Winfried Kretschmann sieht die Grünen in Berlin schon an der Macht. Doch mit einer gedemütigten CDU wird das Regieren im Land nicht einfacher, kommentiert StZ-Autor Reiner Ruf.

Stuttgart - Winfried Kretschmanns Flieger nach Berlin am Wahlmorgen blieb am Boden, und auch sonst brachte der Wahltag dem Ministerpräsidenten einige Misshelligkeiten. Sicher, der befürchtete Absturz in der Wählergunst blieb aus, im Südwesten erreichten die Grünen ein schönes Ergebnis, das Kretschmann ein Schicksal erspart, wie es dem ersten baden-württembergischen Ministerpräsidenten Reinhold Maier widerfahren war. Der Liberale fand sich 1953 nach der Niederlage bei der Bundestagswahl politisch so geschwächt, dass er sein Regierungsamt aufgab.

 

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Gemessen an der bärbeißigen Kritik, die gerade Kretschmann bei der Bundestagswahl 2013 am vermeintlichen Linkskurs des damaligen Spitzenkandidaten Jürgen Trittin geübt hatte – dieser musste damals ein Scherbengericht über sich ergehen lassen –, erwies sich aber auch der Kurswechsel mit der Konzentration auf Öko in allen Lebenslagen als nicht durchschlagend erfolgreich.

Immerhin darf sich Kretschmann jetzt auf die von ihm ersehnte Regierungsbeteiligung in Berlin freuen – wenn sie denn wahr wird. Er kann dann im Bund mitregieren, muss aber damit rechnen, dass die Union nach dieser für die Landespartei besonders heftigen Niederlage zur Abwehr der AfD nach rechts driftet – und damit Gegenreaktionen bei Kretschmanns Grünen auslöst. Womöglich bleibt Angela Merkel dann nicht länger die Königin seines Herzens. Aber Teilhabe an der Macht in Berlin wäre ihm ein gar süßer Trost.