Am Donnerstag wird beim Kreisparteitag in Degerloch der Wandel vom Delegierten- zum Mitgliedersystem vollzogen. Ein wichtiger Schritt.

Stuttgart - Die Stuttgarter Christdemokraten stehen vor einem ihrer wichtigsten Kreisparteitage seit Jahren. Im Veranstaltungszentrum der Straßenbahner unter dem Fernsehturm wollen sie am Donnerstagabend in eine neue Ära starten. Das alte Delegiertensystem soll aufgegeben, die 3200 CDU-Mitglieder in der Landeshauptstadt enger in inhaltliche und in personelle Entscheidungen eingebunden werden. Stefan Kaufmann, ihr Vorsitzender, sagte am, Dienstag vor der Presse: "Ich sehe das als ein Signal nach innen wie nach außen, an unsere Mitglieder, aber auch an die Bürgerschaft." Die Union wolle sich als moderne Großstadtpartei präsentieren.

 

Den ersten Schritt auf dem neuen Weg hat der Kreisvorstand bereits am Montagabend beschlossen - mit breiter Mehrheit, wie Kaufmann versichert. Künftig werden alle CDU-Kreisparteitage mitgliederoffen veranstaltet, bisher hatten dort nur die gewählten Delegierten aus den Bezirksgruppen Sitz und Stimme, rund 250 an der Zahl.

Versuchsphase bis Herbst 2012

Noch ist ein zentraler Punkt in den neuen, innerparteilichen Regeln offen: Ob in Zukunft, wenn es um Programme oder Kandidaturen geht, nur diejenigen entscheiden, die tatsächlich auf den Parteitagen erscheinen, oder ob es quasi Briefwahlen für alle 3200 Mitglieder gibt - darüber will man am Donnerstag in Degerloch befinden.

Sicher ist indessen: die neue Regelung gilt zunächst nur bis zum Herbst 2012, wenn die CDU turnusgemäß einen neuen Kreisvorstand wählen muss. Stefan Kaufmann sagt: "Bis dahin haben wir genügend Erfahrungen mit dem neuen System gemacht, dann können Kreisvorstand und Mitglieder neu entscheiden." Er glaube aber nicht, dass "es ein Zurück zum alten Delegiertensystem geben wird". Die Kritiker dieses Weges im Kreisvorstand, so Kaufmann, hätten unter anderem eingewandt, mit dem neuen System "wäre es möglich, kurzfristig neue Mitglieder zu werben und sie busweise zum Parteitag zu karren, um dort etwa Personalwahlen entsprechend zu beeinflussen". Dem jedoch, so der Kreisvorsitzende, könne man mit entsprechenden Regeln einen Riegel vorschieben.

Kein Votum gegen OB Schuster

Schon am Donnerstagabend in Degerloch wird das neue Regelwerk vom Kreisparteitag beschlossen - und muss kurz darauf seine erste Bewährungsprobe bestehen. Wie berichtet, hat die von dem früheren Stadtrat Roland Schmid geführte Bezirksgruppe Bad Cannstatt bereits vor Monaten den Antrag gestellt, die Nominierung der Kandidatin oder des Kandidaten für die OB-Wahl im Herbst 2012 über einen Mitgliederentscheid zu treffen. Zuvor, so der Antrag, sollen sich die Bewerber auf vier Regionalkonferenzen innerhalb der Landeshauptstadt der Parteibasis vorstellen. Roland Schmid und seine Mitstreiter möchten durchsetzen, dass der offizielle OB-Kandidat der CDU nicht mehr, wie früher, durch den Kreisvorstand und die Delegiertenversammlung gekürt wird, sondern durch die Basis der Partei.

Oberbürgermeister Wolfgang Schuster, der wiederholt betont hat, er werde am 7. Januar 2012 erklären, ob er noch einmal antrete oder nicht, sagte jetzt gegenüber der Stuttgarter Zeitung: "Ich kann an dem Parteitag in Degerloch nicht teilnehmen, weil ich einen anderen Termin habe, der schon lange feststeht." Stefan Kaufmann wiederum sagte: "Der Antrag, die Mitglieder über unseren OB-Kandidaten entscheiden zu lassen, sehe ich nicht als Misstrauensvotum gegenüber Wolfgang Schuster." Vielmehr gehe es jetzt, nach den Wahlniederlagen der letzten Jahre, darum, "die Partei besser mitzunehmen".