Die Böblinger Seite favorisiert allerdings lediglich die Wiederbelebung der Schwarzwaldbahn von Weil der Stadt nach Calw.

Böblingen/Calw - Eine direkte Zugverbindung aus dem Landkreis in die Landeshauptstadt – dieses Ziel hat der Calwer Landrat Helmut Riegger gleich zu Beginn seines Amtsantritts vor zwei Jahren zur Chefsache erklärt. Denn die Bürger im Schwarzwald fühlen sich abgehängt von der Region Stuttgart. Für die wirtschaftliche Entwicklung sei eine Anbindung an Stuttgart durch den öffentlichen Nahverkehr unverzichtbar, wird Riegger nicht müde, immer wieder zu betonen. Und deshalb treibt er gleich zwei ehrgeizige Eisenbahnprojekte voran.

 

Zum einen soll die frühere Schwarzwaldbahn wiederbelebt werden. Sie führte einst von Stuttgart bis nach Calw. Doch in den 80er Jahren legte man die Strecke von Weil der Stadt nach Calw still, die heutige S-Bahnlinie 6 endet in der Keplerstadt. Eine Reaktivierung bis Calw wäre möglich, da die Schienen bereits liegen.

Böblingen hat andere Interessen als Calw

Parallel dazu arbeiten Riegger und sein Team auch an der Verlängerung der S-Bahnlinie 1, die momentan von Kirchheim/Teck im Kreis Esslingen über Stuttgart und Böblingen bis nach Herrenberg führt. Diese würden die Calwer gerne bis nach Nagold verlängern.

Nun kann der Calwer Landrat die beiden Projekte, für die noch keine konkreten Kostenschätzungen vorliegen, nicht alleine durchsetzen. Schon aus finanziellen Gründen braucht er die Unterstützung der Nachbarkreise. Gefragt sind da vor allem die Böblinger. Und die haben Interessen, die nur zur Hälfte mit denen auf Calwer Seite übereinstimmen: So wird die Verlängerung der S-Bahn von Weil der Stadt nach Calw auch im Böblinger Kreistag als überlegenswertes Projekt angesehen. Die Verlängerung der S-Bahnlinie 1 nach Nagold hingegen betrachtet man mit großer Skepsis. Denn hier befürchtet Böblingen, dass dies ein Argument dafür sein könnte, nach dem Bau die Haltestellen des Regionalexpresses in Bondorf und Gäufelden aufzugeben. Deren Zukunft ist mit den kommenden Umstrukturierungen durch das Bahnprojekt Stuttgart 21 mehr als ungewiss.

„Wir kämpfen vor allem darum, dass der Regionalexpress weiter in Gäufelden und Bondorf hält. Dort hat er viele Fahrgäste“; betont der Böblinger Landrat Roland Bernhard stets. Nur wenn alle Bemühungen fehl schlügen, wäre die Verlängerung der S-Bahnlinie 1 eine Option. „Aber ob das dann bis nach Nagold sein muss, darüber müssten wir diskutieren“, sagt Bernhard.

Dem Landrat liegt eher daran, die Schwarzwaldbahn wiederzubeleben. Immerhin kommen viele Arbeiter des Sindelfinger Mercedeswerks aus dem Nordschwarzwald. Doch bei diesem Projekt mussten die Akteure im vergangenen Jahr einen Rückschlag einstecken. Die Wiederbelebung der Strecke sei unwirtschaftlich, so eine Studie. Diese stützte sich auf die Ergebnisse einer Verkehrszählung, die zu wenige Fahrgäste vorhersagte, um für den Ausbau der S-Bahn Fördergeld vom Land zu erhalten.

Calw zweifelt Ergebnisse einer ersten Studie an

Das Calwer Landratsamt zweifelte diese Gutachten an, weil die Zählungen stattfanden, als im Mercedeswerk Kurzarbeit herrschte – und gab eine neue Verkehrszählung und eine neue Studie in Auftrag. Doch die Ergebnisse lassen auf sich warten. Nun wir spekuliert, das die Zahlen nicht nach dem Geschmack der Auftraggeber sind. Und treibt deshalb Calw die Pläne für eine Verlängerung der S-Bahnlinie 1 voran?

Dort im Landratsamt gibt man sich bedeckt. „Wir arbeiten noch an der Schwarzwaldbahnstudie“, heißt es. Fakt aber ist: die Kreisräte beschlossen nun, eine Wirtschaftlichkeitsprüfung für die Verlängerung der S-Bahnlinie 1 erstellen zu lassen. 56 000 Euro soll sie kosten. „Der Kreis Böblingen beteilige sich nicht an den Kosten, erklärte dessen Sprecher Dusan Minic.