Die Tage des Tafelladens in der Göppinger Gartenstraße sind gezählt. Der von der Caritas Fils-Neckar-Alb betriebene Einrichtung, in der sich Bedürftige mit günstigen Lebensmitteln eindecken können, ist gekündigt worden.

Göppingen - Die Tage der Göppinger Tafel in der Gartenstraße sind gezählt. Die Kündigung liegt auf dem Tisch. Bis zum 30. April muss die von der Caritas Fils-Neckar-Alb in der Stauferstadt betriebene Einrichtung ein neues Domizil gefunden haben. Die Verkaufsräume, in denen sich bedürftige Menschen künftig mit günstigen Lebensmitteln versorgen können, sollten größer sein, als der Laden in der Gartenstraße 45. Angesichts des knappen Angebots an passgenauen Flächen in der Göppinger Innenstadt gleicht das der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Ein halbes Jahr des vergeblichen Bemühens liegt bereits hinter den Verantwortlichen.

 

Caritas steht noch mit leeren Händen da

Fünf Monate vor dem Auszugstermin steht die Caritas noch mit leeren Händen da – aber immerhin mit dem Versprechen des neuen Eigentümers, der Kreissparkasse Göppingen, dass diese sie im Zweifelsfall nicht im Regen stehen lässt. „Der Laden kann bleiben, bis klar ist, wann das Gebäude abgerissen wird“, versichert Tobias Kocherscheidt, der Geschäftsführer des Fachpartners Gewerbeimmobilien, einer Sparkassen-Tochterfirma. Außerdem wollen die Immobilienexperten dem Tafelladen bei der Suche nach neuen Räumen helfen. Das verspricht auch die städtische Wirtschaftsförderung. Sie unterstützt der Stadt zufolge das Anliegen und hat der Caritas vorgeschlagen, mit der städtischen Wohnbaugesellschaft Kontakt aufzunehmen.

„Wir sehen den erzwungenen Auszug inzwischen auch als Chance für einen Neuanfang“, sagt Agathe Haug, die Marktleiterin. Während der 150 Quadratmeter große Verkaufsraum, in dem der Tafelladen seit der Gründung vor 15 Jahren sein Angebot präsentiert, aus den Nähten platzt, steigt die Zahl der bedürftigen Menschen, die sich dort mit günstigen Lebensmitteln eindecken. „Zuletzt haben wir rund 100 Flüchtlinge aus den Gemeinschaftsunterkünften hinzubekommen“, sagt die Marktleiterin. Damit haben rund 600 Menschen einen Schein, der sie zum Einkauf in der Gartenstraße berechtigt.

Flüchtlinge als neuer Kundenkreis

Montag, 11 Uhr: im Tafelladen herrscht drangvolle Enge. Binnen der nächsten vier Stunden werden sich hier knapp 200 Menschen mit dem Grundbedarf an Lebensmitteln eindecken. Die Menschen stehen bis zu einer halben Stunde an der Kasse an, um die paar Euro für ihren prall gefüllten Einkaufskorb zu zahlen. Man glaubt ihnen anzusehen, dass sie nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Auffällig viele junge Männer sind darunter.

Schon allein der neuen Kundschaft wegen ist Agathe Haug gar nicht traurig, dass die Zeichen auf Veränderung stehen. „Wir bräuchten Räume, die mindestens doppelt so groß sind“, sagt sie. Der neue Tafelladen sollte zentral gelegen und mit Bus und Bahn gut erreichbar sein. Darüber hinaus müsste er über einen barrierefreien Zugang verfügen und von der Rückseite her von den beiden Caritas-Lieferwagen problemlos anzufahren sein.

„Wenn unsere Autos vor dem Laden hielten, würde uns die Ware schon beim Ausladen aus den Händen gerissen“, sagt Agathe Haug. Das gehe schon allein deshalb nicht, weil die Lebensmittel, die es nicht mehr in die Regale der Supermärkte von Penny, Lidl, Aldi, Marktkauf, Edeka und Co. geschafft hätten, von Hand sorgfältig vorsortiert werden müssten. Die Spreu vom Weizen zu trennen – das ist die Hauptarbeit der rund 35 Tafelladen-Helfer. „Die Sinne entscheiden“, sagt Agathe Haug. Lebensmittel, die trotz eines abgelaufenen Haltbarkeitsdatums den Geschmackstest bestehen, kommen in die Regale. Den kümmerlichen Rest bekommt ein Bauer. In der Gartenstraße dreht der Warenkreislauf noch eine Ehrenrunde – zum Nutzen aller.