Das Thema Abschiebungen auch nach Afghanistan erhitzt die Gemüter bei den Grünen. Für ihren ersten und einzigen grünen Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg ist die Sache hingegen grundsätzlich klar.

Stuttgart - Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält im Prinzip Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber auch nach Afghanistan für geboten. Grundsätzlich sei klar, dass Menschen, die in Deutschland kein Bleiberecht hätten, zurückgeführt werden müssten. „Diese Linie haben die Ministerpräsidenten vor zwei Jahren mit Kanzlerin Merkel vereinbart, und die gilt auch für Afghanistan“, sagte der Grünen-Politiker im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Wir erwarten allerdings als Bundesland, dass der Bund die Verhältnisse in Afghanistan seriös und aktuell beurteilt. Er ist dabei zuständig“, ergänzte er.

 

Vor Weihnachten hatte eine Sammelabschiebung nach Afghanistan unter Federführung des Bundes für Diskussionen gesorgt. Das Grün-Schwarz regierte Baden-Württemberg beteiligte sich im Gegensatz zu manchen anderen Bundesländern, in denen die Grünen mitregieren, daran. Die Abschiebung eines zum Christentum konvertierten Afghanen wurde allerdings in letzter Minute auf Drängen der Grünen verhindert. Dass dieser Mann überhaupt auf der Liste stand, sorgte für Konflikte in der bundesweit ersten grün-schwarzen Landesregierung.

Kretschmann stellte noch einmal klar, dass Innenminister Thomas Strobl (CDU) in der Regierung primär für das Thema zuständig sei. In der Koalition könne man sich über die allgemeine Auslegung der Regeln einigen, aber nicht jede einzelne bevorstehende Abschiebung besprechen. Er räumte ein, dass Asylpolitik ein schwieriges Thema sei. „Aber das liegt nicht an den Grünen, sondern an der Sache selbst.“ Das Asylrecht sei eigentlich ein Individualrecht, das bei so großen Flüchtlingsströmen an seine Grenzen stoße. „Das ist eine Herausforderung für alle. Derzeit schlaucht das Thema die CDU mit der CSU aber noch viel mehr als uns Grüne“, meinte der Regierungschef.

Kretschmann bezeichnete den Zustand seiner Koalition als „gut“. Er räumte aber ein, dass ihm das „öffentliche Fingerhakeln“ seiner Regierung nicht gefalle. „Die Bundestagswahl wird die Koalition unter Stress setzen, denn im Bund sind wir Grünen ja in der Opposition“, sagte er mit Blick auf die Wahl 2017. „Daher müssen wir in der Koalition in Baden-Württemberg jetzt Vertrauensspeck ansetzen, so hatte es der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Reinhart treffend beschrieben, damit wir durch die Wahlkampfphase kommen, in dem von dem Speck einiges wieder weggefressen wird.“