Heiko Maas (SPD) hat Facebook zum Gespräch geladen: Ihn hätten zahllose Klagen erreicht, dass man Beschwerden über rassistische Inhalte nicht nachgehe. Doch eine effektive Kontrolle im Netz ist schwierig – wie ein aktuelles Beispiel aus den USA zeigt.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Jeder, der auf der Suchmaschine Google schon einmal Ergebnisse aufgerufen hat, ist bereits über diesen Satz gestolpert: „Aus Rechtsgründen hat Google x Ergebnisse von dieser Seite entfernt.“ Facebook besitzt so genannte „Gemeinschaftsstandards“, die definieren, was auf dem sozialen Netzwerk gepostet werden darf oder nicht. Auch der Kurznachrichtendienst Twitter versucht seit 2012 länderspezifisch rechtswidrige Ergebnisse herauszufiltern. Eine Kontrolle über Inhalte im Netz ist also prinzipiell möglich.

 

Dem Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zufolge tut Facebook allerdings angesichts der zurzeit in Deutschland überschäumenden fremdenfeindlichen Hetze nicht genug. „Insbesondere beklagen Facebook-Nutzer, dass Ihr Unternehmen trotz entsprechender konkreter Hinweise rassistische und fremdenfeindliche ,Posts’ und Kommentare nicht effektiv unterbinde,“ heißt es in einem Schreiben von Maas an das soziale Netzwerk. Facebook sei aber nach deutschem Recht verpflichtet, rechtswidrige, etwa volksverhetzende Inhalte sofort nach dem Bekanntwerden zu löschen.

Facebook hat sich bereit erklärt, an einem von Maas vorgeschlagenen Gespräch Mitte September teilzunehmen. „Wir nehmen die Bedenken sehr ernst“, sagte die Facebook-Sprecherin. Rassismus widerspreche klar den eigenen Standards.

Zweierlei Maß bei Sex und Rassismus?

Doch der von Maas angedeutete Vorwurf, dass Facebook sehr wohl in der Lage sei, sexuell anstößige Inhalte rigoros zu unterbinden, beleuchtet die Schwierigkeit solcher Eingriffe. Facebook hat beispielsweise auf fast groteske Weise präzise definiert, was unanständige Bilder sind: „Wir entfernen Fotos von Personen, auf denen Genitalien oder vollständig entblößte Pobacken zu sehen sind. Außerdem beschränken wir Bilder mit weiblichen Brüsten, wenn darauf Brustwarzen zu sehen sind.“

Doch in einer Vielzahl von Sprachen und Rechtssystemen festzulegen, wo die Meinungsfreiheit endet, ist schwieriger. In den USA gilt beispielsweise der absolute Vorrang der freien politischen Meinungsäußerung. Bisher wurde Google, Facebook und Twitter von deutschen Netzaktivisten vorgeworfen, dass sie sich viel zu bereitwillig als Zensoren betätigen würden. Alle Anbieter, auch Facebook, räumen ein, dass ihre hunderte dafür eingeteilten Mitarbeiter Inhalte und Links gar nicht durchkämmen können, sondern nur auf Beschwerden von Nutzern reagieren – die sich dann vielleicht, wie Maas bemängelt, aus intransparenten Gründen abgewimmelt fühlen.

Das Rennen ist kaum zu gewinnen

Doch letztlich ist es ein Rennen, das die Anbieter kaum gewinnen können. Dies zeigt das Beispiel Twitter: Allein binnen sieben Tagen waren dort laut dem Analysedienst Topsy mehr als 24 000 Tweets mit dem Schlagwort („Hashtag“) Heidenau angefallen. Dazu kamen im selben Zeitraum noch einmal fast 43 000 mit dem Schlagwort Flüchtlinge. Bei dramatischen Zuspitzungen können das auch einmal tausende Tweets pro Stunde sein. Theoretisch müsste jeder einzelne Tweet nicht nur bei den 140 Zeichen Inhalt, sondern auch den daran gehängten Links überprüft werden. Computeralgorithmen sind aber noch nicht in der Lage, solche Inhalte zu filtern, das müssen immer noch Menschen tun.

Einen besonders krassen Fall, dass Eingriffe angesichts der hohen Umlaufgeschwindigkeit im Netz zu spät kommen, zeigt der aktuelle Fall aus den USA, bei dem eine Moderatorin und ein Kameramann in einer Livesendung erschossen wurden. Der Täter hatte zuvor die Publikation auf sozialen Plattformen wie Twitter und Facebook akribisch geplant: Er postete erst, als sein Namen in den Nachrichten war. Auch wenn die sozialen Plattformen sein grausames Video rasch löschten, war es im Netz schon nicht mehr einzufangen. „Tausende, vielleicht Millionen von Nutzern auf sozialen Netzwerken konnten sich nicht zurückhalten, haben hingeschaut und es geteilt“, schreibt die „New York Times“.