Fast 3500 Stuttgarter Kinder unter drei Jahren warten auf einen Krippenplatz – mehr als je zuvor. Dabei baut die Stadt ihre Betreuung aus, kommt aber nicht hinterher.

Stuttgart - Nach wie vor tun sich viele Eltern in Stuttgart schwer damit, einen Krippenplatz für ein Kleinkind zu finden. Derzeit fehlen laut Stadtverwaltung 3478 Plätze für unter Dreijährige – 60 Plätze mehr als vor einem Jahr. Das belegt der Wartelistenabgleich des Jugendamts. Dabei hat die Stadt in den vergangenen Jahren die Kitas kräftig ausgebaut – und innerhalb eines Jahres die Zahl der Krippenplätze um 329 aufgestockt. Der Grund für die ungewöhnliche Entwicklung: Stuttgart hat wieder mehr Kinder – nämlich einen Zuwachs um 652 zum Stichtag 31. Dezember 2014.

 

Dies wurde im Jugendhilfeausschuss am Montag mit Freude registriert. Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) räumte aber auch ein: „Wir haben die Zahl der Flüchtlingskinder nicht mit einkalkuliert – und wir sollten noch das Thema Familiennachzug im Hinterkopf haben. Das würde bedeuten, dass die Zahl der Kinder noch mehr wächst.“ Nicht ohne Stolz verwies die Bürgermeisterin auf die „sehr gute Versorgungsquote, die wir erreicht haben“ – trotz der längeren Wartelisten. Aktuell sind 40,6 Prozent aller unter dreijährigen Kinder mit einem Betreuungsplatz versorgt, konkret gibt es 6793 Plätze. Nötig wären aber Plätze für 61 Prozent der Kleinkinder. Einen Großteil der fehlenden Plätze hat der Gemeinderat bereits auf den Weg gebracht, indem er Bauvorhaben für 2500 Kleinkinder beschlossen hatte. „Die Umsetzung dauert drei bis vier Jahre“, erläuterte Jugendamtschef Bruno Pfeifle im Ausschuss. „Das geht nicht schneller.“ Dann würde sich die Betreuungsquote auf 55,6 Prozent erhöhen. Bei Umsetzung der im Haushalt noch zu beschließenden Anträge könnten sogar 89 Prozent der Ein- und Zweijährigen mit Plätzen versorgt werden, rechnete Fezer vor – damit sei der Bedarf gedeckt.

Fraktionen sind stolz auf Ausbautempo – Fragen bleiben

Iris Ripsam (CDU) zeigte sich „fasziniert“ über das rasante Ausbautempo bei den Krippen. Auch Judith Vowinkel (SPD) war erfreut über „die Verbesserungen von Jahr zu Jahr“. Eigentlich, so die SPD-Stadträtin, „könnten wir uns schon beruhigt zurücklehnen“. Doch was passiere mit den Flüchtlingen? Mit den Interimsbauten? Der Personalgewinnung? Mit den Luftwerten? Und wie, so Vowinkel, würden mit dem Auslaufen der Horte, wo bis zu zwölfjährige Kinder sein dürfen, künftig die Fünft- und Sechstklässler betreut?

Auch Vittorio Lazaridis (Grüne) stellte eine gewisse Aufbruchstimmung fest, erinnerte aber auch an die 3480 Kinder, die noch auf der Warteliste stehen – „für die Betroffenen ist das kein großes Trostpflaster“. Auch in Zukunft werde es beim Ausbau „einige weiße Flecken geben“, so Lazaridis. Denn im Westen, Süden, Osten und Degerloch werde sich die Betreuungssituation eben nicht so schnell entspannen. Welche Strategie die Stadt denn beim Ausbau verfolge, wollte Lazaridis wissen. Und auch, wie die Stadt sich auf die Betreuung der Flüchtlingskinder einstelle. Ob denn die Stadt bei der Vergabe der Kitaplätze unterscheide zwischen Kindern mit oder ohne Bleibeperspektive. Und ob man für Flüchtlingskinder ein Zusatzangebot zum Sprachelernen anbieten werde.

Jugendamtschef kündigt Konzept für Flüchtlingskinder an

In Sachen Flüchtlingskinder kündigte Pfeifle ein Extrakonzept an, das die Stadt den Gremien im Februar vorlegen werde. Was die älteren Schulkinder, deren Betreuung in den Horten ausläuft, angehe, mache man derzeit eine Befragung.

Die Fertigbauten, in denen viele Kitas untergebracht sind, seien zwar alle auf fünf Jahre befristet – „ich gehe aber davon aus, dass die noch mal um fünf Jahre verlängert werden“, so Pfeifle. Dass die Wartelisten auf einen Kitaplatz in den Innenstadtbezirken besonders groß sind, liege daran, dass es besonders schwierig sei, dort geeignete Standorte für Neubauten zu finden.