Hersteller rechtzeitig liefern kann, eine Unterbringung in mobilen Wohneinheiten werden soll. Ginge es nach den Wünschen der Bürgerinitiative, würden die Container stattdessen in einem Wochenendgrundstückareal aufgestellt.

Haas zeigt sich skeptisch angesichts der dort fehlenden Anschlüsse an die Wasser-, Abwasser- und Stromversorgung. Vor allem aber zweifelt er die vermeintlich altruistischen Argumente der Gegner an, die für sich in Anspruch nehmen, in Namen der Flüchtlinge zu agieren. In dem verteilten Positionspapier spricht er von unsachlichen und scheinheiligen Argumenten. Er verspricht in Anwesenheit des Oberstenfelder Bürgermeisters Markus Kleemann jedoch, alle Angebote zu prüfen, um im Gewerbegebiet nicht alle 100 Asylsuchenden unterbringen zu müssen.