Ministerpräsident Kretschmann stellt sich nach der Kritik an Auftragsvergaben vor seinen Verkehrsminister: Winfried Hermann mache einen „guten Job“, der Vorwurf des „grünen Filzes“ sei schlicht „abwegig“.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat seinen Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) gegen Kritik im Zusammenhang mit Auftragsvergaben in Schutz genommen. „Der Vorwurf ist abwegig“, sagte Kretschmann am Dienstag nach der Kabinettssitzung zur Kritik der CDU, bei der Beauftragung der Berliner Beratungsgesellschaft KCW handele es sich um „grünen Filz“. Die Vergaben im Volumen von einer halben Million Euro seien „alleine nach fachlichen Gründen“ und „rechtlich korrekt“ erfolgt.

 

Kretschmann nannte es „ein Muss“, dass das Ministerium für die Ausschreibung von Schienenverkehrsverträgen im Wert von fast zehn Milliarden Euro externe Berater beauftrage. Die eigentlich zuständige Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) könne die Aufgabe „alleine nicht stemmen“. Dank der Berater von KCW, die auch für andere, teils CDU-regierte Bundesländer tätig seien, habe der Südwesten bereits einiges Geld gespart.

Rückendeckung für den Verkehrsminister

Der Ministerpräsident verteidigte auch den KCW-Partner Michael Holzhey, auf den die CDU-Kritik vorrangig zielt. Aus der Schlichtung zu Stuttgart 21 sei bekannt, dass er ein Gegner des Bahnprojektes ist. „Die Preissteigerungen, die eingetreten sind, hat er ziemlich präzise vorausgesagt“, meinte Kretschmann. Holzhey hatte der Bahn und der Politik empfohlen, auf den Tiefbahnhof zu verzichten, Es drohe ein „Milliardengrab“. In Zeiten knapper Kassen wirke Stuttgart 21 wie ein Kannibale, der alle anderen Projekte auffresse, sagte er einmal .

Kretschmann bescheinigte seinem Verkehrsminister, er mache einen „guten Job“. Der Frage, ob Hermann bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt bleibe, wich er aus: Keiner seiner Ressortchefs habe eine solche Garantie. Allerdings habe er keinen Anlass, irgendeinem seiner Minister das Vertrauen zu entziehen. „Aktuell“ plane er keine Kabinettsumbildung, fügte der Regierungschef hinzu.

CDU spricht von „Vergabesumpf“

Die oppositionelle CDU verschärfte derweil ihre Kritik an Hermann. Angesichts eines StZ-Berichts über ungewöhnliche Umstände zweier Vergaben an KCW sprach die CDU-Verkehrsexpertin Nicole Razavi von einem „Vergabesumpf“, den der Minister „jetzt schnellstens aufklären“ müsse. Einen Auftrag von knapp 200 000 Euro hatten die Berliner erst erhalten, nachdem die Kriterien der Ausschreibung verändert worden waren, einen zweiten bekamen sie direkt, ohne dass weitere Angebote eingeholt worden waren. „Der Sachverhalt um die Beauftragung von KCW wird immer nebulöser“, rügte Razavi. Es sei „rätselhaft“, warum nach der ersten Ausschreibung nachgebessert worden sei und „mindestens verdächtig“, dass KCW dann den Zuschlag erhalten habe. „Wir wollen wissen, warum die Kriterien nachträglich geändert wurden und welche fachlichen Gründe es hierfür gab“, sagte die CDU-Abgeordnete. Gerade wenn es persönliche Beziehungen zwischen Auftraggeber und -nehmer gebe, müssten die Vorgänge „über jeden Zweifel erhaben sein“.

Ex-Amtschef als Berater verpflichtet

Das Verkehrsministerium bestätigte derweil StZ-Informationen, wonach der Ende März altershalber ausgeschiedene Ministerialdirektor Hartmut Bäumer das Ressort weiterhin berät. Er stehe seinem Nachfolger als Amtschef, Uwe Lahl, bei den Vergabeverfahren für den Schienenpersonennahverkehr zur Seite. Damit wolle man in einer Übergangszeit bis zu den Sommerferien 2014 „einen umfassenden Know-How- und Informationsübergang“ sicherstellen, sagte ein Sprecher. Dies sei wegen der großen Bedeutung der SPNV-Vergaben und des „außerordentlichen Zeitdrucks“ notwendig. Bäumers Vergütung sei auf 1000 Euro monatlich festgesetzt worden. Lahl war bis 2009 Ministerialdirektor im Bundesumweltministerium und dort Leiter der Abteilung Immissionsschutz, Gesundheit und Verkehr. Danach wurde er Geschäftsführer einer Beratungsgesellschaft.