Das Atomkraftwerk im elsässischen Fessenheim braucht eine neue wasserrechtliche Genehmigung. In der Kritik steht insbesondere die geplante maximale Wassertemperatur von 28 Grad nach Einleitung gebrauchten Kühlwassers in den Rheinseitenkanal. Experten bemängeln, dass insgesamt zu selten gemessen wird

Fessenheim - Das Verfahren für eine neue wasserrechtliche Genehmigung des Atomkraftwerks Fessenheim geht in die Endphase. In der Kritik steht insbesondere die geplante maximale Wassertemperatur von 28 Grad nach Einleitung gebrauchten Kühlwassers in den Rheinseitenkanal. Suzanne Gazal, die Präsidentin des wissenschaftlichen Beirats der Fessenheim-Informationskommission kritisiert zudem, dass im jetzt vorliegenden Entwurf keine Angaben über die Rückführung teilweise belasteter Sedimente gemacht würden.

 

Ob und in welchem Maße die französische Atomaufsicht Einwände gegen den Antrag des Betreibers Electricité de France (EdF) berücksichtigen wird, ist unklar. Sophie Letournel, die Leiterin der für Fessenheim zuständigen Atomaufsicht in Straßburg, versichert, ihre Behörde werde alle Einwände analysieren und über eventuelle Veränderungen beraten.

Untersuchungen im Auftrag der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins haben nachgewiesen, dass die Temperatur des Rheinwassers in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen ist. Zum Teil geht sie auf das Konto der Klimaerwärmung. Einen beträchtlichen Betrag haben auch die Kernkraftwerke entlang des Flusses geleistet, darunter der Meiler im elsässischen Fessenheim am Rheinseitenkanal – der einzige ohne Kühlturm. Die Wärmezufuhr durch eingeleitetes, gebrauchtes Kühlwasser – pro Jahr sind es bei Fessenheim 3600 MW – wirke sich, sagt Suzanne Gazal, je nach Betriebsstärke mit einer Erhöhung um bis zu zwei Grad Celsius in einem Radius von bis zu hundert Kilometern aus, also bis nach Marckolsheim, Straßburg und Iffezheim. Durch die Neuregelung sollen immerhin viele Schadstoffwerte im rückgeführten Kühlwasser sinken. Auch die erlaubte Wassertemperatur soll dann niedriger sein. Suzanne Gazal, Expertin für Umwelt- und Gesundheitsrisiken an der Universität Toulouse, bemängelt, der Betreiber EdF habe hierfür keine ausreichend differenzierten Messewerte vorgelegt. „Bestimmte Fischarten reagieren sehr sensibel auf abrupte Temperaturschwankungen“, sagt Gazal. „Wir fordern deshalb drei Messungen pro Tag.“ Durchschnittswerte oder gar Jahresmengen sagten wenig aus über die punktuelle Belastung für die Wasserfauna.

Auch die deutsche Seite hat ihre Bedenken schon geäußert

Auch die deutschen Nachbarn sehen die Vorlage skeptisch. Denn in Deutschland wird derzeit die Verordnung für Oberflächengewässer modifiziert. Wenn nach der wasserrechtlichen Neugenehmigung für Fessenheim im Rheinseitenkanal mit Temperaturen von bis zu 28 Grad, in Ausnahmesituationen sogar von 29 Grad zu rechnen sei, sagt die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer, könne der angestrebte deutsche Orientierungswert von maximal 25 Grad ab Breisach nicht erreicht werden. Bei Breisach geht der bei Weil/Märkt abgezweigte Rheinseitenkanal wieder in den Rhein über. „Eine solche Abwärme-Einleitung wirkt wie eine Barriere“, sagt Schäfer. Es sei bekannt, dass eine Erwärmung ganz konkret den Sauerstoffgehalt des Wassers beeinträchtigt. „Unter dieser Voraussetzung können wir der wasserrechtlichen Genehmigung für das Akw Fessenheim nicht zustimmen“, sagt Schäfer. Die jetzige Regelung stammt aus den 1970er und 1980er Jahren.

Der von EdF gewünschte Grenzwert ist erstaunlich, denn in Fessenheim wurde der alte Maximalwert nie ausgeschöpft, sodass der neue Wert von 25 Grad eigentlich kein Problem darstellen dürfte. Für Suzanne Gazal hat der EdF-Antrag eine weitere Schwachstelle. „Es hat mich erstaunt, dass keinerlei Angaben darüber gemacht werden, in welchen Konzentrationen und zu welchem Zeitpunkt Sedimente zugeführt werden dürfen.“ Große Mengen Sedimente fallen an bei der Förderung von Kühlwasser aus dem Kanal. Derzeit werden sie auf dem AKW-Gelände gelagert. Die Art und Weise der Zuleitung hält Gazal entscheidend für das Wassermilieu. Dabei seien kontinuierliche Temperaturkontrollen notwendig. Bisher sind sie nicht geplant.