Die Kosten-Nutzen-Analyse liegt endlich vor – und damit beginnt die Debatte über das Schienen-Großprojekt vorn vorn. Die Kritiker verweisen auf die ungelösten Probleme, die Befürworter auf die Chancen für die Kommunen.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Nachdem das Landratsamt erste Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Analyse zur Ludwigsburger Stadtbahn veröffentlicht hat, nimmt die Diskussion über das Schienen-Großprojekt neue Fahrt auf. Allerdings unter veränderten Vorzeichen. Galt es bislang als unwahrscheinlich, dass das Vorhaben realisiert wird, keimt bei Befürwortern der Stadtbahnverlängerung von Remseck nach Markgröningen seit Dienstag neue Hoffnung. Denn die Kernaussage der Studie ist eindeutig: Das Projekt wäre technisch umsetzbar und sinnvoll, sagen die Verkehrsexperten – trotz zu erwartender Investitionskosten in Höhe von 200 Millionen Euro.

 

Während sich der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec bei dem Thema stets zurückhaltend äußerte, outet sich der Baubürgermeister Michael Ilk nun als Befürworter. „Ich bin ein Freund der Stadtbahn“, sagt er und verweist auf die Vorteile insbesondere für Ludwigsburg. Auch wegen der neuen Einkaufszentren in Stuttgart müsse man sich Gedanken machen, „wie wir mehr Leute in die Ludwigsburger City locken“, sagt Ilk. Die Stadtbahn sei eine große Chance. „Selbst Passagiere aus beispielsweise Mühlhausen wären damit künftig schneller in Ludwigsburg als in der Stuttgarter Innenstadt.“

Die Finanzierung ist immer noch ungeklärt

In Remseck stößt das Gutachten ebenfalls auf positive Resonanz. „Wir sehen die Zukunft klar in der Schiene“, sagt der Oberbürgermeister Dirk Schönberger. „Die gute Entwicklung von Remseck hängt maßgeblich damit zusammen, dass wir an das Stadtbahnnetz angebunden wurden.“ Die Fahrgastzahlen der U 14 seien heute viel höher als einst prognostiziert, weshalb eine Verlängerung nach Markgröningen absolut richtig sei. „Wir werden alles dafür tun.“

Die größten Hürden aber, dass weiß Schönberger, liegen nicht in Remseck. Das Gutachten sagt letztlich nur, dass die Stadtbahn von Land und Bund gefördert werden kann – damit ist nicht gesagt, dass tatsächlich Geld fließt, denn die Fördertöpfe sind leer. Zudem betont das Landesverkehrsministerium, dass das Gesetz, das die Förderung großer ÖPNV-Projekte regelt, ausläuft. Noch fehlt eine Nachfolgeregelung.

„Und es ist auch völlig unklar, wie hoch die Betriebskosten auf dieser Strecke wären“, sagt der Ludwigsburger CDU-Stadtrat und Landtagsabgeordnete Klaus Herrmann, ein entschiedener Kritiker des Vorhabens. Das Gutachten, so Herrmann, beinhalte wenig Neues. „Es bleiben viele finanzielle und verkehrliche Fragen offen.“

In Ludwigsburg müssen mehrere technische Probleme gelöst werden

Tatsächlich müssen in Ludwigsburg mehrere Probleme gelöst werden. So soll die Stadtbahn am Bahnhof in beiden Richtungen über ein Gleis geführt werden, weil für zwei Schienenstränge der Platz fehlt. Auch der Schillerdurchlass ist eine komplizierte Engstelle. Und dahinter soll die Stadtbahn über ein Gütergleis fahren, das derzeit von einer Firma genutzt wird. Selbst Ilk räumt ein: „Das alles ist knifflig.“

Hinzu kommt, dass sich Ludwigsburg irgendwann positionieren muss. Pocht die Stadt auf die verträglicheren Niederflurbahnen mit niedrigem Einstieg? Oder würde sie auch Hochflurbahnen akzeptieren, für die an allen Haltestellen Hochbahnsteige nötig sind – was wie in Stuttgart enorme Auswirkungen auf das Stadtbild hätte? „Wir freuen uns über das Ergebnis des Gutachtens“, sagt der Grünen-Stadtrat Markus Gericke. „Aber jetzt muss die Verwaltung stärker die Interessen unserer Stadt vertreten.“ Hochflurbahnen seien sicher nicht die beste Lösung für Ludwigsburg.

Der Widerstand gegen Hochflurbahnen bröckelt

Allerdings bröckelt im Rathaus der Widerstand. Denn die Sorge um das Stadtbild bezog sich stets darauf, dass die Stadtbahnen mitten durch die barocke City fahren. Aber Ilk befürwortet, wie auch der Landrat Rainer Haas oder die Stuttgarter Straßenbahnen SSB, inzwischen eine andere Variante. Sie sieht vor, dass die Bahnen von Remseck über die Hindenburgstraße und Leonberger Straße zum Bahnhof geführt werden – hier existiert wenig barocke Pracht. Der zweite Streckenast über die zentrale Wilhelmstraße in Richtung Oßweil entfällt bei dieser Lösung, dort sollen Elektrobusse eingesetzt werden.

„Wenn wir Hochflur nutzen, können wir auf die Infrastruktur der SSB zurückgreifen, und das wäre deutlich günstiger“, sagt Bürgermeister Ilk. „Außerdem halte ich einen Bruch zwischen zwei Systemen für problematisch.“ Würde im Kreis Ludwigsburg Niederflurtechnik eingesetzt, müssten in Remseck zwangsläufig alle Passagiere umsteigen – denn in Stuttgart fahren nur Hochflurbahnen.