In Stuttgart fordern nach den Erfahrungen vom Amoklauf in München viele die Einführung von Smartphone-Apps für die Krisenkommunikation. Das Innenministerium und die Stadt prüfen diverse Varianten.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Wie in vielen anderen Städten wird in Stuttgart zurzeit diskutiert, ob man sich an einem weiteren Warndienst beteiligen soll: Durch München wurde zum Beispiel Katwarn bekannt – auch durch die Meldung, dass dieses Programm für das Smartphone nicht mehr in angemessener Geschwindigkeit reagiert. Aufgrund des aktuellen Sicherheitsempfindens fordern nun viele, dass die Behörden im Vorfeld von Großereignissen wie Wasen oder Weihnachtsmarkt Warnsysteme wie Katwarn einrichten sollen.

 

Katwarn bietet ein Tochterunternehmen der öffentlichen Versicherer an

Die App Katwarn vertreibt Kombirisk, ein Tochterunternehmen der öffentlichen Versicherer. „Wir haben nach München die Serverkapazitäten erhöht“, sagt deren Sprecher Arno Vetter. Die Rechner seien am Wochenende in die Knie gegangen, weil zusätzlich zu den 250 000 Münchner Nutzern eine halbe Million Handybesitzer das Miniprogramm auf ihr Smartphone luden. Zurzeit habe man 1,5 Millionen Nutzer, bis Mittwochabend soll der übliche Puffer für 500 000 Nutzer auf Servern eingerichtet sein. Die Inhalte, welche über die Apps als Warnung verteilt werden sollen, steuern die jeweiligen Leitstellen, erklärt der Geschäftsführer.

Anbieter erhöht kontinuierlich die Serverleistung

Für Stuttgart sei das System, das einmalig 15 000 Euro kostet, schnell einzurichten: „Wir könnten das bis zum Volksfest in Stuttgart auf die Beine stellen“, sagt Arno Vetter. 14 Tage Vorlauf würden reichen. In der Stadtverwaltung sieht man das anders: „So schnell geht das nicht. Man muss sich damit befassen, welche Apps es gibt, was sie leisten, und was man im Notfall einstellt“, sagt Hermann Karpf, Referent des Ordnungsbürgermeisters Martin Schairer. „Solche Meldungen brauchen einheitliche Standards, die dürfen nicht von Behörde zu Behörde unterschiedlich sein“, fügt er hinzu.

Der Chef der Stuttgarter Feuerwehr, Frank Knödler, hat in seiner Funktion als Präsident des Landesfeuerwehrverbandes an das Innenministerium geschrieben, um sich erneut für eine landesweite Einführung der App stark zu machen. „Als wir uns vor ein paar Jahren damit befassten, lief es noch über SMS, da waren die Folgekosten zu hoch“, berichtet Knödler. Er sei für eine landesweite Lösung, für die man natürlich auch noch weitere Apps analysieren müsse. „Wir haben uns bisher nur mit Katwarn befasst“, so Knödler.

Innenministerium setzt im Katastrophenfall auf Nina

Das Innenministerium hat eine klare Meinung: „Wir präferieren Nina“, sagt der Sprecher Rüdiger Felber. Der Name steht für Notfall-Informations- und Nachrichten-App. Zur Verfügung stellt sie das Bundesamt für Katastrophenschutz. Wie Katwarn auch, ist sie in erster Linie für Unwetterwarnungen und klassische Themen des Katastrophenschutzes gedacht. „Bei einem Ereignis wie in München könnte man natürlich auch über eine polizeiliche Lage informieren“, fügt Felber hinzu. Nina sei bundesweit einheitlich, ein weiterer Vorteil, den man im Ministerium gegenüber Katwarn sehe. „Katwarn ist vor allem ein regionales Warnsystem“, sagt der IM-Sprecher. In Baden-Württemberg nutzt es bislang nur der Landkreis Böblingen. Nina habe auch den Vorteil, auf eine vom Bund betriebene Infrastruktur mit zahlreichen Sendestellen zugreifen zu können, was das System stabiler mache. Zurzeit trenne das Ministerium aber noch zwischen Katastrophenwarnungen und polizeilichen Lagen. Wenn es zu großen Polizeieinsätzen komme, sollen künftig die sozialen Netzwerke stärker bedient werden. Im August werden flächendeckend alle Polizeipräsidien die Dienstanweisung aus dem IM bekommen, Profile auf Facebook und Twitter einzurichten.