In vielen Darlehensverträgen finden sich falsche Klauseln, die Kunden die Möglichkeit geben, den Vertrag zu widerrufen – und zum Beispiel einen neuen Kredit mit niedrigeren Zinsen abzuschließen. Nach Plänen der Bundesregierung sollen Kündigungen wegen der falschen Klauseln nur noch bis Mitte 2016 möglich sein.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Ein aktueller Beschluss der Bundesregierung kann für Bauherren und Wohnungskäufer sehr nachteilig werden. Banken und Sparkassen dagegen dürften sich freuen. Denn der Widerruf fehlerhafter Kreditverträge, die zwischen 2002 und 2010 massenhaft abgeschlossen wurden, soll nur noch bis 21. Juni 2016 möglich sein. Bisher gibt es keine solche Frist. Seit Jahren läuft eine Klagewelle gegen die Banken. Vor Gericht haben Betroffene bereits bis zu 64 000 Euro Rückzahlung durchgesetzt. Nach Angaben von Verbraucherschützern geht es um Kredite über insgesamt 1,6 Billionen Euro. Rund 80 Prozent der bis 2010 geschlossenen Verträge gelten als fehlerhaft, weil Banken ihre Kunden darin nicht ausreichend über das seit 2002 geltende Widerrufsrecht aufgeklärt haben.

 

Widerrufe sollen nur noch bis Mitte 2016 möglich sein

Ein Sprecher von Verbraucher- und Justizminister Heiko Maas (SPD) bestätigte auf Anfrage den Kabinettsbeschluss vom 7. Oktober zu einem veränderten Gesetzentwurf. Damit will die Bundesregierung spätestens bis 21. März 2016 eine EU-Richtlinie umsetzten, die Immobilienkredite transparenter und verbraucherfreundlicher machen soll. Der Entwurf enthalte nun eine Fristenregelung, wonach der Widerruf von Altverträgen drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes nicht mehr möglich sein werde. Der erste Gesetzentwurf enthielt noch keine derartige bankenfreundliche Frist. Die Änderung sei „auf Wunsch der Bundesländer“ erfolgt und werde „von der gesamten Bundesregierung und damit auch dem Justizminister mitgetragen“, sagte der Sprecher. Zu der Frage, inwieweit bei der Entscheidung Interessenvertreter der Banken und der kommunal verankerten Sparkassen ihren Einfluss geltend gemacht haben, wollte der Sprecher sich nicht äußern. Die Branche hatte die Einschränkung des Widerrufrechts mit Nachdruck gefordert.

Da zu erwarten ist, dass die Frist im weiteren Gesetzgebungsverfahren erhalten bleibt, herrscht nun massiver Zeitdruck für betroffene Verbraucher. Der Widerruf eines Kreditvertrags benötige viel Zeit und Vorbereitung, heißt es bei der Stiftung Warentest, die auf ihren Internetseiten  (www.test.de) umfassend über verbraucherfreundliche Urteile informiert und auch Musterschreiben zum Widerruf anbietet.

Vier von fünf Widerrufsbelehrungen sind falsch

Die Experten raten, eine Verbraucherzentrale oder einen erfahrenen Fachanwalt einzuschalten. Vor allem, wer zwischen 2002 und 2010 höhere Kredite für eine Wohnimmobilie aufgenommen hat, kann sehr viel Geld herausholen, wenn die Bank oder Sparkasse nicht richtig über das Widerrufsrecht informiert hat. Das ist meist der Fall. Die Verbraucherzentralen haben inzwischen 40 000 Vertragsklauseln geprüft, vier von fünf Widerrufsbelehrungen waren falsch und damit unwirksam. Das ist nicht allein Schuld der Banken. Sogar der damalige Mustertext des Justizministeriums sei fehlerhaft gewesen, so die Stiftung Warentest.

Für Kreditnehmer bietet das die einmalige Chance, teure Kreditverträge aus der Hochzinsphase zu widerrufen und zinsgünstiger umzuschulden. Oft seien 30 000 Euro Zinsersparnis und mehr drin, so die Experten. Denn die Zinsen sind in den letzten Jahren stark gesunken. Die Stiftung Warentest nennt ein Beispiel: Wer noch 100 000 Euro Restschuld und fünf Jahre Zinsbindung in einem alten Vertrag hat, bei dem er 800 Euro im Monat abzahlt, spart mit dem Widerruf mehr als 9000 Euro, wenn er jetzt widerruft und die Restzeit mit aktuell 2,5 statt zuvor 4,5 Prozent Zinsen finanziert.