Die gute Nachricht ist: Ein Atomendlager in Deutschland ist möglich. Das meint die zuständige Kommission. Aber: Allein einen Standort zu finden, wird schwierig.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Die gute Nachricht ist: Ursula Heinen-Esser (CDU) und Michael Müller (SPD) sehen die Endlagerkommission in die Zielgerade einbiegen. Vor fast zwei Jahren haben die Kommissionschefs, die beide auch schon Staatssekretär im Umweltministerium waren, begonnen, mit diesem Gremium Kriterien aufzustellen, die bei der Suche nach einem Endlagerstandort für Atommüll in Deutschland gelten sollen.

 

Die Herausforderung: Sicherheit für eine Million Jahre

Das klingt kompliziert, und das ist es auch. In 22 Monaten haben die Kommission und ihre fünf Arbeitsgruppen 88 Sitzungen abgehalten, rund 500 Stunden getagt und 400 Drucksachen mit vielen Tausend Seiten Information produziert. Die Suche nach einem Endlager für den Müll aus der Kernkraft ist aus zwei Gründen eines der dicksten Bretter, das die Politik in Deutschland bohren muss: Erstens muss das Endlager hochradioaktive Stoffe eine Million Jahre lang sicher einschließen – in solchen Zeiträumen hat die Politik noch nie gedacht oder geplant; und zweitens vergiftet der Streit über Gorleben die Debatte schon seit Jahrzehnten.

Für die neue Endlagersuche, die die Kommission vorbereiten soll, gilt das Prinzip der „weißen Landkarte“. Das bedeutet, dass weder Vorfestlegungen gelten, noch dass Regionen von vorneherein aus dem Suchverfahren ausgeschlossen werden. Als generell geeignet gelten Salz, Ton und Kristallin. Ende Juni wollen Ursula Heinen-Esser und Michael Müller den Bericht vorlegen. Der ist dann die Grundlage dafür, dass Bundestag und Bundesrat die Weichen stellen können, um mit der konkreten Suche nach einem Endlagerstandort zu beginnen. Wo es dann genau gebaut wird, soll etwa im Jahr 2030 entschieden werden.

„Ein Endlager in Deutschland ist möglich“

Zwar sind nach den Worten der beiden Kommissionschefs einige zentrale Streitfragen – über die Beteiligung der Öffentlichkeit und die Anforderungen an das Deckengebirge über dem künftigen Endlager – noch offen, aber auf einige wegweisende Empfehlungen hat sich das Gremium schon verständigt. „Wir sind heute schon so selbstbewusst zu sagen, dass es anhand der Kriterien, die die Kommission festlegt, möglich ist, ein Endlager in Deutschland zu finden“, erklärte Ursula Heinen-Esser in Berlin. Tatsächlich hätten Fachleute bereits damit begonnen, die in der Kommission unumstrittenen Mindestanforderungen und Ausschlusskriterien für ein Atomendlager auf die Deutschlandkarte zu projizieren. „Das ist ein kompliziertes Verfahren, das außerhalb der Kommission läuft“, erklärte Heinen-Esser.

99 Prozent der Bundesrepublik sind nicht tauglich

Am Ende werden nach ihrer Einschätzung etwa 60 Regionen von rund neun Quadratkilometern Größe übrig bleiben, die prinzipiell als Standort in Frage kommen und nicht von vorneherein aus der Suche ausgeklammert werden müssen. Rechnet man das hoch, bedeutet das, dass mehr als 99,8 Prozent der Bundesrepublik ungeeignet sind, ein Endlager aufzunehmen. Nur 1,5 Promille der Fläche erfüllen überhaupt die Voraussetzungen für eine nähere Untersuchung. Ausschlusskriterien sind nach Auffassung der Kommission zum Beispiel Wohngebiete, Hochwasserschutz-, Erholungs- oder Naturschutzgebiete, Regionen mit Erdbebengefahr, Regionen, in denen Trinkwasser oder Bodenschätze gefördert werden.

Die wichtigste Festlegung, die das Gremium bisher getroffen hat, ist, dass der Atommüll in dem zukünftigen Endlager reversibel, rückholbar und bergbar eingelagert werden soll. Das soll die spätere Korrektur eventueller Fehler ermöglichen, und künftigen Generationen Handlungsoptionen und Entscheidungsspielräume offenhalten – etwa wenn technischer Fortschritt bessere und sicherere Lagermöglichkeiten als heute ermögliche. Die Rückholbarkeit soll auch dann noch gelten, wenn der Atommüll bereits im Endlagerbergwerk verschlossen ist. Dazu müsse vor allem sichergestellt werden, dass die Behälter intakt sind und ihre Lage im Bergwerk exakt dokumentiert wird.

Darüber hinaus schlägt die Endlagerkommission ein Doppellager mit getrennten Bereichen für hoch- und für schwach-radioaktiven Müll vor. Ein gemeinsames Lager für beide Stoffkategorien, wie es die Bundesregierung zuletzt in ihrem Entsorgungskonzept vorgeschlagen hat, lehnen die Experten ab. Das sei aufgrund unterschiedlicher Anforderungen an das umgebende Gestein nicht möglich. Ein Doppellager mit getrennten Bereichen sei allerdings machbar.