Sie sind Nationalisten, behaupten aber von sich, weder Ausländerfeinde noch Antisemiten zu sein. Eine klare Linie ist in ihrem politischen Kurs nicht auszumachen. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen stehen sie aber gerne in der ersten Reihe.

Kiew -

 

Seit Monaten gehören sie zum Stadtbild in der Kiewer Innenstadt: Die Männer des Rechten Sektors; die meisten tragen olivfarbene Militärkleidung, etliche von ihnen sind bewaffnet, einige tragen für alle sichtbar Schusswaffen. Bis Anfang dieses Jahres war die Gruppe auch in der Ukraine den meisten unbekannt. Seit März treten die Männer um den Anführer Dmitrij Jarosch als Partei auf, der 42-Jährige kandidiert für die Präsidentschaftswahl am 25. Mai. Nach eigenen Aussagen hat der Rechte Sektor 10 000 aktive Mitglieder. Vor allem im Zuge der Proteste auf dem Maidan im vergangenen Winter hat die Gruppe einen immer größeren Zulauf erfahren. Bei gefährlichen und teilweise gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei standen die Männer vom Rechten Sektor an der vordersten Linie.

Keine Zweifel bestehen darin, dass auch einige der Führungsleute gewaltbereit und ausländerfeindlich sind. Das bekannteste Beispiel ist Alexander Musytschko, der sich „Weißer Sascha“ nennen ließ. Ende März wollten ihn ukrainische Sicherheitsleute festnehmen, auf der Flucht wurde er erschossen, die genauen Umstände sind ungeklärt. Musytschko hatte in den 1990er Jahren im Tschetschenienkrieg gegen Russland gekämpft und war in der Ukraine immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten, unter anderem wurde er wegen Erpressung und Körperverletzung verurteilt.

Rechte Partei ist kein Sammelbecken für Kriminelle

Der Anführer der Rechten, Dmitrij Jarosch, hat in den vergangenen Wochen mehrfach beteuert, seine Partei sei kein Sammelbecken von Kriminellen – im Gegenteil: unter den Mitgliedern befänden sich pensionierte Offiziere, frühere Mitarbeiter des Innenministeriums und der Sicherheitsbehörden. „Wir haben Spezialisten, die, wenn nötig, eine S-300 Flugabwehrrakete abschießen können“, sagte der Philologe dem ukrainischen Fernsehen. Mit solchen Bemerkungen macht er der Mehrzahl der Ukrainer Angst. Es gibt aber auch Sympathisanten. Alleine in den sozialen Netzwerken, etwa bei der russischsprachigen Variante von Facebook, V-Kontakte, hat die Gruppe mehr als 300 000 Freunde.

Die Mitglieder des Rechten Sektors werden in der Öffentlichkeit oft als rechtsradikal, gewaltbereit und ausländerfeindlich hingestellt. Fakt ist, dass bei der Gründung der Gruppe Ende 2013 auch Vertreter der ultranationalen Trident-Bewegung und der antisemitischen Una-Unso beigetreten sind. Verwirrend sind deshalb auch Auftritte von Vertretern des Rechten Sektors bei jüdischen Gemeinden in der Ukraine. Anfang April traf sich der Oberrabbiner von Odessa, Abraham Wolff, mit Männern des Rechten Sektors. Zuvor waren an der Mauer des jüdischen Friedhofs antisemitische Schmierereien entdeckt worden. „Damit haben wir nichts zu tun“, sagt Artem Skoropadski, der Sprecher des Rechten Sektors.

Bei Gefahr soll der israelische Botschafter hinzugezogen werden

Der israelische Botschafter in der Ukraine Reuven Din El hat Jarosch in den vergangenen Wochen mehrfach getroffen. Im März bot der Rechte Sektor den jüdischen Gemeinden in der Ukraine seine Sicherheitsdienste an. Man vereinbarte die Einrichtung einer Hotline, die bei gewalttätigen Übergriffen auf jüdische Einrichtungen genutzt werden soll, bei Gefahr sollen die Jarosch-Leute zur Hilfe geholt werden.

Diese Kooperation irritiert viele Beobachter. Auf die Widersprüche angesprochen, erklären die Vertreter des Rechten Sektors, man sei weder antisemitisch noch ausländerfeindlich. Verteidigt würden Werte wie der Erhalt der Ukraine als Nation. Jeder, der das infrage stelle, ob Russland oder die EU, würde als Feind wahrgenommen.